Das Jahr der Maus
großartigen und segensreichen Lavakontrolloperation in Los Angeles leitet.
»Können wir ’n bißchen näher rangehen, Jungs?« fragt er Hawks und Prochaska.
»Himmelherrgott, Matty«, murrt Prochaska. »Spürste die Scheiß-Hitze denn nicht? Als ob man mit ’ner Badehose in ’nen Hochofen steigen würde.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagt Mattison. »Aber wir schaffen’s schon. Na los, kommt, Jungs. Immer ein paar Zentimeter. Nur die Ruhe. Wir sind gute, starke Jungs. So ’n bißchen Hitze macht uns doch nichts aus, oder?« Es ist wie Babysprache, obwohl Hawks und Prochaska große Kerle sind, fast so groß wie er selbst, und keiner von ihnen sonderlich zart besaitet ist. Aber er weiß, wie er sie anfassen muß. Ihre diversen chemischen Abhängigkeiten haben sie im Lauf der Zeit auf Geschöpfe reduziert, deren Funktionsfähigkeit in etwa der von gewindelten Babies entsprach, und jetzt müssen sie immer wieder beweisen, daß sie die taffen, harten Machos sind, die sie früher mal waren. Deshalb beugen sie sich tief runter und mühen sich mit ihm zusammen ab, die Pumpe weiter nach vorn zu zerren und das Strahlrohr direkt auf die Öffnung der Lavaquelle zu richten.
Die Anzüge, die sie tragen, schützen sie recht gut vor der schlimmsten Hitze. Sie halten erstaunlich viel aus – jedenfalls für gewisse Zeit. Das Melnar ist ein sehr widerstandsfähiges Material, und da es so stark glänzt, wirft es auch einen großen Teil der Hitze durch schlichte Wärmestrahlenreflektion zurück. Außerdem verfügen die Anzüge über eine Innenisolierung, ein Kühlungsnetz, Infrarotfilter und noch zwei oder drei weitere hübsche Sachen, und alles zusammengenommen ermöglicht es ihren Trägern, ganz nah an einen über 1000 Grad heißen Lavastrom heranzugehen und – sobald dessen Oberfläche sich ein bißchen verhärtet hat – sogar draufzutreten, wenn nötig. Aber trotz des Schutzes, den ihre Lava-Anzüge gewähren, merken sie an der dennoch eindringenden Hitze ziemlich deutlich, daß sie direkt vor schmelzflüssigem Gestein stehen, das gerade eben aus dem Reich des Teufels heraufgekommen ist.
Die Schläuche sind jetzt angeschlossen, und Mattison hat das Strahlrohr dorthin gerichtet, wo er es hinhaben will, auf den äußeren Rand des Lavastroms. Er sagt Foust und Herzog am Hydranten über Sprechfunk Bescheid, daß sie gleich soweit sind. Dann gibt er ein Handzeichen, das sich am Schlauch entlang immer weiter nach hinten fortsetzt, von Mary Maude zu Evans, Cobos und Buck Randegger, oder wer immer da hinter Cobos steht, und danach um die Ecke, bis es schließlich zu Foust und Herzog gelangt, die jetzt genau wissen, daß die Schlauchverbindung vollständig steht, und das Wasser beginnt zu fließen. Mattison und Hawks halten das Strahlrohr gemeinsam fest und lassen den Wasserstrahl langsam und grimmig über den Rand des Stroms spielen.
Der Zweck dieser Operation ist es, den Rand der Lavaquelle soweit abzukühlen, daß sich erst eine Kruste und dann ein Damm bildet, der den nicht nachlassenden Strom dahinter staut und verhindert, daß er weiter auf die Straße fließt. Diese Technik ist in Island perfektioniert worden, und man hat sogar ein halbes Dutzend grauhaarige Isländer eingeflogen, die in der aktuellen Krisensituation in Los Angeles als Berater fungieren sollen, Männer mit eiskalten Augen und Namen wie Sven Steingrimsson und Steingrim Svensson, für die der Kampf gegen Vulkane eine Art olympischer Sport ist. Im Unterschied zu Los Angeles liegt Island jedoch inmitten eines kalten Ozeans, der den Lavabekämpfern unendlich viel kaltes Wasser liefert, und die Entfernungen von der Küste zu den Vulkanen sind nicht sehr groß. Los Angeles hat zwar auch einen Ozean in der Nähe, aber der ist strategisch ungünstig plaziert, wenn man Lava-Ausbrüche im San Gabriel Valley mit Wasser bekämpfen will; das Valley liegt nämlich im Landesinneren, fünfzig bis sechzig Kilometer von der Küste entfernt. Daher also ein System kommunaler Wassertanks überall an den Grenzen der Zone und zahllose Tankwagen, die hin und her pendeln und das Meerwasser anliefern, mit dem die Tanks gefüllt werden, weil die reguläre Wasserversorgung von Los Angeles schon für die normalen Bedürfnisse der Gemeinde bei weitem nicht ausreicht.
Jeder Einsatz, bei dem man Lava abkühlen will, selbst ein so kleiner wie dieser, ist eine heikle Angelegenheit. Es ist ja nicht so, als würde man bloß mal eben den Rasen sprengen. Man schüttet Wasser mit einer
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