Das italienische Maedchen
schwarzen Strapse, die Roberto so gern an ihr gesehen hatte, die Seidenstrümpfe, über die seine Hände geglitten waren … Donatella schluckte. Nein, sie würde nicht weinen. Sie würde ihre Liebe in Wut verwandeln, wie ihr Therapeut es ihr geraten hatte.
»Ich hasse dich, ich hasse dich«, murmelte sie, während sie einen großen Koffer aus dem obersten Fach eines Schranks zog und ihre Sachen darin verstaute. »Das wirst du mir büßen.« Sie schloss den Koffer und verließ den Raum.
Sie brauchte keine fünfzehn Minuten, um ihre wenigen Dinge einzusammeln, die sich in Robertos Wohnung befanden. Am Ende setzte sie sich an den Tisch und nahm einen Stift aus der Handtasche.
Sollte sie ihm eine Nachricht hinterlassen? Was sollte sie schreiben? Konnte sie ihm überhaupt mit irgendetwas Angst machen? Auch nur vorübergehend seine unerträgliche Arroganz erschüttern?
Als Roberto nicht von seinem Konzert in Genf zurückgekehrt war, hatte sie Chris Hughes angerufen. Er hatte ihr mitgeteilt, dass Roberto in England sei, er aber keine Ahnung habe, wo und wie lange er sich dort aufhalte. Donatella hatte Chris angebrüllt, dass sie sich schon vorstellen könne, wo Roberto sich herumtreibe. Chris hatte nichts bestritten. Sie hatte den Hörer auf die Gabel geknallt und sich später auf einer Cocktailparty betrunken.
Am folgenden Morgen war sie mit einem schrecklichen Kater und dem Gedanken aufgewacht, dass Roberto vielleicht doch wiederauftauchen und in seiner üblichen unverfrorenen Art von ihr erwarten würde, die Situation zu akzeptieren. Daraufhin hatte sie sich eine Bloody Mary gemixt und überlegt, ob sie dazu bereit war.
Sie hatte lange gebraucht, um diese Frage zu verneinen. Er hatte sie zehn Jahre lang benutzt und wie ein Stück Dreck behandelt. Jahrelang hatte sie sich vorgemacht, dass er Rosanna eines Tages vergessen und sie heiraten würde. Nun wusste Donatella, dass das Wunschdenken gewesen war.
Sie hatte ihre Louis-Vuitton-Taschen gepackt und Weihnachten bei alten Freunden auf Barbados verbracht. In den einsamen Nächten dort war ihr Beschluss gereift. Am Ende hatte sich ihre Liebe allmählich in glühenden Hass verwandelt.
Donatella biss sich auf die Lippe. In Robertos Apartment, inmitten all seiner Dinge, an einem Ort, an dem sie so viel miteinander erlebt hatten, war es gar nicht so leicht, dieses Gefühl aufrechtzuerhalten. Hatte sie ihm je etwas bedeutet? Nein, dachte sie.
Sie wollte sich rächen, ihm wehtun, so wie er ihr wehgetan hatte, damit er endlich einmal spürte, was es hieß zu lieben und diese Liebe zu verlieren.
Im vergangenen Monat hatte sie sich das Gehirn zermartert, wie sie ihm eine Lektion erteilen könnte, die er nie vergessen würde. Doch dem Mann war einfach nicht beizukommen. Natürlich konnte sie ihre Geschichte den Zeitungen verkaufen, aber das würde ihm nur die Aufmerksamkeit bringen, die er genoss, und sie selbst demütigen. Es schien keine Leichen in seinem Keller zu geben, die er nicht schon der Öffentlichkeit präsentiert hatte.
Donatella nahm einen der Umschläge aus der Post in die Hand, um ihre Abschiedsbotschaft darauf zu schreiben. Es handelte sich um einen Brief von der Bank. Einem plötzlichen Impuls gehorchend, öffnete sie ihn und stellte fest, dass sich gegenwärtig mehr als zweihunderttausend Dollar auf seinem Konto befanden. Sie schob den Auszug beiseite. Donatella hatte kein Interesse daran, ihm finanziell zu schaden.
Dann arbeitete sie sich systematisch durch den Stapel Post, öffnete Rechnungen, Einladungen zu Partys und Weihnachtskarten von Frauen, von denen sie noch nie gehört hatte, und ließ sie nach einem kurzen Blick auf den Boden fallen. Schließlich gelangte sie zu einem dicken cremefarbenen Umschlag mit italienischem Poststempel, auf dem in der linken Ecke »Streng vertraulich« stand und der von der Met weitergeleitet worden war. Donatella riss ihn auf. Darin befanden sich ein Brief und ein weiteres Kuvert. Sie begann zu lesen.
Kanzlei Castellone
Via Foria
Neapel
Sehr geehrter Signor Rossini,
beiliegend sende ich Ihnen einen Brief von meiner Mandantin Signora Carlotta Lottini, die mich angewiesen hat, ihn Ihnen nach ihrem Tod zukommen zu lassen. Signora Lottini ist am 31. Dezember 1982 verstorben. Ich würde Sie bitten, den Erhalt des Schreibens zu bestätigen. Bitte zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, falls Sie Hilfe brauchen sollten.
Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Marcello Dinelli
Anwalt
Donatella nahm den zweiten Umschlag
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