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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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vorn, sein Weg endete, der freie Fall begann, und dieser Bruchteil einer Sekunde dehnte sich für Klaw zu endlos quälenden Minuten aus.
    Keine einzige Geschichte aus seinem Leben wollte ihm einfallen, er erinnerte sich weder an seine Mutter noch an den ersten Kuss. Der alte Lum schoss ihm durch den Kopf, der sich schwer auf die Friedhofsmauer stützte. Mit den entzündeten Augen in dem klugen, wenn auch absolut durchschnittlichen, alten Gesicht. Und auch an die dunklen Zweige der uralten Tanne erinnerte er sich. An mehr aber nicht.
    Nein!
    Niemand hatte ihm diese Geste beigebracht. Er riss beide Hände nach vorn, um das Gespenst des über ihn herfallenden Todes wegzustoßen. Das Wasser in der Wanne wogte hoch auf, als wolle es den fallenden Föhn belecken – oder einfach fortspülen.
    Er verstand nicht gleich, warum das elektrische Spielzeug einen Moment in seinem Fall innehielt. Vermutlich hing der dicke gerippte Griff irgendwo fest. Klaw war bereits aus der Wanne gesprungen, eine Schärpe aus Wasser und Schaumflocken hinter sich herziehend. Schon spürte er unter seinen Füßen den rauen Wannenvorleger aus Gummi, schon packte seine feuchte Hand das Kabel …
    Aus unerfindlichen Gründen war er felsenfest davon überzeugt, das Kabel würde sich ihm widersetzen. Doch der Stecker glitt leicht und lautlos aus der Dose und flog, von dem allzu heftigen Ruck getragen, quer durchs Bad, schlug gegen die Wand, prallte ab und landete im Wasser, dem Föhn hinterher, der inzwischen zwar nicht mehr surrte, aber am Ende doch ins Wasser gefallen war.
    Klaw stand in einer rasch erkaltenden Pfütze. Von dem nun mit extremer Schlagseite herabhängenden Brett purzelten nacheinander das Shampoo, ein Rasierpinsel und eine leere Seifendose in die Wanne, auf deren weißem Boden reglos der Föhn ruhte, dieses ertrunkene Monster.
    Plötzlich rieselte ihm kalte Luft den Rücken hinunter. Die Tür, die er nicht abgeschlossen hatte, war aufgegangen.
    Djunka stand auf der Schwelle und schwieg. Ihr verständnisloser Blick schweifte von dem nackt zitternden Klaw zur Wanne mit den sich immer stärker lichtenden Seifenblasen und wieder zurück.
    »Puh«, kicherte Klaw leise und seltsam. »Ich wäre beinahe verschmurgelt.«
    Djunka schwieg. In ihren angespannten Augen lag ein Ausdruck, den Klaw nicht zu deuten vermochte.
     
    Ywha schreckte aus dem Halbschlaf auf, als sie unten die ersten Schritte hörte. Mit angehaltenem Atem lauschte sie auf die fremde, geräuschlose Anwesenheit. Der Ankömmling blieb neben dem Ficus stehen, drehte sich wieder um und verließ das Haus. Sie hatte noch nicht wieder Luft geholt, als schon wieder jemand hereinkam. Die vertraute Übelkeit stieg in Ywha auf.
    Sie presste die Tasche an sich und wollte weiter nach oben stürzen, erst in den zweiten Stock, dann in den dritten und schließlich auf den Dachboden, doch schon nach dem ersten Treppenabsatz verrenkte sie sich den Fuß, weshalb ihr nichts anderes übrig blieb, als sich in eine dunkle Ecke zu kauern, die immerhin von der schwarzen Panzertür aus nicht einzusehen war.
    Die Anwesenheit des Inquisitors setzte ihr immer mehr zu, trat immer deutlicher und schärfer hervor. Durch das Blut, das in ihren Ohren rauschte, hörte Ywha die Schritte. Zunächst entschlossen, dann zögernd und schließlich, nach einer kurzen Pause, so langsam, als gelte es, irgendwelche Gedanken zu ordnen.
    »Ist hier jemand?«
    Ein Schlag. Ywha krümmte sich und presste die Hand vor den Mund. Der Schmerz spülte über sie hinweg und verebbte wieder. Durch die tränenfeuchten Wimpern beobachtete sie die Stufen, die nach unten führten. Auf ihnen erschienen Füße in schwarzen Schuhen, die trotz des Regens absolut trocken waren.
    »Du brauchst dich nicht zu verstecken, Ywha.«
    So tief sie konnte, atmete sie durch. Der mysteriöse Druck lastete jetzt nicht mehr auf ihr, lediglich eine leichte Übelkeit und Schüttelfrost machten ihr noch zu schaffen.
    »Du brauchst dich da nicht in der Ecke herumzudrücken. Das ist gefährlich. Komm runter.«
    »Ich will mich nicht registrieren lassen«, sagte sie, den Rücken an die kalte Wand gepresst. »Ich will nicht ins Gefängnis. Ich will da nicht hin, ich will nicht …«
    »Ach, Ywha.« Aus der müden Stimme glaubte sie Verärgerung herauszuhören. »Deine Sorgen möchte ich haben.«
     
    Als Allererstes öffnete Klawdi den Kühlschrank und stierte in sein reiches, mit Kochtöpfen bestücktes Inneres. Er hatte zwar überhaupt keinen Hunger, doch das

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