Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman
sie alles für verloren.
Kaum hatte das Schiff festgemacht, verlangte Mario von mir das Geld für die Liegegebühr und für das Öl. Ich gab es ihm, obwohl das nicht vereinbart war. Als er das Schiff verließ, versammelten wir uns am Heck, berieten über Marios Forderung eines Anteils.
»Was machen wir?«
»Wir zahlen ihn aus, verlassen das Schiff.«
»Finden wir ein anderes Boot?«
»Wahrscheinlich nicht so schnell.«
»Ich bin dagegen.«
»Von einem Schuft lasse ich mich nicht erpressen.«
»So nicht. Nicht mit mir.«
»Wir sind fünf. Die sind nur zwei.«
»Wir bleiben.«
Wachse meldete sich freiwillig, als Wache auf dem Schiff zu bleiben. »Ein Italiener ermordet keine Krüppel«, sagte sie und schickte uns von Bord. Wir versprachen, in der Nähe zu bleiben.
Obwohl ein historischer Wehrturm und eine Kirche direkt am Hafen standen, wirkte der Ort nicht besonders einladend. Vielleicht aber übertrugen sich nur unsere Gefühle durch Marios Wandlung auf die Umgebung. Wir suchten ein Restaurant mit Meerblick und fragten einen Einheimischen, wo man gut essen könne. Er beschrieb uns den Weg. Unterwegs trafen wir Mario in erregtem Gespräch mit zwei Männern.
Für italienische Gepflogenheiten waren wir mit dem Abendessen früh dran, saßen fast allein in dem Restaurant. Wir bestellten Nudeln mit Muscheln und Wein, wagten aber nicht, uns zu betrinken.
Es dämmerte, und Ton und Technik erzählten, in diesem Hafen würden regelmäßig Gefangene mit Eisenkugeln an den Beinketten ausgeladen und in ein Zuchthaus ins Landesinnere gebracht.
»Woher habt ihr die Geschichte?«, fragte ich.
»Wir haben uns das nur ausgedacht.«
Mit ihrer Fantasie hatten sie die Stimmung aufgefangen. Wir gingen zurück an Bord der Sabina. Wachse lebte noch. Ich hatte ihr eine Pizza mitgebracht. Wir saßen an Deck, bis Mario zurückkam, seine Zähne leuchteten im Dunkeln. Er hämmerte eine Weile unter Deck. Es klang, als schmiedete er Ketten an Eisenkugeln. Wir beschlossen, einer solle immer wach bleiben, und losten die Reihenfolge aus.
8
Am Morgen weckte uns Marios lauter Gesang. Ein neapolitanisches Lied. Keiner von uns hatte das Gefühl, geschlafen zu haben.
Zwei ältere Italiener kletterten mit kleinen, quadratisch geflochtenen Körben an Bord. Mario stellte sie als Freunde seines Vaters vor, die den gleichen Weg hätten. Ich protestierte. Er erklärte, er könne ihre Bitte nicht ausschlagen. Die beiden neuen Passagiere wirkten wie Pensionäre in ihren Sonntagsanzügen. Sie nickten uns zu, wanderten mit ihren kurzen Beinen zum Vorderdeck, setzten sich auf ihre Körbe und streckten die Bäuche aus den Jacketts. Gefahr schien nur aus dem unbekannten Inhalt ihrer Körbe zu kommen.
»Dann gute Nacht«, sagte Wachse. »Ich pack schon mal meine Sachen.«
Sie ging in die Kabine. Ich überlegte, ob es besser wäre, das Schiff zu verlassen, und ob unser Gepäck für Mario bereits eine lohnende Beute war oder ob er noch auf den vermeintlichen Schatz warten würde. Ich ging in die Kabine, um auf der Karte nach dem nächsten Küstenort mit Bahnhof zu suchen. Tatsächlich führte eine Bahnlinie teilweise an der Küste entlang. In diesem Moment wurde der Motor angeworfen. Ich ging an Deck. Die Sabina schwamm bereits ein paar Meter vom Kai entfernt, nahm Kurs auf das offene Meer.
Kaum hatten wir den Hafen verlassen und die depressive Madonna passiert, erhöhte Mario die Drehzahl des Motors. Um Zeit zu gewinnen und so weit wie möglich mit ihm zu fahren, ging ich mit der Landkarte zu ihm. Ich kreiste die Südküste der Halbinsel Cilento ein und bedeutete ihm, dass unser Ziel möglicherweise dort liegen könnte. Er nickte, aber er glaubte mir nicht. Dann erklärte er, die Südküste der Halbinsel sei kaum besiedelt, es führten auch keine Straßen ans Wasser. Viele kleine Buchten und Grotten könne man nur vom Meer aus erreichen.
Scotty hatte wieder am Bug Platz genommen. »Wir hätten nicht an Bord bleiben dürfen«, flüsterte sie. »In den beiden Körben der alten Männer könnten Waffen sein.«
Ich nickte. »Ich werde sie kaufen.«
»Die Waffen?«
»Die Männer. Ich engagiere sie als Leibwächter. Biete ihnen mehr, als Mario ihnen wahrscheinlich versprochen hat. Ich gebe ihnen eine Anzahlung und verpflichte mich, den Rest beim Erreichen einer Bank auszuzahlen. Dort.« Ich tippte auf die Karte. Der Ort hieß Policastro. »Wenn wir unsere Schatten bis dahin nicht gefunden haben, hat es sowieso keinen Sinn mehr, weiterzufahren. Der
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