Das italienische Maedchen
antwortete ich, sogar sehr. Er sagte, das freue ihn, weil er es als Geschenk für mich gekauft habe. Er wolle unser Domizil in London behalten, Manor House jedoch solle unser neues Zuhause sein. Er wolle so schnell wie möglich einziehen.
Ich werde nie vergessen, wie Roberto mich im Eingangsbereich in die Arme nahm, mich küsste und mir versprach, sämtliche Engagements für die folgenden sechs Monate abzusagen, damit wir drei zusammen sein könnten. Nur seine Frau und sein Kind seien nun wichtig. Er könne ohne das Singen, jedoch nicht ohne uns leben.
Einen Monat später zogen wir ein. Nico, Du hättest Deinen Vater damals sehen sollen. Wie er Dich liebte! In vielen Nächten, in denen Du weinend aufwachtest, sang Roberto Dich wieder in den Schlaf. Er war der perfekte Papà, badete Dich, fütterte Dich, las Dir Geschichten vor und wechselte sogar manchmal Deine Windeln! Es war so schön, Dich schlafend auf seinem Arm zu sehen. Ich habe ihn nie wieder so glücklich erlebt.
Es war eine wunderbare Zeit; nur wir drei in unserem gemütlichen Haus. Niemand störte unser einfaches Leben. Für andere wäre es möglicherweise langweilig gewesen, ich hingegen fand es himmlisch. Nicht einmal das Singen fehlte mir. Ich leistete Roberto beim vormittäglichen Üben nur selten Gesellschaft.
Aber natürlich konnte es nicht so bleiben …
30
Gloucestershire, April 1981
Roberto legte den Hörer auf die Gabel und blickte durch das offene Fenster des Arbeitszimmers hinaus. Es war ein warmer Tag, draußen schien die Sonne. Rosanna spielte mit Nico zwischen den Gänseblümchen auf dem Rasen, und der Kleine lachte, als sie ihn hoch in die Luft hob und wieder auf ihren Schoß setzte. Schließlich bemerkte sie Roberto und winkte ihm. Er warf ihr lächelnd eine Kusshand zu.
Roberto rieb sich die Stirn. Er hatte gerade mit Chris Hughes telefoniert, der ihm seinen Terminplan für die folgenden beiden Monate präsentierte. In zwei Wochen würde Roberto wieder auftreten. Für den Anfang handelte es sich lediglich um ein Konzert in der Royal Albert Hall und ein vierwöchiges Engagement in Covent Garden. Danach steckte er wieder im Hamsterrad von Konzerten, Plattenaufnahmen und Bühnenauftritten rund um den Globus.
Bis sechs Monate zuvor hatte Roberto nicht gedacht, dass er auch an einer anderen Art des Lebens Gefallen finden könnte. Die Zeit seit Nicos Geburt in der Ruhe von The Manor House war eine Offenbarung für ihn gewesen. Früher hatte er die Männer bemitleidet, die ihr Leben an Frau und Kind ausrichteten und nur arbeiteten, damit ihre Familie ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen hatte. Doch im Augenblick beneidete er sie fast um die Gleichförmigkeit ihrer Jobs. Bei ihm schienen die künftigen Jahre mit Stress und Trennungen von Frau und Sohn gefüllt zu sein.
Durch das Engagement in Covent Garden war er immerhin in der Lage, Beruf und Privates zu verbinden. Er würde pendeln und nur in dem Haus in Kensington wohnen, wenn es gar nicht anders ging. Außerdem konnten Rosanna und Nico dort jederzeit bei ihm sein.
Und danach … Roberto fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er würde Rosanna fragen müssen, was sie dachte. Eins stand für Roberto fest: Alleinsein war gefährlich für ihn. Er würde seiner Schwäche für Frauen keine Chance mehr geben.
Später am Abend, als Nico in seinem Bettchen lag, setzten Roberto und Rosanna sich zum Essen in die große, gemütliche Küche.
»Ich glaube, heute hat Nico ›Papà‹ gesagt«, berichtete Rosanna stolz.
»Tatsächlich? Aber er ist doch kaum sechs Monate alt!«
»Es hat so geklungen. Erinnere mich morgen dran, dass ich noch ein paar Hemdchen für ihn kaufen muss. Aus den alten wächst er allmählich raus.« Sie schob einen Bissen zartes Lammfleisch in den Mund.
»Rosanna.« Roberto holte tief Luft. »Heute hat Chris angerufen.«
Sie runzelte die Stirn. »Ach. Was wollte er denn?«
»Meinen Auftrittsplan fürs nächste Jahr besprechen.«
»Oh.«
»Ich weiß, dass du darüber nicht nachdenken magst. Ich auch nicht, aber wir müssen über die Zukunft reden.«
»Roberto, könnten wir nicht einfach so weitermachen wie bisher? Wir sind so glücklich. Das Geld reicht doch, oder?«
»Nicht, wenn wir die nächsten zwanzig oder dreißig Jahre auf diesem Niveau leben wollen. Denk an Nico. Er soll doch all das bekommen, was wir in unserer Kindheit nicht hatten, gute Schulen, die Möglichkeit zu reisen. Irgendwann muss ich wieder zu arbeiten anfangen.«
»Wahrscheinlich hast du
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