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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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Rolle. Was ich wollte, habe ich auch bekommen.«
    Einen Augenblick lang hörten beide zu, wie das Wasser aus dem Hahn tropfte. Platsch, platsch schlug es im vernickelten Waschbecken auf. Plötzlich erschien vor Ywhas innerem Auge ein riesiger Saal mit vernickelten Waschbecken und Metalltischen – aus Zink? –, auf denen …
    »Wenn sie dich initiieren …«, der Inquisitor beobachtete die Veränderungen in ihrer Miene genau, »… wenn das passiert, könnte dir unter Umständen eine glänzende Karriere bevorstehen. Falls dieses Wort in ihrer Hierarchie angemessen ist. Mit deinen Anlagen dürftest du vermutlich eine Schildhexe abgeben … oder eine Bannerhexe, denn du verfügst über ein außerordentliches Gespür. Vielleicht kommt es aber auch anders. Trotz allem bitte ich dich, Ywha, dich nicht initiieren zu lassen. Bereite mir nicht noch mehr Kopfschmerzen, als ich ohnehin schon habe.« Er lachte traurig.
    »Was wollen die Hexen?« Ihre Gesprächspartnerin fiel ihr ein, die Verkäuferin der heißen Sandwiches.
    »Ich würde viel dafür geben«, sagte der Inquisitor nach einem neuerlichen Zug, »um das zu verstehen. Manchmal meine ich, ja, jetzt bin ich dahintergekommen. Aber … letztlich muss man dafür eine Hexe sein. Wenn du eine wirst … lass es mich doch aus alter Freundschaft wissen. Was die Hexen wollen …«
    »Aber Sie fragen sie unter Folter«, konnte Ywha sich nicht verkneifen zu bemerken. Der Inquisitor verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und wollte schon etwas sagen, doch in diesem Moment blökte im Zimmer das Telefon los, dem mit etwas leiserer Stimme ein zweiter Apparat in der Küche antwortete.
    Angst erfasste Ywha. Panische und hoffnungslose, jedoch absolut grundlose Angst. Vermutlich ließen sie einfach ihre Nerven im Stich, die durch das schrille Geräusch gereizt waren. Der Inquisitor legte seine Zigarette am Rand des Aschenbechers ab und griff mit einer kraftlosen Geste nach dem Hörer. »Hallo …«
    Obwohl sich sein Gesichtsausdruck nicht veränderte, wusste Ywha, wer da anrief. Sie wusste es, und am ganzen Körper brach ihr der Schweiß aus.
    »Ja, ich war nicht da. Ich bin erst heute Morgen zurückgekommen, aus einem Ferienort sozusagen, aus Odnyza … Ja, eine wirklich interessante Arbeit … Hör auf damit. Weshalb sollte ich dir das übel nehmen, schließlich sind wir beide erwachsene, kluge Männer … Nein, das kann ich unter keinen Umständen einrichten … Ja, das entspricht so in etwa den Tatsachen … Wie?«
    Ywha nahm sich eine kleine Scheibe Brot vom Tisch. Wie betäubt biss sie ein Stück ab, nagte daran und versuchte, mit dem frischen Brot nicht den Hunger, sondern ein anderes Gefühl zu vertreiben, ein vages zwar, aber dennoch nicht weniger drängendes. Sie musste kauen, einfach nur kauen.
    Ohne Ywha anzusehen, hörte der Inquisitor zu. Er beobachtete, wie die auf dem Aschenbecher deponierte Zigarette ungeraucht vor sich hin qualmte. Versteinert wartete Ywha ab.
    »Du musst wissen«, fuhr der Inquisitor einen Ton tiefer fort, »dass ich mich in meiner Stellung nicht mit diesen Dingen beschäftige … Tut mir leid, aber im Moment kann ich dir dazu rein gar nichts sagen.«
    Er schaute zu Ywha hinüber. Schnell und flüchtig, aber doch so, dass sie zusammenzuckte.
    Im Hörer polterte aufgeregt eine metallische, durch die Entfernung verzerrte Stimme. Eine erhobene und angespannte Stimme, die offenbar begierig darauf war, sich durchzusetzen.
    »Gut«, lenkte der Inquisitor widerwillig ein. »Aber warum rufst du an und nicht er? Immerhin ist er ja wohl auch schon geschlechtsreif, oder?«
    Ywha wurde unbehaglich zumute. Als hätte man Nasar in ihrer Anwesenheit beleidigt.
    »Gut«, wiederholte der Inquisitor, diesmal jedoch müde und bedrückt. »Soll er mich anrufen … Oder ich rufe an, wenn ich etwas Neues weiß. Einverstanden?«
    Ywha erhob sich. Lautlos ging sie ins Wohnzimmer zurück. Stehend sah sie sich im Raum um, ohne ihn jedoch wirklich wahrzunehmen. Sie setzte sich in einer Ecke auf den Fußboden und zog die Füße unter sich. Es gehörte sich nicht, fremde Telefonate zu belauschen.
     
    Nachdem er aufgelegt hatte, blieb er einige Minuten sitzen und beobachtete, wie die abgelegte Zigarette verglomm.
    Dieser Herr Papa! Nasar hatte er quasi ganz allein großziehen müssen. Das hatte Spuren hinterlassen, in seiner Persönlichkeit. Vermutlich wäre das nicht bei jedem der Fall gewesen, aber bei Juljok ganz bestimmt, denn der war doch die geborene Glucke.
    Die Frau

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