Das Jahr der Krisen
nicht.«
Dann herrschte Stille.
»Ich verstehe nicht, weshalb Sie zu mir gekommen sind«, sagte Myra. »Wenn Sie sich bereits dagegen entschieden haben. Selbstverständlich sollten Sie das von einem praktischen Standpunkt aus überdenken. Sie haben wahrscheinlich Angst … schließlich sind Sie sehr jung. Aber ich versuche nicht, Sie dazu zu überreden. Eine Entscheidung dieser Art muß Ihre eigene sein.«
Mit leiser Stimme sagte Art: »Wir haben keine Angst, Mrs. Sands. Das ist es nicht. Wir … nun, wir würden das Baby gerne haben. Das ist alles.«
Myra Sands wußte nicht, was sie sagen sollte. In ihrer ganzen bisherigen Praxis war ihr so etwas wie dies hier nicht passiert. Es war ihr ein Rätsel.
Sie konnte bereits erkennen, daß dies ein schlechter Tag werden würde. Zwischen dem hier und Titos Anruf – es war zuviel. Und so früh. Es war nicht einmal neun Uhr vormittags.
Im Keller von ›Pethels Jiffi-Scoutportern, Verkauf & Service‹ machte sich der Mechaniker Rick Erickson für den zweiten Tag hintereinander bereit, den defekten Porter von Dr. Lurton Sands jr. zu betreten. Er hatte noch immer nicht gefunden, wonach er suchte.
Allerdings hatte er nicht vor aufzugeben. Er spürte auf einer intuitiven Ebene, daß er sehr nahe daran war. Es würde jetzt nicht mehr lange dauern.
Hinter ihm sagte eine Stimme: »Was machst du, Rick?«
Erschrocken sprang Erickson auf, blickte sich um. An der Tür stand sein Arbeitgeber, Darius Pethel. Er sah wuchtig aus in dem zerknitterten, dunkelbraunen, altmodischen jerryhaften Wollanzug, den er für gewöhnlich trug.
»Hören Sie zu«, sagte Erickson. »Das ist Dr. Sands Porter. Sie können lachen, aber ich glaube, er hat seine Geliebte hier drinnen, irgendwo.«
»Was?« Pethel lachte.
»Ich meine das wirklich. Ich glaube nicht, daß sie tot ist, auch wenn ich lange genug mit Sands gesprochen habe, um zu wissen, er könnte es tun, wenn er spüren würde, daß es notwendig ist – er ist ein Kerl dieses Kalibers. Jedenfalls – niemand hat sie gefunden, nicht einmal Mrs. Sands. Natürlich kann man sie nicht finden, weil Lurton seinen Porter hier bei uns hat, außer Sicht. Er weiß, daß er hier ist, aber sie nicht. Und er will ihn nicht zurückhaben, was auch immer er sagt – er will, daß er hier unten feststeckt, exakt in diesem Keller.«
Pethel starrte ihn an und sagte: »Verdammter Nichtsnutz. Ist das alles, was Sie auf Kosten meiner Zeit gemacht haben? Detektivtheorien ausgearbeitet?«
Erickson erwiderte: »Dies ist wichtig! Selbst wenn es kein Geld für Sie bedeutet. Verdammt, vielleicht doch. Wenn ich Glück habe und sie finde, dann können Sie sie vielleicht an Mrs. Sands verkaufen.«
Nach einer Pause zuckte Darius Pethel auf philosophische Art und Weise mit den Schultern. »Okay. Also, passen Sie auf. Wenn Sie sie wirklich finden sollten …«
Neben Pethel erschien der Verkäufer der Firma, Stuart Hadley. Lebhaft sagte er: »Was ist los, Dar?« Wie immer fröhlich und interessiert.
»Rick sucht nach der Geliebten von Dr. Sands«, meinte Pethel. Er ruckte mit dem Daumen Richtung Porter.
»Ist sie hübsch?« erkundigte sich Hadley. »Gut gebaut?« Er sah hungrig aus.
»Sie haben ihre Bilder in den Vidblättern gesehen«, sagte Pethel. »Sie ist niedlich. Was glauben Sie, weshalb sonst der Arzt seine Ehe aufs Spiel setzen sollte, wenn sie nicht etwas Außergewöhnliches wäre? Kommen Sie schon, Hadley; ich brauche Sie oben, im Verkaufsraum. Wir können nicht alle drei hier unten herumstehen – sonst wird uns noch jemand mit der Kasse abhauen.« Er machte Anstalten, die Stufen hinaufzugehen.
»Und sie ist da drinnen?« fragte Hadley und sah verwundert drein, als er sich bückte, um in den Porter hineinzublicken. »Ich sehe sie nicht, Dar.«
Darius Pethel lachte schallend. »Ich auch nicht. Rick auch nicht, aber er sucht trotzdem – und auf meine Kosten, verdammt noch mal! Hören Sie zu, Rick: Wenn Sie sie finden, ist sie meine Geliebte, weil Sie auf meine Kosten hier sind, Sie arbeiten für mich.«
Sie alle drei lachten darüber.
»Okay«, pflichtete Rick bei, der sich auf Händen und Knien niedergelassen hatte. Er kratzte mit der Klinge eines Schraubenziehers an der Scoutporter-Röhre herum. »Sie können gerne lachen, und ich gebe zu, daß es komisch ist. Aber ich höre nicht auf. Offenbar ist der Riß nicht sichtbar. Wenn er das wäre, hätte Dr. Sands nicht gewagt, ihn hierzulassen. Er denkt vielleicht, ich sei dumm, aber wiederum auch
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