Das ist nicht wahr, oder?
gefunden?
ICH
Oh, sorry. Ganz vergessen, dass ich fahre.
VICTOR
Du hast
beim Fahren
vergessen, dass du fährst?
ICH
Ich bin ja nicht mit einer Kuh zusammengestoßen. Ich habe nur vergessen, dass ich nach einem Straßenschild suche.
VICTOR
Wenn du es je nach Hause schaffst, verstecke ich die Autoschlüssel.
ICH
Jedenfalls sagte ich daraufhin: »Okay, einer von uns spricht ›Wesley-Ann‹ falsch aus und einer von uns hat sich verfahren, und wahrscheinlich bin das beide Male ich«, und dann fällt mir plötzlich die vielleicht größte Erfindung der Weltgeschichte ein.
VICTOR
Du suchst ein Straßenschild. Sieh dich um.
ICH
Noch keins gesehen. Das sieht hier aus wie eine Schnellstraße. Frag mich nach der tollen Idee, die ich hatte.
VICTOR
Nein.
ICH
Ein idiotensicheres Navi.
VICTOR
[schweigt]
ICH
Im Ernst. Weil ich mit Richtungen nicht gut zurechtkomme, aber mit Orientierungspunkten richtig gut bin. Wenn du mir also sagst, ich soll die Hauptstraße nach Norden fahren, bin ich aufgeschmissen, aber wenn du sagst: »Biege am Burger King ab, der vergangenes Jahr abgebrannt ist«, dann weiß ich genau, was ich tun muss, wir sollten also ein Navi bauen, das genau das tut.
VICTOR
[seufzt]
ICH
Und jetzt kommt das eigentlich Geniale: Wir machen es lernfähig, damit es sich an die jeweilige Person anpasst. Also wenn ich dann sage: »Hoppla? Da onaniert ein Penner«, dann speichert es das in seiner Datenbank ab, und wenn ich später irgendwo hin will, zählt es nicht einfach irgendwelche Straßen auf, sondern sagt: »Du weißt, wo der Penner onaniert hat? Da fahren wir hin. Biege an deiner Lieblingseisdiele links ab. Dann bei dem Mexikaner, zu dem du Sarah mitgenommen hast, als sie sich wie eine Schlampe aufgebrezelt hatte, rechts ab. Gewähre Vorfahrt an der Stelle, wo du diesem Typen beim Runterholen geholfen hast.«
VICTOR
Wie bitte was?
ICH
Siehst du, das ist ein Nachteil des Systems, weil ich dem Typen ja nur geholfen habe, etwas vom Dach seines Autos runterzuholen. Aber Computer verstehen die Feinheiten der menschlichen Sprache nicht, sie müssen also lernfähig sein. Das sollten wir in die Bedienungsanleitung aufnehmen. Als Einschränkung.
VICTOR
Wie lange musst du vermisst sein, bevor ich mich nach einer neuen Frau umsehen kann?
ICH
Ich sage doch nur, dass dieses Navi noch nicht vollkommen ist, Idiot. Aber fast. Ich würde es nur nicht benützen, wenn deine Mom mit Auto säße, nur für den Fall. OHMEINGOTT, JETZT WEISS ICH, WO ICH BIN.
VICTOR
An der Stelle, an der du diesem Typen etwas runtergeholt hast?
ICH
Nein, bei diesem leerstehenden Gebäude, das aussieht, als gehöre es einer Adventistensekte.
VICTOR
Hm. Andere Menschen sagen dazu »Dallas Street«. Findest du von dort nach Hause?
ICH
Ich glaub schon. Bei dieser gruseligen Bar, die aussieht wieaus
Scooby-Doo,
links, dann noch mal links an der Stelle, wo wir das Wildschwein gesehen haben, das dann doch ein Hund war, und rechts an der Ecke, an der ich mich damals übergeben musste. Richtig?
VICTOR
Ich kriege schon vom Zuhören Kopfweh.
ICH
ALTER, WIR WERDEN STEINREICH SEIN.
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NACHWORT
Ich habe es nach Hause geschafft.* Victor klebte das Navi mit Klebeband an die Windschutzscheibe und weigerte sich, mein neues Navi zu bauen. Als wäre es ihm lieber, dass wir arm sind.
*
DEMENTI
Mit »nach Hause geschafft« meine ich, ich habe mich noch mal verfahren und Victor musste kommen, damit ich hinter ihm her nach Hause fahren konnte. Entscheidend ist, dass ich es geschafft habe. Und dass ich kein Navi hatte. Es war im Grunde tragisch. Victor findet das auch, aber vermutlich aus anderen Gründen.
WIE MIR EIN SERIENMÖRDER DAS GESICHT ZERSCHNITTEN HAT
Menschen mit Angststörungen gelten oft als »schüchtern« oder »still«, oder man spricht von »dieser sonderbaren Frau, die wahrscheinlich Leichen im Keller hat«. Letzteres habe ich nie jemanden über mich sagen hören, aber ich vermute immer, dass die Leute es denken, weil diese Art der Paranoia eine häufige Begleiterscheinung von Angststörungen ist. Ich persönlich habe mich immer als »sozial gehemmt« eingeordnet und damit beruhigt, dass es viele ganz normale Menschen gibt, die in der Öffentlichkeit nicht gerne reden. Was ja auch stimmt. Leider stimmt auch, dass meine Angst den Bereich des »ganz Normalen« leicht übersteigt und mehr dem Bereich der »absolut krankhaften Behinderung« zuzuordnen ist.
Schon bei einfachen Unterhaltungen mit Fremden im Lebensmittelladen bringe ich entweder
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