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Das Jahr der Kraniche - Roman

Das Jahr der Kraniche - Roman

Titel: Das Jahr der Kraniche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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fühlte, und es brachte jedes Mal auf der Stelle ihre Lebensgeister zurück.
    »Tut mir leid, aber irgendwie… Ich trinke es später, ich verspreche es dir.«
    Laura schob das Glas mit der grasgrünen Flüssigkeit in die Mitte des Tischs. Sie war Elke ja dankbar, dass sie sich so um sie kümmerte. Aber diese dicklichen Säfte, die sie ihr in letzter Zeit brachte, konnte sie einfach nicht runterbringen. Vor allem nicht, wenn sie, wie jetzt, solche Magenschmerzen hatte. Am liebsten würde sie nur Kamillentee trinken und etwas Zwieback dazu essen. Dann würde es ihr sicher gleich wieder besser gehen.
    »Du musst was zu dir nehmen, Liebes. Dein Baby braucht Vitamine und Mineralien. Du willst doch nicht, dass du es nicht genug ernährst.«
    Elke hatte Lauras wunden Punkt getroffen. Die Angst, dass sie ihrem Kind nicht genug lebenswichtige Nährstoffe zuführte, plagte sie seit den ersten Übelkeitsanfällen. Was war nur mit ihr los? Sie war immer absolut gesund gewesen. Nicht einmal die jährlichen Erkältungswellen hatten sie erreicht. Sie hatte das darauf zurückgeführt, dass sie einfach nicht krank sein wollte. Und natürlich darauf, dass sie viel Sport trieb und sich einigermaßen gesund ernährte. Und jetzt war sie seit Monaten schon außer Gefecht gesetzt. Nur weil sie schwanger war, was man nun wirklich nicht als Krankheit betrachten konnte.
    Elke breitete vor ihr ihre neuesten Baby-Einkäufe aus.
    »Sind diese Schühchen nicht irre süß? Und sieh mal, dieses Spitzenkleidchen und dieses Hemdchen.«
    Sie musste lächeln, als sie die kleinen Kleidungsstücke in die Hand nahm. Sie waren absolut bezaubernd. Ihr Kind würde darin wunderhübsch aussehen. Ein bisschen zu hübsch vielleicht. Elke tendierte dazu, eher unpraktische Dinge zu kaufen, zum Beispiel weiße und rosa Kleidchen und zarte Stoffschühchen, die jeder Prinzessin gut gestanden hätten. Das Prunkstück war ein zartgelber kleiner Mantel mit Knöpfen aus bunten Schmucksteinen.
    »Du darfst nicht so viel Geld ausgeben, Elke. Was machen wir, wenn es ein Junge wird? Der wird ja wohl keine rosa Kleidchen anziehen.«
    »Wenn es wirklich ein Junge wird, was ich allerdings nicht glaube, dann kann ich alles umtauschen. Das hab ich schon mit Frau Sahmer besprochen. Sie ist da sehr verständnisvoll.«
    Laura hatte Frau Sahmer kennengelernt, als sie das einzige Mal, zusammen mit Elke, in deren Kinderladen gewesen war. Sie war eine nette, fröhliche Frau, die Laura sofort in die Arme genommen hatte, als sie hörte, dass sie schwanger sei. Seit es ihr aber wieder schlechter ging, hatte Laura sich nicht aufraffen können, noch einmal nach Eberswalde zu fahren.
    Es war doch noch Zeit. Sie würde sich um die Babyausstattung kümmern, wenn es ihr wieder besser ging. Vielleicht würde sie aber auch einfach im Internet stöbern und sich die Sachen, die ihr gefielen, schicken lassen.
    »Im Internet? Das kannst du doch nicht machen! Man muss die Sachen doch in Natur sehen. Und, vor allem: Man muss sie anfassen können.«
    Elke war geradezu empört gewesen über Lauras Plan. Sie hatte nicht verstanden, dass Laura ihr damit sagen wollte, dass sie sich eigentlich lieber selbst um die Erstausstattung ihres Kindes kümmern wollte. So sehr ihr Elkes Aufmerksamkeit gut tat, so sehr schmerzte es sie gleichzeitig, dass nicht sie den Spaß hatte, sondern ihre Freundin. Sie war es doch, die schwanger war. Sie hätte sich auf alle Vorbereitungen für das Kind stürzen müssen. Und jetzt sah es so aus, als hätte Elke das alles einfach an sich gezogen.
    Automatisch knöpfte sie den kleinen Mantel zu. Und wieder auf. Die Knopflöcher waren viel zu eng, es würde jedes Mal viel zu viel Mühe machen, ihrem Kind den Mantel anzuziehen. Mal ganz abgesehen davon, dass sie eigentlich nicht wusste, wieso ein Säugling einen derart prunkvollen Mantel brauchte und wann überhaupt die Gelegenheit sein würde, dem Kind diesen Mantel anzuziehen.
    »Wenn dir der Mantel nicht gefällt, kann ich ihn zurückbringen.«
    »Nein. Er ist irre süß. Ich… na ja, ich weiß allerdings nicht so richtig, wann sie ihn anziehen soll. Ich meine, für den Sandkasten ist das ja wirklich nichts.«
    »Wann, fragst du? Wir werden in Templin im Café sitzen. Oder auch mal einen Ausflug nach Berlin machen. Da soll sie doch nicht wie eine graue Provinzmaus aussehen. Die Leute werden sich nach ihr umdrehen, Laura.«
    Sie schob das Glas mit dem grünen Saft wieder zu Laura hin.
    »Jetzt trink das noch schnell aus. Dann

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