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Das Jahr auf dem Lande

Das Jahr auf dem Lande

Titel: Das Jahr auf dem Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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ohnehin nicht seine Einwilligung geben.«
    »Es wird ihm wohl nichts anderes übrigbleiben.«
    »Du kennst meinen Vater nicht. Er kann einen richtig einschüchtern. Sein Neffe Lester war der einzige, der ein paar menschliche Züge in ihm wecken konnte.«
    »Wie ist denn Lesters Familie? Genauso wie deine?«
    »Oh, Großmutter und Vater haben auf die ganze Sippschaft abgefärbt. Lesters Vater ist ein Weichling. Er hockt immer nur zu Hause herum. Seine Mutter ist in Ordnung, aber völlig eingeschüchtert, wie wir alle. Wir Frauen in Rangimarie sind schon arm dran.«
    »Warum gehst du dann nicht weg? Heutzutage muß doch kein Mädchen mehr daheim bleiben, wenn es keine Lust dazu hat. Die viktorianischen Zeiten sind vorbei.«
    »Aber wovon soll ich denn leben? Ich habe kein Geld, und Vater würde mir bestimmt nichts geben. Und jetzt, wo Craig wieder zu Hause ist, läßt es sich ertragen. Ich hoffe, er kann bald mit dem Hausbau anfangen. Schlimmstenfalls müssen wir ein Jahr warten.«
    »Du bist verrückt, wenn du so lange wartest.«
    Beth sah ihre neue Freundin ein wenig verwirrt an. So hatte man nicht mehr mit ihr gesprochen, seit sie sich von ihren Schulfreundinnen getrennt hatte. Aber es tat gut, sich endlich einmal alles von der Seele zu reden und Verständnis zu finden. Beth hatte das Gefühl, daß sie in Jo eine Verbündete gewonnen hatte.
    Und das war erwiesen, als Jo sagte: »Du kannst dich natürlich hier mit Craig treffen, sooft du willst. Er kann ja Robert besuchen und sich mit ihm über ein krankes Kalb unterhalten, und du kannst mich wegen eines Strickmusters zu Rate ziehen. Allerdings habe ich noch nie in meinem Leben gestrickt und werde das wohl auch nie tun. Ich muß dich warnen, Beth, ich verfüge über keinerlei weibliche Tugenden. Ich reite gern, oder ich helfe Robert, einen Zaun auszubessern. Schrecklich unweiblich, nicht? Aber du kannst mich ja trotzdem besuchen, und wir werden dafür sorgen, daß dann auch Craig auftaucht. Es ist vielleicht besser, wenn du ihn nicht zu Hause anrufst.«
    »Das habe ich noch nie getan. Vater kann in seinem Arbeitszimmer jedes Gespräch mithören.«
    »Du lieber Gott! Aber wir werden ihn schon ausschalten, keine Angst.«
    Und so entstand die »unheilige Allianz«, wie Adrian es nannte.
    »Beth wird Jo helfen, sich hier einzuleben«, sagte Christine zu ihrem Sohn. »Sie brauchen beide eine Freundin, und Jo kann Beth etwas von ihrem rebellischen Geist abgeben, den das arme Mädchen ganz offensichtlich braucht.«
    »Die Kleine ist ganz nett, aber ein bißchen miesepetrig«, meinte Robert. »Ich verstehe nicht, warum Craig so verrückt nach ihr ist.«
    Christine seufzte und fragte sich, wann wohl Robert solche Gefühle für ein Mädchen hegen würde, das der Rest der Welt eher durchschnittlich fand.
    Jo war in ihrem Element. Seit sie Beth unter ihre Fittiche genommen hatte, sah sie ein neues Ziel vor Augen. Sheikh und Rajah waren ihre treu ergebenen Freunde, und wenn sie nicht mit den beiden unterwegs war, half sie Robert auf den Feldern oder ihrer Mutter im Haushalt. Manchmal fragte sie sich, was sie wohl aus ihrem eigenen Leben machen werde. Sie hatte schon einiges versucht, ohne großen Erfolg, aber das hielt sie nicht davon ab, sich abwechselnd als Parlamentsmitglied, Arzthelferin im Dschungel oder charmante Sekretärin eines Wirtschaftsbosses zu sehen.
    Von einer Ehe träumte sie jedenfalls noch nicht. Wie viele Mädchen ihrer Generation wollte sie sich »nicht frühzeitig binden«. Bisher hatte sie sich noch keinen ihrer zahlreichen Verehrer als Ehemann vorstellen können, und die jungen Männer hatten sich meist unschmeichelhaft schnell von ihrer Begeisterung für Jo erholt. Josephine Medway war zwar sehr attraktiv, aber ziemlich arrogant und eigenwillig. Das waren nicht gerade die Eigenschaften, die man sich bei einer künftigen Ehefrau wünscht. Und so hielt sich Jo nicht mit Erinnerungen an verflossene Liebschaften auf, sondern konzentrierte sich auf ihr gegenwärtiges Leben. Ihre romantischen Bedürfnisse wurden vollauf gestillt durch die heimlichen Rendezvous, die sie für Beth und Craig arrangierte.
     
     

5
     
    L ester Severne war schon seit einer Woche zu Hause, als Jo ihn kennenlernte. »Wenn du sehen willst, wie gut Rajah springen kann, dann bring ihn doch einmal zu uns«, hatte Beth gesagt. »Als mein Bruder — ich meine den, der jetzt Anwalt ist — seine Leidenschaft für den Reitsport entdeckte, legte er natürlich großen Wert auf Stil, und so hat

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