Das Jahr der Flut
Philo den Smog, über Katuro und Rebecca. Und Zeb. Und Toby, obwohl ich nicht verriet, dass sie jetzt Tobiatha hieß und Chefin des AnuYu-Spa war. Amanda erzählte, warum Toby die Gärtner verlassen musste. Weil nämlich Blanco aus Sewage Lagoon hinter ihr her gewesen war. Blanco war dafür bekannt, jeden, der ihn geärgert hatte, kaltzumachen, vor allem Frauen.
»Wieso ausgerechnet sie?«, fragte ich. Amanda sagte, angeblich wegen irgendeiner Sexgeschichte; seltsamerweise, sagte sie, denn Sexgeschichten und Toby passten einfach nicht zusammen, deswegen hätten wir Kinder sie wahrscheinlich die Trockenhexe getauft. Und ich sagte, vielleicht wäre Toby ja nasser gewesen, als wir alle gedacht hätten, und Amanda lachte und sagte, anscheinend glaubte ich noch immer an Wunder. Jetzt wusste ich jedenfalls, warum Toby mit einer neuen Identität untergetaucht war.
»Weißt du noch, wie wir früher immer
Klopf, klopf, wer ist da?
gesagt haben? Du und ich und Bernice?«, sagte ich. Das Bier stieg mir allmählich zu Kopf.
»Gang«, sagte Amanda. »Und weiter?«
»Ganggrün«, sagte ich, und wir schnaubten zusammen vor Lachen, und ich kriegte Bier in die Nase. Dann erzählte ich ihr, dass ich Bernice getroffen hatte und dass sie noch genauso griesgrämig war wie damals. Darüber lachten wir auch. Aber den toten Burt erwähnten wir nicht.
Ich sagte: »Und weißt du noch, wie du extra für mich dieses Superkraut organisiert hast, zusammen mit Shackie und Croze, und wie wir alle im Holodrucker waren und ich kotzen musste?« Und dann lachten wir noch mehr.
Sie erzählte, dass sie zwei Mitbewohnerinnen hatte, die auch Künstlerinnen waren; und dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen Freund hatte, der ständig bei ihr wohnte. Ich wollte wissen, ob sie in ihn verliebt war, und sie sagte: »Ich bin bereit, alles mal auszuprobieren.«
Ich fragte, wie er so sei, und sie sagte, total süß, wenn auch manchmal launisch, weil er immer noch irgendeiner Jugendfreundin hinterhertrauere. Ich fragte nach seinem Namen, und sie sagte: »Jimmy − vielleicht kennst du ihn noch von der HelthWyzer-High, er müsste da ungefähr zur selben Zeit wie du gewesen sein.«
Mir wurde eiskalt. Sie sagte: »Das ist er, am Kühlschrank, das dritte Foto von unten rechts.« Es war wirklich Jimmy, den Arm um Amanda gelegt, grinsend wie ein Frosch unter Strom. Ich fühlte mich, als hätte sie mir einen Nagel mitten ins Herz gejagt. Aber es hätte keinen Sinn gehabt, es zu sagen und Amanda alles zu verderben. Sie hatte es ja nicht mit Absicht getan.
Ich sagte: »Er sieht total süß aus, aber jetzt muss ich gehen, der Fahrer wartet.« Sie fragte, ob alles in Ordnung sei, und ich sagte, ja, ja. Sie gab mir ihre Handynummer und sagte, wenn ich nächstes Mal vorbeikäme, würde sie dafür sorgen, dass Jimmy auch da wäre, und dann könnten wir zusammen Spaghetti essen.
Wie gern würde man glauben, dass die Liebe gerecht verteilt wird und jeder ein Stück davon abbekommt. Aber so sah es für mich wohl nicht aus.
*
Mit einem total beschissenen, leeren Gefühl fuhr ich zurück ins AnuYu. Ich war gerade zurück und verteilte mit dem Wägelchen die Handtücher in den Zimmern, da wäre ich fast mit Lucerne zusammengestoßen. Es war mal wieder Zeit für eine Hautverjüngung: Toby warnte mich immer im Vorfeld, damit ich mich unauffällig verhalten und ihr aus dem Weg gehen konnte, aber wegen Amanda und Jimmy war es mir entfallen.
Ich lächelte sie unverbindlich an, so wie wir’s gelernt hatten. Ich glaube schon, dass sie mich erkannte, aber sie fegte mich weg wie einen Flusen. Obwohl ich sie eigentlich nie wiedersehen und nie wieder mit ihr sprechen wollte, war es sehr unangenehm, zu merken, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte. Dass die eigene Mutter so tat, als wäre man nie geboren worden, gab mir ein Gefühl, als wäre ich von der Schiefertafel des Universums gewischt worden.
In diesem Moment wurde mir klar, dass ich im AnuYu nicht bleiben konnte. Ich musste auf eigenen Füßen stehen, ich musste weg von Amanda, weg von Jimmy, weg von Lucerne, sogar weg von Toby. Ich wollte ein völlig anderer Mensch werden, ich wollte niemandem etwas schuldig sein und wollte auch nicht, dass mir jemand etwas schuldete. Ich wollte keine Verbindungen und keine Vergangenheit haben, ich wollte keine lästigen Fragen beantworten. Ich wollte selbst keine lästigen Fragen mehr stellen.
Ich fand Mordis’ Visitenkarte und hinterließ Toby einen Zettel, auf dem ich ihr für
Weitere Kostenlose Bücher