Das ist das Leben!: C'est la vie (German Edition)
führen. Den Widerstand von Dingen und trägen Massen verabscheuen. Anhand der eigenen Erinnerungen und der Erinnerungen seiner Geschwister, des Liebsten, der Tochter die Unterschiede in der Wahrnehmung der Vergangenheit messen. Sich über die Anpassungsfähigkeit der Spezies Mensch wundern.
Innerlich kochen wegen der Dummheit, der Prahlerei, des Dünkels, der Feigheit und der Boshaftigkeit gewisser Leute. Sich weigern, in der Babysprache zu sprechen. Rot werden über seine Aussprache des Englischen. Sich Leute ausgehend von ihrer Stimme vorstellen. Um die Stars des Stummfilms trauern, die wie John Gilbert eine Fistelstimme hatten und die schlagartig in der Versenkung verschwunden sind. Tiefe, zögerliche, deutliche, undeutliche, warme, lachende, leise Stimmen mögen und jeder eine Gestalt und ein dauerhaftes Alter zuschreiben.
Sich bestimmte groteske, übertriebene oder dissonante Worte im Mund zergehen lassen, zum Beispiel »Trastevere«, das nachdrückliche »hochachtungsvoll« oder einfach: »Wir, das Volk …«, oder das funkelnde »Souvenir« …
In einem gelben Fiat-Cabrio aus Italien zurückkehren. Im richtigen Moment gerade so weit aufbegehren, wie es sein muss. Fenster und Fensterläden weit aufmachen und Luftzüge schaffen. Schaudern bei der Vorstellung, sich erkältet zu haben. Bei einer schlagenden Tür zusammenfahren. Zusehen, wie der Wind Laken rafft, die zum Trocknen auf der Leine hängen.
Die schönen Glyzinien an den Villen von Redon bewundern. Beruhigt sein, wenn man überall oder fast überall die ruhigen Fassaden der Bahnhöfe sieht, die alle nach dem gleichen Bauplan errichtet wurden. Windkraftwerke schön finden, diese großen Vögel, die allerdings manchmal die echten Vögel bedrohen. Von Grund auf, radikal und in aller Ruhe glücklich über sein Geschlecht sein, das andere Geschlecht aber genauso mögen. Nach monatelanger Abwesenheit ein Nest von Hausmäusen im Bett finden. Siebenschläfer durch die Zimmerdecke hindurch ausschimpfen. Machtlos zusehen müssen, wie Raben ein Waldkäuzchennest angreifen. Im Winter große Ringe mit Fett und Körnern für die Vögel an Bäumen befestigen und sie im Frühling leer vorfinden.
Den Nordostpassat Harmattan in Afrika aushalten, er trocknet die Lippen aus und brennt in den Lungen. Mit jemandem die kindliche Freude teilen, unter den ersten warmen Regengüssen im Juni zu duschen. In einem Hof, umgeben von Lehmmauern, einen Mercedes ohne Räder sehen – Spielzeug der Kinder des Königs von Yatenga in Ouahigouya. Ganz genau von den trockenen und neugierigen Händen alter Frauen im Busch betastet werden, die feststellen wollen, welchen Geschlechts diese eigenartige Person ist. Sich wünschen, wie Simone Simon zu sein.
Für seinen Geschmack zu klein geraten sein. Verblüfft sein von dem unsinnigen Überfluss der Großen. Nicht gern baden. Sich beim Friseur vor dem Ergebnis des Haarschnitts fürchten, es sei denn im Salon von Stéphanie. Eine Vorliebe für den Briefroman haben wie für Deine Juliet – Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf von Mary Ann Shaffer. Eine Schwäche für alles Gemurmelte, Geflüsterte haben, das ans Ohr dringt wie Kristalltropfen, die an Stalaktiten herabrinnen.
Seinen Überzeugungen, seinen Freunden, seinen Lieben treu sein. Große Begeisterungsausbrüche, aber auch nervöse Anwandlungen haben. Nachts nach dem Theater in der Rue de Buci Schweinsöhrchen essen. Schlussverkäufe verabscheuen. Versuchen, sich beim Schnarchen zu ertappen. Nicht vor Freude außer sich sein, wenn man in der Nutzung seines Macintosh einen kleinen Sieg erringt. Der Meinung sein, dass der Führerschein die schwierigste und befriedigendste Prüfung ist, die man je absolvierte. Frauenfreundschaften pflegen. Fotos oder Erinnerungsstücke hüten wie seinen Augapfel.
In zwei Bissen eine Nusspraline vertilgen, um sich für einen Erfolg oder eine Mühe zu belohnen. Regenwasser sammeln, um sich damit die Haare auszuspülen. Gern hinter dem Bus hergerannt und hinten auf die Plattform aufgesprungen sein, nachdem der Schaffner die Kette angehoben hat. Einer missmutigen Katze einen dicken Kuss auf die Nase geben. Sich mit jemandem, den man liebt, in einem halben Jahr am Ende der Welt, aber an einem ganz konkreten Ort verabreden, diesen Ort nicht finden (weil es ihn nicht mehr gibt), sich aber trotzdem (und damals auch ohne Handy) treffen. Alle Orte auflisten, an denen man während einer Reise zufällig übernachtet hat.
Mindestens
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