Das italienische Maedchen
Er würde die Zeichnung und den Kelch später Don Edoardo zeigen und ihn fragen, ob er von ihrer Existenz wusste. Bis dahin … Luca schob die Zeichnung behutsam in den Beutel zurück. Dann verstaute er den Kelch, das Gebetbuch und die Zeichnung im Schrank und verschloss ihn.
11
»Die Sänger werden sich also um den Altar gruppieren?«
»Ja.«
»Und der Flügel soll hier stehen?«
»Ja.«
Die Frau ging in der Kirche herum.
»Den Wein schenken wir da drüben beim Taufbecken aus. Wie finden Sie das?«
»Das ist eine gute Idee, Signora Bianchi«, antwortete Don Edoardo, der Luca verstohlen einen verzweifelten Blick zuwarf.
»Gut. Dann scheinen wir ja alles im Griff zu haben. Es herrscht rege Nachfrage nach den Eintrittskarten. Ich glaube, wir werden ein volles Haus haben.« Donatella trat näher an den Altar heran und betrachtete skeptisch das ausgefranste Tuch, das eindeutig schon bessere Zeiten gesehen hatte. »Haben Sie nicht irgendein anderes Stück Stoff, das wir an dem Abend drüberlegen könnten? Das da wirkt ziemlich … schäbig.«
»Nein, leider nicht. Genau darum geht es doch bei dem Konzert, oder, Signora? Wir wollen Spenden für eine neue Ausstattung des Altars und Renovierungsmaßnahmen sammeln«, erinnerte Don Edoardo sie.
»Natürlich. Ich finde, wir sollten die Kirche mit Kerzen schmücken und Blumenarrangements zu beiden Seiten der Madonnenfigur aufstellen.«
»Ja.«
Donatella nahm den Silberkelch in die Hand, der liebevoll poliert auf dem Altar stand.
»Was für ein schönes Stück. Vermutlich sehr alt.« Donatella drehte ihn in der Hand, um ihn genauer zu begutachten.
»Den hat Luca vor ein paar Wochen in der Krypta entdeckt. Ich wollte jemanden bitten, seinen Wert festzustellen, aus Versicherungsgründen, aber bisher war ich zu beschäftigt.«
»Verstehe.« Donatella stellte den Kelch zurück und blickte Don Edoardo an. »Mein Mann ist Kunsthändler; er kennt Experten. Soll ich ihm Bescheid sagen?«
»Das wäre sehr nett, danke. Ihr Mann ist Kunsthändler?«
»Ja.«
»Luca, dann hol doch mal die Zeichnung, die du gefunden hast.«
Luca ging in die Sakristei.
»Signor Menici hat eine Zeichnung entdeckt«, erklärte Don Edoardo. »Möglicherweise besitzt sie keinerlei Wert, aber vielleicht möchte Ihr Mann ja auch darauf einen Blick werfen?«
»Gern.« Donatella nickte.
Kurz darauf gesellte sich Luca mit der Zeichnung zu ihnen und reichte sie Donatella vorsichtig.
Donatella sah sie mit großen Augen an. »Was für eine wunderbare Darstellung der Madonna«, rief sie bewundernd aus. »Sie haben sie in der Krypta der Kirche gefunden, sagen Sie?«
»Ja, in einem alten Koffer. Die Inschrift in einem Gebetbuch weist darauf hin, dass es sich um das Eigentum von Don Dino Cinquetti handelt, dem Geistlichen dieser Pfarrei im sechzehnten Jahrhundert.«
»Die Zeichnung könnte also mehrere hundert Jahre alt sein? Das sieht man ihr nicht an«, stellte Donatella erstaunt fest.
»Weil sie so gut geschützt war. Wahrscheinlich ist sie dreihundert Jahre lang nicht dem Licht ausgesetzt gewesen.«
»Ich verspreche Ihnen, achtsam damit umzugehen. Würden Sie bitte den Kelch für mich einpacken?«
Don Edoardo zögerte. »Könnte Ihr Mann nicht zu uns in die Kirche kommen, um die beiden Kunstwerke zu begutachten?«
»Er ist ein vielbeschäftigter Mann, Don Edoardo, und wird, bevor er in die Vereinigten Staaten fliegt, nur ein paar Tage in Mailand sein. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass weder dem Kelch noch der Zeichnung etwas geschieht. Sie werden sehr schnell Nachricht von mir bekommen. Ich nehme die Sachen zu mir nach Hause mit, wo alles bestens gesichert ist. Sie vertrauen mir doch?«, fragte Donatella.
»Natürlich, Signora«, murmelte der Geistliche verlegen.
Giovanni betrachtete die beiden Kunstgegenstände auf dem Tisch.
»Wo, sagst du, wurden sie entdeckt?«
»In der Chiesa della Beata Vergine Maria. Offenbar lagen sie mit den Habseligkeiten eines toten Geistlichen in einem alten Koffer in der Krypta. Alles weist darauf hin, dass der Pfarrer im sechzehnten Jahrhundert gelebt hat. Vielleicht ist der Kelch etwas wert«, mutmaßte Donatella.
»Bestimmt, aber diese Zeichnung …«, Giovanni nahm sie in die Hand, »… ist bemerkenswert. Sechzehntes Jahrhundert, sagst du?«
»Das meint jedenfalls der Pfarrer.«
Giovanni zog ein Vergrößerungsglas aus der Jackentasche und inspizierte die Zeichnung genauer. Als er den Blick hob, sah Donatella das Leuchten in seinen Augen.
»Kommt dir das
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