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Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Titel: Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Abfallprodukte seiner Suche. Er war einWahnsinniger. Er grub einfach die Erde um, weil er die Gewissheit hatte, da musste etwas sein, das mit der Herkunft des Menschen zu tun hat, seine Existenz deutet, ihr einen Sinn gibt.«
    »Ist das wieder die Sache mit den Außerirdischen?« Ich reichte ihr das Handtuch. »Ich verstehe das nicht. Als hätte der Mensch keinen Wert aus sich selbst, seiner Gegenwart heraus.«
    »William hätte auch Bauer werden können«, fuhr sie fort. »Die Erde umgraben, bis etwas herauswächst, das auf ihn selbst zeigt.«
    »Die Suche nach Gott?«
    »Der Mensch ist ein Abfallprodukt, wir müssen herausfinden, wer ihn weggeworfen hat. Das sind seine Worte.«
    Sie kam aus der Duschkabine, wischte mir mit dem Handtuch über das Gesicht. »Was suchst du?«
    »Den höchsten Augenblick.«
    Sie presste mir ihre Hand auf den Mund. »Ein Ausdruck für den Augenblick des Todes. Von wem?«
    Sie gab mich frei.
    »Goethe.«
    Sie lachte. »Du also hast Goethe erschossen.«
    Es klopfte an unserer Tür. Ich öffnete sie einen Spalt weit, ließ Wachse ein. Sie bedeckte sich wieder die Augen. »Müsst ihr mir immer eure schön gewachsenen nackten Körper vorführen?« Sie setzte sich auf die Bettkante. »Marlene ist weg.«
    Meine Großmutter hatte sich uns wie selbstverständlich angeschlossen. In Pisa hatten wir Autos gemietet, waren gemeinsam bis Neapel gefahren und hatten im gleichen Hotel Unterkunft gesucht.
    »Sie sieht sich die Stadt an.« Ich wickelte mir ein Handtuch um die Hüften. »Oder sie hat endlich begriffen, dass wir unterschiedliche Ziele haben.«
    Wachse kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Sie wird uns verraten.« Wachse gefiel alles nicht, was wir machten. Sie hätte keinen Wagen gemietet, sondern wäre mit der Bahn gefahren, um keine Spuren zu hinterlassen. In Neapel hätte sie ein kleines Hotel in Randlage gewählt. Und Marlene Godin mitzunehmen war für sie ein Risiko gewesen.
    »Sie hat heimlich ausgecheckt, um vier Uhr morgens«, sagte Wachse.
    »Egal. Wir kümmern uns nicht um sie.«
    »Das ist noch nicht alles«, sagte Wachse. »Ton und Technik sind auch weg.« Sie stützte die Arme auf die Knie, legte den Kopf in die Hände. »Und ich wette, wenn wir runtergehen, um das erbärmliche italienische Frühstück einzunehmen, wird dort schon die ganze Familie sitzen und uns grinsend erwarten. Frank Godin wird uns vergifteten Kaffee servieren. Die denken doch, wir betrügen sie um einen Teil ihres Erbes. Tun wir ja auch. Vielleicht.«
    Sie knurrte, rutschte vom Bett und wanderte zum Fenster. Mit viel Mühe kletterte sie auf das Fensterbrett und versuchte es zu öffnen.
    »Wachse, was ist los mit Ihnen?«
    Ich löste ihre Hand vom Fensterriegel, sie würde sich hinunterstürzen auf die Piazza Garibaldi.
    »Es stinkt hier«, sagte sie. »Nach chinesischem Parfum.«
    »Was?« Ich sah zu Scotty. Sie schien die Anspielung zu verstehen. Wachse ließ sich auf den Fußboden hinab. Ich schob die Fensterflügel weit auseinander. Der Verkehrslärm drang herein.
    Wachse lehnte sich an die Wand, sah Scotty beim Ankleiden eines weißen Leinenkleides zu, aber ihr Gesicht verschloss sich immer mehr.
    »Wachse, Sie sind verärgert. Was ist los?«
    »Es ist nicht gut für mich, zu reisen. Meine Größe wird mir bewusst. Zu Hause kenne ich mich aus, kann mich bewegen wie jeder andere auch. Hier kommt hinzu, dass man mich für blöd hält.«
    »Und weiter?«
    »Ich wollte heute Morgen Schiffe ansehen, um eines von ihnen zu chartern. Diese Leute nahmen mich nicht ernst.« Sie sah zu Boden, hob den Blick nicht mehr.
    »Wachse, wenn du etwas sagen willst, dann sag es.« Scotty stellte sich vor sie und stemmte die Arme in die Hüfte.
    Wachse sah auf. »Ich habe Petersen angerufen und mir den Obduktionsbericht vorlesen lassen.«
    »Und?«
    »William starb an einem Schlaganfall, aber der wurde durch einen Krampf ausgelöst. Er hatte etwas in der Luftröhre. Erbrochenes.«
    »Was? Ich denke, es war eine Art Selbstmord?« Ich versuchte, Wachse ins Gesicht zu sehen, aber sie fixierte nur Scotty.
    »Wie haben Sie ihn gefunden?«, fragte sie mich.
    »Er lag im Bett auf dem Rücken.«
    »Wenn jemand etwas in die Lunge bekommt und er droht zu ersticken, was macht er dann?«
    »Wahrscheinlich beugt er sich vor, steht auf, krümmt sich«, sagte ich.
    »Er liegt auf jeden Fall nicht auf dem Rücken.« Sie ließ Scotty nicht aus den Augen.
    »Mord?«, fragte ich. »Was ist mit seinem Abschiedsbrief?«
    »Diese

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