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Das Jahr auf dem Lande

Das Jahr auf dem Lande

Titel: Das Jahr auf dem Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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das vereinfachte die Sache, denn der Mann fragte nicht, warum die Hochzeit so heimlich, still und leise über die Bühne ging. Beth hatte zu zittern aufgehört, weil Craigs starker Arm sie stützte, aber als die bedeutsamen Worte gesprochen wurden, stiegen ihr Tränen in die Augen. Jo gab ihr einen aufmunternden Rippenstoß und flüsterte: »Reiß dich zusammen! Jetzt hast du’s ja bald hinter dir.«
    Dann schüttelten sie dem Beamten die Hände, nahmen seine Glückwünsche entgegen und fuhren zu dem Hotel, wo eine bescheidene Feier stattfinden sollte.
    Seit sie in der Stadt angekommen waren, beobachtete Jo immer wieder erstaunt, wie herzlich Lester von allen Seiten begrüßt wurde. Und als sie in das Hotel gingen, blieb er mehrmals stehen, um Bekannte nach ihren Farmen oder preisgekrönten Hunden zu fragen. Er war offenbar sehr beliebt in Avesville, und später erfuhr sie, daß er sowohl im Kricket- als auch im Fußballteam mitspielte, seit sich Eldado keine eigenen Mannschaften mehr leisten konnte, und die ganze Stadt hatte ihn ins Herz geschlossen.
    Jo ärgerte sich ein wenig, weil er ihr sozusagen die Schau stahl. Diese Hochzeit war ihr Werk gewesen. Sie hatte alles geplant, alle Vorbereitungen getroffen, die Braut immer wieder ermutigt, und nun stand Lester im Mittelpunkt des Interesses.
    Aber auch in diesem Punkt unterschätzte sie ihn, denn als sie an dem Tisch saßen, den Craig hatte reservieren lassen, hielt Lester eine kurze Rede, in der er auch Jos Verdienste würdigte. Es war eine fröhliche kleine Party, trotz Beths gelegentlichen Klagen, wie schlimm es doch sei, daß sie ihre Eltern hintergangen hatte. Das erstemal sagte Jo: »Sei kein Idiot, Beth!« Das zweitemal bat Craig: »Denk nicht mehr daran, Liebling.« Und das drittemal meinte Lester: »Mrs. Trent, du hast einen wundervollen Ehemann, also vergiß deine Eltern, wenigstens bis nach den Flitterwochen.« Wenn Beth danach noch Anwandlungen von schlechtem Gewissen hatte, so wagte sie es zumindest nicht mehr, davon zu sprechen.
    »Schade, daß wir kein Konfetti haben«, sagte Jo, als sie neben dem Wagen des jungen Paares standen. »Aber ich dachte, das würde zuviel Aufmerksamkeit erregen. Außerdem kriegt man das Zeug so schwer wieder aus den Haaren raus. Vergiß nicht, Kosmetika zu kaufen, Beth! Meine Farben stehen dir nicht.«
    Lester sah sie an, ein bißchen erstaunt über diesen nüchternen Abschied. Hatte sie denn überhaupt keine Gefühle? Beth schwankte zwischen Tränen und Lächeln, aber bei Jo könnte man glauben, sie verabschiedete sich von einer Freundin, die nur einen Wochenendurlaub am Meer machte. Lester beugte sich zu Beth hinab und küßte sie liebevoll, Jo winkte ihr nur lässig zu. Aber als sie Craigs Hand schüttelte, hörte Lester sie sagen: »Sei gut zu ihr! Sie ist so verletzlich, und sie hatte bisher nicht viel Freude am Leben.« Vielleicht hatte dieses kühle, selbstbewußte Mädchen doch irgendwo ein Herz.
    Als das Auto hinter der nächsten Kurve verschwunden war, sahen sie einander an, und Jo lachte ein bißchen gezwungen. »Fahren wir nach Hause!« Sie stieg hastig in seinen Wagen, aber nicht, bevor er die Tränen in ihren großen braunen Augen gesehen hatte.
    »Na, na!« sagte er, als er neben ihr saß. »Kommt die Reaktion jetzt doch noch?«
    Sie schneuzte sich lautstark. »Was für häßliche Geräusche wir doch machen, wenn wir gerührt sind! Ich gebe zu, ich hatte während der ganzen Zeremonie einen Klumpen im Hals, und bei Ihrer Rede auch. Und als sie davonfuhr in ihr neues Leben, wie mein Vater es ausdrücken würde, wäre ich beinahe übergelaufen. Sie ist so jung — und sie hätte sich eine schönere Hochzeit verdient.«
    »Ich dachte, Sie hätten das Fest in vollen Zügen genossen.«
    »Das habe ich auch — in gewisser Weise. Es war lustig, all diese dummen Snobs auszutricksen, und eine heimliche Hochzeit macht ja auch wirklich Spaß, vorausgesetzt, die Braut bekommt nicht schon am nächsten Tag Zwillinge. Aber es ist schlimm, daß Beth ihre Familie so hintergehen mußte, ausgerechnet an dem Tag, der der glücklichste in ihrem Leben sein sollte. Ich bin so froh, daß Sie gekommen sind. So war wenigstens einer ihrer Verwandten dabei.«
    »Ich billige dieses Täuschungsmanöver nach wie vor nicht. Aber ich dachte, es wäre besser, wenn ich mich auch daran beteilige.«
    »Ich hoffe, Sie werden nicht versuchen, mich zu beschützen. Ich bin den Leuten von Rangimarie durchaus gewachsen.«
    »Daran zweifle ich nicht,

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