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Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Fischsuppe ausgekippt, Mistkerl!«
    Der Mann antwortete ruhig: »Ja, die ist ausgekippt.« »Schwimm ans Ufer!« riefen die Leute ihm zu. Er stieg
    jedoch auf die Motorhaube, die einzige Fläche, die sich noch über dem Wasser befand, lehnte sich gegen das Auspuffrohr, zog die Stiefel von den Füßen und schütte­ te das Wasser in den See.
    Irgend jemand erklärte den anderen, der Mann könne nicht schwimmen und komme deshalb nicht ans Ufer zurück.
    Nicht einmal ein Boot war da. Ein Floß mußte gebaut werden. Die Männer fluchten. Sie waren müde von den durchwachten Nächten und vom Feuerlöschen, und jetzt sollten sie auch noch ein Floß zimmern für einen ver­ rückten Bulldozerfahrer, der mitten im See auf der Motorhaube seines Fahrzeugs stand.
    »Baut ein Floß, verdammt noch mal, damit ich an Land komme!« schrie der Mann draußen.
    »Schrei nicht rum, das machen wir, wie wir Lust ha­ ben. Was bist du auch in den See gefahren, du Arsch!«
    Die Männer beratschlagten. Jemand meinte, es wäre nicht schlecht, bis zum Morgen zu warten; eine Nacht auf der Motorhaube könnte dem Kerl eine Lehre sein.
    Sie beschlossen, erst Kaffee zu kochen, ehe sie sich ans Werk machten. Der Fahrer im See tobte, als er sah, daß sich keiner zur Arbeit anschickte. Er brüllte Dro­ hungen über das ruhige Wasser, schrie schließlich, er werde jedem einzeln die Fresse polieren, sowie er zurück sei.
    »Der ist verrückt«, meinten die Leute am Ufer. Der Mann steigerte sich in seine Wut hinein, er
    trommelte mit den Fäusten auf die Motorhaube, daß es über den ganzen See hallte, die Wasservögel erschreckt aufflogen und in das Schilf am anderen Ufer flüchteten.
    Schließlich bauten die Männer eine Art Floß; sie ban-den Stämme mit einem Seil zusammen, schnitten eine Stange zurecht und legten sich dann am Ufer zur Ruhe. Niemand schien gewillt, den tobenden Fahrer zu retten.
    »Den ersten, den ich schnappe, stampfe ich nieder!« schrie der.
    Man überlegte, was zu tun sei. Den außer sich gera­ tenen, kräftig gebauten, übernächtigten Fahrer mit einem kleinen, auf gut Glück zurechtgezimmerten Floß abzuholen, war für keinen verlockend. Man beschloß, den Morgen abzuwarten, vielleicht würde der Mann sich bis dahin beruhigen.
    Die ganze Nacht über lärmte der Fahrer auf dem See. Er tobte und schrie den Leuten, die nicht mehr antwor­ teten, alles mögliche zu, bis seine Stimme heiser wurde. Er zertrampelte die Scheinwerfer des Fahrzeugs, drehte das Auspuffrohr ab und schmiß es ans Ufer, verfehlte jedoch glücklicherweise sein Ziel. Erst als die Sonne aufging, wurde er so müde, daß er ein paar Stunden bäuchlings auf seiner Motorhaube schlief.
    Zur Frühstückszeit wurde es am Ufer munter, und von den Stimmen erwachte auch der Mann auf der Planierraupe. Wieder begann er zu randalieren, rutschte von seiner Maschine herunter und fiel platschend in den See.
    Jetzt kam Leben in die Männer am Ufer. Der Unglückliche schlug im Wasser um sich und
    schrie vor Entsetzen. Das Floß wurde ins Wasser gesto­ ßen, Vatanen und ein zweiter Mann stakten es eilig zur Planierraupe hin. Der Mann versuchte verzweifelt, sich auf sein Fahrzeug zu retten, doch seine Hände fanden an der nassen Motorhaube keinen Halt, er ging immer wieder unter und schluckte Wasser. Sein Kampf war hoffnungslos, und schließlich blieb er unter Wasser liegen, mit dem Rücken nach oben. Durch das feuchte Hemd war die Wirbelsäule zu erkennen.
    Das Floß gelangte ans Ziel, der Mann wurde hinaufge­ zogen, sein schlaffer Körper auf die Seite gelegt. Als Vatanen ihn am Gürtel hochhob, ergossen sich Wasser und Schlamm aus seinem Mund. Vatanens Kumpel stakte das Floß, er selbst ließ sich auf die Knie nieder und versuchte den Verunglückten von Mund zu Mund zu beatmen. Gleichzeitig drückte er ihm rhythmisch auf den Brustkorb.
    Der Mann wurde an Land getragen, wo Vatanen mit der künstlichen Beatmung fortfuhr.
    Fünf Minuten vergingen, ehe der Mann Lebenszeichen von sich gab. Sein Körper versteifte sich, dann begannen die Hände zu zittern, schließlich klapperten seine Zähne so heftig, daß Vatanens Zunge beinahe dazwischengera­ ten wäre.
    Sowie der Mann zu sich kam, nahm er den Kampf ge-gen seinen Retter auf, Vatanen mußte einen Augenblick mit ihm auf der Erde ringen, ehe die Umstehenden die Situation erkannten und eingriffen: Mit Hilfe mehrerer Männer wurde der Fahrer überwältigt. Man fesselte ihn mit einem Seil an einen Baumstumpf, so daß er aufrecht

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