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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
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vorher eine Aufnahme ein, die klang, als rufe er bei der Sendung an, um mit dem Typen zu sprechen, der ihn vertrat. Ich sollte seinen Antrag im Radio hören, und er wollte dann vor mich hinknien und mir den Ring überreichen. Er wusste nur nicht, wie er mich vor das Radio kriegen sollte, er schlug also vor, dass wir eine Autofahrt machen, damit er seinen Vertreter im Radio hören könnte. Das taten wir dann auch.
Geschlagene – sechs – Stunden – lang.
    18 UHR —
Wir sitzen schon seit einer halben Stunde im Auto. Ich kriege allmählich Hunger.
    18.30 UHR —
Ich habe Hunger, aber Victor will nicht anhalten, damit wir etwas essen können.
    19 UHR —
Victor verhält sich höchst sonderbar und sprunghaft. Mich beschleicht der Verdacht, dass er mich umbringen will. Ich weiß, das klingt nicht logisch bei jemandem, der weinen musste, als er mich wegen eines Kartoffelchips versehentlich auf die Nase geschlagen hatte, aber ich habe schon immer den Verdacht gehabt, dass Victor ein wenig zu gut ist, dass mit ihm etwas nicht stimmt, und die Annahme, dass er mich ermorden wollte, schien naheliegender als die Annahme, dass er mich heiraten wollte.
    19.30 UHR —
Wenn er mich nichts essen lässt, tue ich so, als würde ich ohnmächtig. Victor ist überzeugt, dass sein Vertreter die Aufnahme einspielt, sobald ich den Wagen verlasse, deshalb besteht er drauf, dass wir nur zum Drive-in von Taco Bell fahren.
    20 UHR —
Victor weigert sich, das Radio auszuschalten, während wir unsere Burritos bestellen. Vermutlich will er meine Stimme übertönen, wenn ich den Kassierer bitte, die Polizei anzurufen.
    20.30–22.30 UHR —
Victor fährt im Kreis. Ich muss pinkeln, aber Victor lässt mich nicht aussteigen. Er hat Schweißausbrüche. Ich überlege abwesend, wo er meine Leiche entsorgen wird.
    22.30–23.30 UHR —
Der Drang, auf die Toilette zu gehen, ist jetzt stärker als der Drang zu fliehen. Mir kommt der Verdacht, dass Victor mich töten will, indem er meine Blase zum Explodieren bringt. Er lächelt nervös und ich frage mich, ob ich mich überwinden könnte, mich selber voll zu pinkeln.
    23.40 UHR —
Nein, aber versucht habe ich es.
    23.45 UHR —
Noch eine Viertelstunde bis zum Ende der Schicht des Vertreters. Victor ist ein Wrack. Ich bin inzwischen in dem Stadium, wo man so dringend pinkeln muss, dass man glaubt, man müsste sich gleich übergeben, aber dann wird einem klar, sobald man sich übergibt, pinkelt man sich sowieso voll. Ich überlege also, ob ich aus dem fahrenden Auto springe, dann wäre der Leichenbeschauer nicht so sauer, dass ich mich voll gepinkelt habe, denn wer pinkelt sich nicht voll, wenn er sich aus einem fahrenden Auto stürzt?
Niemand,
eben.
    MITTERNACHT —
Victor seufzte, bog in den Parkplatz vor unserem Apartmenthaus ein und starrte benommen auf den Müllcontainer vor uns. Er wirkte so niedergeschlagen und verzweifelt, dass er mir wirklich schrecklich leid tat. Ich legte die Hand auf seinen Arm und er seufzte abgrundtief wie der totale Loser. Ich wollte ihn aufmuntern, aber es kam mir irgendwie komisch vor, jemanden aufzumuntern, der womöglich deshalb niedergeschlagen war, weil das mit dem Mord nicht geklappt hat, und da dachte ich:
»Das ist wahre Liebe.
Wenn man es dem anderen erleichtern will, einen zu ermorden.« Und zugleich wurde mir klar, dass ich mich schon viel zu sehr in Victor verliebt hatte, als gut für mich war, und dass ich wahrscheinlich eine Therapie brauchte.
    Zugleich bemerkte ich, wie Victor sich plötzlich aufrichtete und dass aus dem Radio seine Stimme kam. Und dann dachte ich, dass er mich jetzt ganz bestimmt ermorden würde, denn das war das perfekte Alibi. Wenn meine Leiche gefunden wurde, würde es klingen, als wäre er im Sender gewesen. Aber dann stellte ich fest, dass er mich mit einem schiefen Grinsen ansah, und ich hörte den Victor im Radio dem anderen DJ von einer Frau erzählen, die er kennengelernt hätte und in die er sich verliebt hätte. Und dass er am Ende der Sendung immer »When We Dance« von Sting als stumme Liebeserklärung an diese Frau gespielt hätte. Und dann sagte er, er hätte sich so sehr in diese Frau verliebt, dass er ihr gleich jetzt einen Heiratsantrag machen wollte.
Mitten in der bescheuerten Sendung.
    Und dann drehte ich mich um und Victor hatte leise meine Tür geöffnet und kniete vor mir und hielt einen Diamantring, der so klein war, dass ich wusste, er hatte ihn selber gekauft. Und deshalb sagte ich ja, teils weil ich ihn liebte,

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