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Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Titel: Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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und Carsten auch.«
    Das ist mir nicht neu. Von Carsten habe ich ja mein Lieblingsessen. Wenn es bei uns Nudeln gibt, müssen wir so viele kochen, dass garantiert welche übrig bleiben, und die gibt es am Abend oder am nächsten Tag in Butter gebraten. Das macht Carsten mit Hingabe.
    »Aber die werden im Gasthaus nicht auf der Karte stehen. Da musst du was anderes essen. Willst du wissen, was? Verlorene Eier. Die gibt’s nur noch dort so. Und die schmecken.«
    »So was wie saure Eier?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ganz anders.« Er kommt richtig ins Schwärmen, verdreht die Augen vor Genuss.
    »Ich weiß nicht, ob ich das will.« Ich bin nicht mäklig und finde sogar das Schulessen ganz gut. Aber in den Ferien in einer Gaststätte würde ich niemals saure oder verlorene Eier bestellen. Da esse ich Schnitzel. Und sonst nichts.
    Die Ferientage fliegen nur so dahin. Omi versorgt Maria und Opa spielt stundenlang mit ihr. Meine Mutter ist völlig entspannt. Sie muss Maria nur noch stillen, obwohl die jetzt auch schon Brei dazubekommt. Mutter sitzt oft mit Carsten im Wohnzimmer und liest. Und manchmal kann man die beiden stundenlang miteinander reden hören. Ganz selten setze ich mich dazu.
    »Wir kommen sicher bald wieder. Wir müssen auch Mella zeigen, wie schön es hier ist«, sagt Mami an einem Nachmittag.
    »Vielleicht kommt ihr zu Ostern?«, schlägt Omi vor. Jetzt schon an Ostern denken, wo doch so schöner Winter ist! Obwohl, vielleicht bekomme ich zu Ostern dann endlich den Gutschein über den zweiten Wanderschuh.
    »Wir haben noch so ein Papierchen im Schreibtisch«, sagt Omi jetzt. »Da steht was von einem Wanderschuh drauf. Für Tine.« Sie lacht mich an. Sie durchschaut mich jedes Mal.
    »Aber Wanderschuhe muss man klug einkaufen und dann muss man sie einlaufen«, mischt sich Opa vom Sofa her ein.
    »Und dann geht die Hölle erst los, denn am Anfang reiben sie ganz schrecklich«, meint Omi.
    »Aber das vergeht«, beschwichtigt Opa.
    »Nur dazu muss man wandern, muss Lust haben, weit zu laufen und was auszuhalten.« Jetzt kommt auch noch Carsten ins Spiel. »Weite Strecken bei Sonnenschein und Wind. Die Affenfelsen hoch und hinten durch die kalte Klamm wieder zurück zur Elbe.« Carsten fängt richtig an zu schwärmen.
    »Also her mit dem Gutschein für den zweiten Wanderschuh!«, rufe ich dazwischen. »Ich finde Wandern herrlich. Vor allem mit Opa.«
    Jetzt kriege ich wieder rote Ohren. Ich habe ihm ein Kompliment gemacht, das ist mir peinlich. Aber ihm genauso. Er wird auch rot, guckt weg und grinst.
    »Gut, dann kriegst du jetzt den Gutschein über den zweiten Schuh, und im Frühling kaufen wir gemeinsam die Wanderschuhe für dich, die du dann in aller Ruhe hier bei uns einlaufen kannst. Ist das was?« Omi macht einen Punkt hinter das Hin und Her.
    Ich freue mich sehr. Dann sehe ich auch aus wie ein Elefant und kann stundenlang durch den Schnee stapfen, ohne nasse Füße zu bekommen. Ich kann endlos mit meinem Opa wandern, immer wieder in den Ferien. Herrlich!
    Ob es wohl immer so schön weitergeht?
    Abends spielen wir. Am liebsten mögen Omi und Opa Scrabble, das kann ich ganz gut. Trotzdem gewinnt Omi jedes Spiel. Sie weiß unheimlich viele Wörter. Sogar meine Mutter sieht alt aus dagegen.
    Am letzten Abend spielen wir das auch. Ich bin traurig, aber ich freue mich gleichzeitig auf Leipzig, denn irgendwie ist hier schon der Hund begraben. Im ganzen Dorf gibt es keine Kinder in meinem Alter oder sie sind alle nicht da. Allerdings habe ich auch nicht richtig gesucht. Ich bin ja nicht so gut im Freundschaftenschließen. Aber so wenig, wie hier los ist, kann ich mir schon bestens vorstellen, wie Mella gucken wird, falls sie zu Ostern tatsächlich mitkommt.
    Wenn ich an Leipzig denke, fällt mir natürlich die Schule ein, obwohl noch mehr als eine Woche Ferien sind. Und dann fallen mir Manu und Herr Graf ein. Blödes Gefühl.
    »Was hast du denn? Du siehst so komisch aus. Ist was?« Omi mit ihren Röntgenaugen!
    »Nichts. Ich will nicht zurück nach Leipzig.«
    »Dann bleib doch noch!« Meine Mutter klingt ganz begeistert. »Du kannst ja dann den Zug nach Hause nehmen.«
    »Nö, nö, ein bisschen freue ich mich auch. Auf Mella zum Beispiel.« Das traue ich mich nun doch nicht, ganz allein eine Woche hierbleiben. »Aber ich komme bestimmt bald wieder. Schon wegen meiner Schuhe.«
    »Mach das, im Frühling, da ist es hier noch schöner. Alles grün und so viele schöne Wege, die nur dann begehbar sind.« Opa

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