Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Titel: Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
Vom Netzwerk:
Computern und Lasern. Wie hatten sie es geschafft, damit durch die Flughafenkontrolle zu kommen?
    Ton und Technik hatten vor, die Küste mit einem Laser zu scannen. Sie bearbeiteten mich, ein Schiff zu chartern, das möglichst präzise Kurs halten konnte, ruhig lief, Echolot und Radar besaß. Ich versprach es ihnen, doch die Suche nach einem solchen Boot, auf dem wir auch alle für mehrere Tage unterkamen, war nicht einfach.
    Erst in Salerno fanden wir das geeignete Schiff. Es stammte aus Palermo, hieß Sabina. Der Besitzer, Mario, ein etwa dreißigjähriger Sizilianer, fiel durch seinen besonderen Gang auf. Sobald er sein Boot betrat, lief er nur auf Zehen. Um seine Hüften hingen kurze blaue Fußballerhosen aus einem glänzenden Stoff. Er trug nichts darunter, und wenn er sich setzte, guckte ein Stück seines Geschlechts heraus. Von seinen muskulösen Schultern fiel ein aus jeder Form und Farbe geratenes löchriges T-Shirt herab. Vielleicht war es mal blau gewesen. Eine schwarze Welle aus dickem Haar warf sich über seine halbe Stirn.
    Mit einem breiten Grinsen und auf den Füßen wippend, behauptete er – in einer Mischung aus Deutsch, Italienisch und Englisch –, das Schiff wäre ihm vererbt worden, den Namen hätte es schon gehabt. Die Sabina, so erzählte er, gehörte ursprünglich der italienischen Marine. Ein Küstenschutzboot. Nach der Ausmusterung hätte ein reicher Neapolitaner sie für mehr Bequemlichkeit umgebaut. Nach ein paar Jahren sei sie an einen Schmuggler weiterverkauft worden, der auf hoher See von Bord stürzte und verschollen blieb. Dieser Schmuggler hatte aber schriftlich die Sabina Marios Vater übereignet. Die Frage, was sein Vater mit Schmugglern zu tun hatte, verkniff ich mir. Leider sei sein Vater vor ein paar Jahren erschossen worden – ein Unfall, die Kugel habe einem anderen gegolten –, und nun gehöre das Schiff eben ihm.
    Meine Frage, wie lange er leben wolle, beantwortete er damit, dass er mich auf Zehen durch das Schiff führte und mir die Sicherheitseinrichtungen zeigte, die unter anderem aus einer als Ladebaum getarnten primitiven Kanone bestanden. Er behauptete, sie sei in zehn Minuten installiert und funktionsbereit. Nur Munition besäße er leider nicht. Mario gefiel mir nicht. Wir charterten das Schiff trotzdem. Vor allem, weil es durch den Umbau ausreichend Kabinenplatz für jeden von uns bot.
    Sicherheit, was die Führung des Schiffes betraf, gab mir Giovanni, der Helfer Marios. Seine Kleidung vermittelte Ehrlichkeit. Er trug eine beutelige lange Hose aus grobem braunen Stoff und ein kariertes Hemd. Die Kleidungsstücke waren an den Kanten weiß gewaschen und oft geflickt worden. Giovanni war ein erfahrener Seemann, der lange Zeit mit einem eigenen Boot vom Fischfang gelebt hatte. Er kannte die Küste und steuerte meistens das Schiff.
    Wir schafften unser Gepäck an Bord. Das Schiff war mit hohem Aufwand umgestaltet worden. Die Kabinen besaßen Dusche und Toilette.
    Ton und Technik wollten sofort ihre Geräte an Deck installieren. Ich verbot es ihnen, wir standen im Hafen zu sehr unter Beobachtung. Mehrmals patrouillierte bereits ein Wagen der Hafenpolizei die Kaimauer entlang. Mario grüßte jedes Mal hinüber. Es war nicht auszuschließen, dass wir überwacht wurden. Mario kündigte die Abfahrt für in zwei Stunden an. Genug Zeit für eine hygienische Maßnahme. Ich fuhr noch einmal mit Ton und Technik in die Stadt, um ihnen neue Kleidung zu kaufen. Bereits in Neapel war mir ihr Dunst bitter in die Nase gekrochen. Um sie in Zukunft besser auseinanderhalten zu können, bekam Ton rote und Technik blaue T-Shirts. Bei den Shorts und der Unterwäsche ließ ich ihnen freie Wahl.
    Mario hatte inzwischen am Hafen verbreitet, dass Touristen ihn für eine Fahrt zu den Liparischen Inseln bezahlten. Man wolle den glühenden Stromboli nachts von See aus fotografieren.
    Ich telefonierte noch einmal mit dem Hotel in Neapel, aber Marlene Godin war nicht aufgetaucht. Wir verließen den Hafen von Salerno in gemächlichem Tempo. Wachse stand hinter dem Steuerrad, reckte den Hals. Sie lenkte das Schiff auf Anweisung Giovannis. Wahrscheinlich stand sie auf einer Kiste.
    Hinter dem Hafen bot sich ein steiles Bergpanorama, drängte das Leben auf einen schmalen Streifen Land zwischen Meer und Felsen zusammen, aber südlich der Stadt wurde die Küste flach und grün und blieb so.
    Wir brauchten fast den ganzen Tag, um bis zur Höhe von Paestum zu gelangen. Wir diskutierten, ob wir an Land

Weitere Kostenlose Bücher