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Das Jahr der Kraniche - Roman

Das Jahr der Kraniche - Roman

Titel: Das Jahr der Kraniche - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Mutter hielt? Und war es nicht nachvollziehbar, dass sich Elke, die nie ein Kind haben würde, erhoffte, dass sie bei der Erziehung von Lauras Kind eine wichtige Rolle spielen würde?
    »Laura wird es gut machen. Und Elke wird das einsehen. Ich mache mir da gar keine Sorgen.«
    Elke war mit einem Brombeerkuchen zurückgekommen.
    »Natürlich habt ihr recht. Sie wird das schon schaffen. Ich mach mir halt immer ein paar Sorgen zu viel.«
    Sie hatte den Kuchen verteilt und das Gespräch auf die Brombeeren gelenkt, die in diesem Jahr überwältigend üppig Früchte trugen. Marius und Hanno hatten sich dankbar auf das neue Thema eingelassen.
    »Vielen Dank für das Essen und den netten Abend.«
    Hanno umarmte seine Tochter, nickte Marius, der schon dabei war, den Tisch abzuräumen, noch einmal zu und machte sich auf den Heimweg. Der Mond schien hell und zauberte eine traumhafte Stimmung auf den Garten, der bis zum See hinunter reichte. Hanno beschloss, den kleinen Weg am See nach Hause zu nehmen. Die Sonnenblumen hatten ihre Blüten in der Nacht geschlossen, die Rosen, die in dichten Sträuchern die Gemüsebeete begrenzten, wiegten sich im Nachtwind und verströmten ihren süßen Duft, der sich mit dem knoblauchartigen Geruch des Bärlauchs zu einer verwirrenden Komposition mischte. Hanno war schon fast am See, als er innehielt. Der Bärlauchgeruch lag ihm noch in der Nase. Er drehte sich um und ging zurück zu den Beeten, in denen Elke Gemüse und Kräuter zog– und Bärlauch, dessen lanzettförmige Blätter deutlich im Mondlicht zu erkennen waren. Das kleine Feld zwischen den Zwiebeln und dem Thymian stand dicht und üppig da. Kein Blättchen war abgeschnitten. Wo immer also der Bärlauch herkam, den Elke in das Getränk mischte, mit dem sie Laura aufpäppelte– aus ihrem Garten war er auf keinen Fall. Hanno wusste nicht, wie er diese Erkenntnis einzuordnen hatte. Aber sie beunruhigte ihn, auch wenn er nicht sagen konnte, wieso eigentlich.

V. – September

1
    Es war menschliches Blut. Daran gab es keinen Zweifel. Laura erstarrte, als sie hörte, was der Laborant ihr am Telefon mitteilte. Also doch. Ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen: Der Fleck in Julias ehemaligem Zimmer war ein Blutfleck.
    Sie hatte mit dem Messer etwas von dem verfärbten Holz abgekratzt und es nach München in ein Labor geschickt, das sie noch von ihrer Tätigkeit als Krankenschwester her kannte. Sie hatte den Laboranten Mark Kaiser an die alten Zeiten erinnert, hatte ihn danach gefragt, wie es seiner Frau und seinen Kinder gehe, und ihn gebeten, doch die kleine Probe, die sie ihm schicken würde, zu analysieren. Sie hatte geflunkert, dass es sich um einen Flecken auf einem Möbelstück handle, das sie streichen wollte. Wenn sie erst wüsste, um was es sich handelte, könnte sie den Flecken vielleicht effektiver bekämpfen.
    Es hatte eine Woche gedauert, dann war die Antwort da. Also Blut. Da sie keine Vergleichsmöglichkeit hatte, würde sie nicht beweisen können, dass es sich um Julias Blut handelte.
    Hatte sie Jan deswegen nicht in dieses Zimmer lassen wollen? Weil da etwas Schreckliches geschehen war, an das er sich nicht erinnern wollte? Vielleicht…
    Nein, das denke ich jetzt nicht wirklich. Jan ist kein Mörder. Er ist kein Mörder. Er darf einfach kein Mörder sein.
    Wahrscheinlich hatte sich Julia einfach wehgetan. Sie war gegen eine Kante, vielleicht eines Tisches oder eines Schranks, geknallt und hatte zu bluten angefangen. Oder sie hatte plötzlich Nasenbluten bekommen. Aber wenn es so harmlos gewesen wäre, hätte Jan doch nicht so getan, als würde er den Flecken zum ersten Mal sehen. Sie zitterte am ganzen Körper. Es konnte nicht sein, was sie dachte. Es konnte nicht sein, dass Jan Julia in diesem Zimmer… Sie zwang sich dazu, den Gedanken nicht zu Ende zu denken. Die Polizei hatte damals den Flecken sicher gesehen. Und da Jan nicht einmal angeklagt worden war, hatte es ganz bestimmt eine plausible Erklärung für ihn gegeben. Aber warum hatte Jan sie ihr dann nicht mitteilen wollen? War er der Polizei durch die Lappen gegangen? Hatte er… hatte er den perfekten Mord begangen? Ohne Leiche, ohne Spuren, ohne Motiv? Sie musste mit ihm reden. Sie konnte ihre Zweifel einfach nicht mehr länger für sich behalten. Sicher würde es für alles eine Erklärung geben, eine simple, einleuchtende Erklärung. Heute Abend, wenn er aus Köln zurück war, würde sie ihm den Laborbericht zeigen und ihn um eine Erklärung

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