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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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eindrückte.
    Klawdi schaffte es gerade noch, sich zu ducken. Er krümmte sich am Boden des Wagens zusammen, wobei er mit seinem Körper das Kästchen schützte. Der Druck der Mutterhexe nahm zu, trat immer deutlicher zutage. Die Sterne über ihm verloschen, alles verlosch, selbst der ferne Widerschein des Feuers. Das Auto stellte sich wie ein Zirkuspudel auf die Hinterräder, ragte auf, um dann auf alle viere zu krachen, dabei rieselten Glassplitter. Die spitzbübische Frau von der Karte verschwand, hörte auf zu existieren.
    Der Wind legte sich.
    Gewittergeruch schwängerte die Nacht. Frisch und intensiv, sogar angenehm – wäre da nicht der Geist der Mutterhexe gewesen, der mit jedem Augenblick erstarkte und alles mit seiner triumphierenden Anwesenheit vergiftete. Zwei Schritte vom Auto entfernt lag, die Gebüsche am Straßenrand erbarmungslos platt walzend, ein riesiger Konzertflügel.
    Vorsichtig trat Klawdi auf die Kupplung.
    Im Auto steckte noch Leben. Folgsam setzte es sich in Bewegung, umrundete die quadratischen Gehäuse der Fernseher mit den zersprungenen Bildröhren, die hölzernen Vitrinen mit den eingeschlagenen Scheiben und allerlei weiteres, phantastisches Zeug. Die Reifen verloren Luft, das Auto verwandelte sich in ein bockiges Tier, das den Wunsch seines Herrn jedoch uneingeschränkt teilte und sich weiter und weiter vorpirschte.
    Bis zur Explosion blieben noch sieben Minuten. Der Befehl musste unverzüglich bestätigt werden. Klawdi wusste nur zu gut, dass die Raketen drei Minuten brauchten, um ihr Ziel anzufliegen.
    Noch sieben Minuten Leben. Eine unendlich lange Zeit. Er würde es noch schaffen, eine Zigarette zu rauchen. Er würde es noch schaffen, im Gras zu sitzen, die Sterne anzuschauen und sich an Ywha zu erinnern — so, wie sie war, als sie nackt am Ufer des Sees stand, überzogen von einer Gänsehaut, schmal, fast durchscheinend, eine Frau, die man sich anzufassen fürchtete, die man nur anschauen konnte – indem man sich die Hände vor die Augen hielt und durch die nicht ganz zusammengepressten Finger sah.
    Du wirst sie umbringen, sagte Djunka traurig. Mich hast du ja auch umgebracht, nicht wahr?
    »Hör auf!«, schrie er laut, wobei er vergaß, dass er mit sich selbst sprach. »Was redest du da! Niemals hätte ich …«
    Er würde nie erfahren, ob es seine Djunka war, die er in jener schrecklichen Nacht getötet hatte, oder nur ein Monster, ein Gespenst, das ihre Züge angenommen hatte.
    Oder er würde es erfahren. In sieben … nein, in sechs Minuten. Und die Rakete brauchte Zeit, um ihr Ziel zu erreichen.
    »Du bist viel früher gestorben«, sagte er Djunka, wobei sich seine Lippen kaum bewegten. »Du bist an jenem Tag gestorben, als wir beide baden waren. Im Schilf …«
    Auch Ywha ist schon längst gestorben, versicherte ihm Djunka gern. Nämlich als sie initiiert wurde.
    »Ich habe sie nach der Initiation gesehen«, sagte Klawdi, der unverwandt vor sich hin starrte. »Da war sie noch wie zuvor. Sie war eine Hexe, aber sie war auch noch Ywha.«
    Als ihr im Keller miteinander geredet habt, war ihre Initiation noch nicht abgeschlossen, präzisierte Djunka unbarmherzig. Du erinnerst dich doch noch, was sie am Ende dieses Gesprächs getan hat?
    »Aber umgebracht hat sie mich nicht!«
    Ja, und?, wunderte sich Djunka.
    »Als Mutterhexe wäre sie verpflichtet gewesen, mich umzubringen!«
    Das habe ich nicht gewusst, meinte Djunka verlegen, und Klawdi konnte förmlich sehen, wie sie mit den eisverklebten Augen klapperte. Das habe ich nicht gewusst. Meinst du, sie hatte Mitleid mit dir? Oder hat sie dich einfach bloß beiseite gefegt, wie langweiligen, harmlosen Müll?
    »Mir bleiben in meinem Leben noch vier Minuten«, sagte er tonlos. »Und du sagst mir … so etwas.«
    Ihr bleiben in ihrem Leben ebenfalls nur noch vier Minuten, sagte Djunka bitter. Willst du ihr nicht verzeihen? Bevor ihr beide sterbt?
    Klawdi holte das Kästchen aus der Innentasche, das blinkend eine Bestätigung des Befehls verlangte. Er verzog das Gesicht, als leide er Schmerzen. Insgeheim hoffte er, wie er sich nun selbst eingestand, die Verbindung zur Zentrale und zu den Raketen zu verlieren. Sollte der rote Knopf versagen, so hätte er vermutlich Erleichterung empfunden und den nutzlosen Kasten einfach zum Fenster hinausgeworfen. Dann hätte er nichts mehr entscheiden müssen.
    Vielleicht solltest du es noch hinauszögern, schlug Djunka sachlich vor. Gib ihr und damit auch dir noch eine halbe Stunde. Wenn du bis

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