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Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Titel: Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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könnte Werbung für die Sächsische Schweiz machen.
    »Willkommen bist du jederzeit«, beschließt Omi das Gespräch.
    So ist es jetzt gut. Ich kann entscheiden, wie ich es will, und bin zu nichts gezwungen. Aber ich habe einen neuen Platz in meinem Leben, wohin ich kommen kann.
    Meine letzte Nacht in Omis Dachstübchen. Das schwere Federbett hüllt mich völlig ein. Ich kann die Kälte, die von außen gegen das Dach kämpft, geradezu hören. Unter meiner Decke ist es warm. Bevor ich einschlafe, beschließe ich, dass ich in Leipzig sofort Manu anrufen und mich mit ihr verabreden werde. Ich will mit ihr reden. Ich will wissen, was sie zu meinem Verdacht sagt. Ich muss das einfach tun. Ich habe zwar totalen Schiss, schließlich ist sie zwei Jahre älter als ich, und wer weiß, wie cool sie sich findet. Aber mich macht das noch ganz krank, und am besten ist es dann, wenn ich sage, was ich denke. Wenn sie mir blöd kommt, kann ich immer noch so tun, als wäre alles halb so schlimm. Und wenn sie mir noch blöder kommt, kann ich das Training einfach sausen lassen.

11
    Als ich sie anrufe, klingt ihre Stimme zuerst traurig, aber dann freut sie sich richtig und sagt gleich ja, als ich sie frage, ob wir vielleicht zusammen Schlittschuh laufen wollen. Es ist kalt, im Park sind die Tümpel zugefroren. Das habe ich beim Vorbeifahren auf unserer Rückreise gesehen und auch Leute beim Schlittschuhlaufen. Also verabreden wir uns für nachmittags.
    Manu verspätet sich ein bisschen. Sie steigt aus einem Auto aus, doch vorher beugt sie sich zum Fahrer rüber und gibt ihm einen Kuss. Ich kann es genau sehen. Und ich sehe auch, dass das der Graf ist. Sofort kommt es mir hoch. Aber wie! Am liebsten würde ich verduften. Es kribbelt mir in den Beinen. Aber sie hat mich schon gesehen und außerdem habe ich die Schlittschuhe an. Mich möglichst unauffällig zu verziehen … völlig zwecklos. Also bleibt mir nur der Frontalangriff.
    Kaum hab ich hallo gesagt, frag ich schon: »War das der Graf?«
    Sie sieht mich an. In ihrem Gesicht kann ich sehen, wie in ihrem Herzen zwei starke Kräfte miteinander kämpfen. Ich kann es genau beobachten. Ich sehe, dass »Lass mich in Ruhe, ist doch meine Sache« mit »Ich habe solche Angst« ringt. Ihre Augen glühen auf und verlöschen innerhalb einer Millisekunde, ihr Mund wird hart und gleich wieder weich. Es ist verrückt.
    Eine lange Zeit vergeht, bis sie antwortet: »Du hast ihn also erkannt.« Ihre Stimme klingt ängstlich.
    Ich kann das verstehen. Wenn das auffliegt, ist tierisch was los. Ich will sie trösten, weiß aber eigentlich auch nicht, warum, denn schließlich finde ich das wirklich megaeklig.
    Ich bleibe bei der Strategie des Angriffs und platze heraus: »Das habe ich schon beim ersten Training gemerkt. Und wenn man es erst weiß, dann sieht man es sofort. Deshalb habe ich jetzt den Graf auch gleich erkannt. Wenn man aber nichts weiß, dann hätte man ihn bestimmt nicht erkannt. Er hatte ja auch seine supercoole Sonnenbrille auf.«
    Das beruhigt sie nicht wirklich. Aber ich habe wohl doch die richtigen Signale gesendet, denn jetzt hockt sie sich auf eine Bank, legt ihre Schlittschuhe in den Schnee und fängt an zu heulen. Ich stehe hilflos vor ihr. Was soll ich jetzt machen? Ich kenne sie kaum. Sie ist älter als ich, sie ist wunderschön, und es gibt massenhaft Leute, die neidisch auf sie sind. Sie ist sportlich und erfolgreich, sie spielt in einer völlig anderen Liga als ich und jetzt sitzt sie vor mir und weint.
    Ich bin wie angenagelt und sprachlos. Doch dann sagt sie etwas zwischen ihren Tränenflüssen. Um das zu verstehen, muss ich mich neben sie setzen.
    »Du darfst niemand etwas sagen«, stößt sie hervor. »Wenn du was verrätst, bring ich mich um. Ich liebe ihn. Er liebt mich. Wir sind schon seit einem halben Jahr zusammen!«
    Was?, denke ich. Das kann doch nicht wahr sein! Das Schwein! O Gott. Moment, was hat Gott hier zu suchen? Überhaupt nichts. Spinnt denn eigentlich die ganze Welt? Hoffentlich merkt sie nichts von meiner Wut. Ich versuche, ganz ruhig zu atmen. Es muss ihr doch guttun, dass sie es endlich erzählen kann.
    »Ich bin so froh, dass ich es endlich jemand sagen kann«, sagt sie in diesem Augenblick. »Wir schlafen auch zusammen. Er ist verheiratet und er wird sich scheiden lassen. Aber erst muss ich die Schule fertig machen. Meine Eltern wissen nichts davon. Niemand weiß etwas.« Jetzt ist sie erst einmal still.
    Das mit dem Verheiratetsein wusste ich.

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