Das Janson-Kommando: Thriller (German Edition)
herrschte ebenfalls eine fast unheimliche Stille. Ein einziger uniformierter Wächter mit Sturmgewehr und Pistole an der Hüfte winkte sie herein und gab Janson eine Businesskarte mit Fettflecken und der Aufschrift »LibreLift«.
Janson schickte Jessie zu dem magersüchtigen französischen Piloten und traf den vorläufigen Präsidenten Ferdinand Poe in seinem Büro, zusammen mit mehreren älteren Männern und einem vierzehnjährigen Jungen. Poe trug einen weißen Leinenanzug, seine Kameraden ihre Tarnanzüge. Alle waren bewaffnet. Poe selbst hatte eine kompakte FN P90 auf dem Schreibtisch liegen, daneben einen Stapel Magazine: ein seltsamer Anblick, wenn man einmal außer Acht ließ, dass Poe noch vor wenigen Wochen ein Rebellenlager in den Höhlen des Pico Clarence verteidigt hatte.
»Wo meine Armee ist?«, wiederholte Poe Jansons Frage in bitterem Ton. »Einige Einheiten sind bei ganz plötzlich angesetzten ›Manövern‹, zusammen mit meiner Garde. Andere sind in den Kasernen und warten ab, was passiert.«
»Sind sie neutral?«
»Im Moment ja. Aber sie werden nicht riskieren, Iboga zu verärgern, bis klar ist, wer sich durchsetzt. Und es wird sich bald zeigen, dass meine Chancen schlecht stehen.«
»Wo sind Ibogas Offiziere?«
Poe überraschte ihn. »Im Gefängnis, wo sie hingehören.«
»Immer noch? Wer bewacht sie dort?«
»Meine wenigen loyalen Männer haben das Gefängnis unter Kontrolle.«
»Also, das ist ein verdammt guter Anfang«, meinte Janson. »Solange sie eingesperrt sind, können sie die Armee nicht gegen Sie aufhetzen.«
»Ich fürchte, sobald Iboga hier ist, werden seine Leute das Gefängnis stürmen und seine Offiziere befreien. Sie werden seine ehemaligen Truppen um sich scharen. Wenn das passiert, ist es vorbei – alles, nur nicht das Blutvergießen.«
»Ich glaube, er kommt mit einer Maschine der Angola Airlines. Er dürfte um Mitternacht in Porto Clarence eintreffen.«
»Verdammte Angolaner! Wahrscheinlich hoffen sie, dass unser Land zusammenbricht, damit unser Erdöl keine Konkurrenz für sie ist.«
»Er hat dort jedenfalls Freunde.«
»Und wahrscheinlich haben sie es ihm auch gestattet, eine ganze Waffenladung mitzunehmen.« Ferdinand Poe griff nach seiner MP. Er starrte sie an, hielt sie in seiner narbigen Hand. »Ich hätte nie gedacht, einmal zum Soldaten zu werden oder gar als Soldat zu sterben.«
»Das Letztere ist noch ein bisschen verfrüht«, erwiderte Janson. »Sie haben gute Männer beim Gefängnis, und ein paar gute Leute hier.« Er deutete mit einem Kopfnicken auf die alten Männer und den Jungen. »Und ich habe eine kleine, aber schlagkräftige Einheit, die euch unterstützen wird. Iboga kann nichts ausrichten, solange er seine Offiziere nicht befreit hat.«
»Wie lange werde ich meinen Palast verteidigen können? Eine Stunde? Zwei? Vielleicht drei. Ich hab schon öfter gezeigt, dass ich zäher bin, als ich selbst gedacht hätte.«
»Ihren Palast dürfen Sie nicht verteidigen. Sammeln Sie Ihre Kräfte beim Gefängnis und führen Sie die Männer an, die es verteidigen.«
Poe schüttelte sein ergrautes Haupt. »Ich werde meine Truppen hier versammeln.«
»Das spielt Iboga in die Hände. Wenn Sie den Palast verteidigen, und nicht das Gefängnis, werden seine Offiziere entkommen und die Armee gegen Sie aufhetzen.«
»Sie sehen mein Dilemma. Selbst mit Ihrer Hilfe habe ich nicht genug Männer, um Iboga in Schach zu halten.«
»Es ist kein wirkliches Dilemma. Sie müssen das Gefängnis nur lange genug verteidigen, damit ich Iboga ausschalten kann.«
»Nein. Ich kann nicht zum Gefängnis gehen.«
»Warum nicht?«
»Ich kann nicht. Ich tue es nicht.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Janson.
Ein älterer Mann meldete sich zu Wort. »Präsident Poe hat in diesem Gefängnis viel erdulden müssen. Mehr, als Sie sich vorstellen können.«
»Ich kann es mir vorstellen«, erwiderte Janson.
»Dann verstehen Sie sicher, dass jeder Mensch seine Grenzen hat«, sagte Poe. »Das ist meine Grenze. Ich kann dort nicht hingehen. Ich werde hier im Präsidentenpalast kämpfen.«
»Hier werden Sie sterben«, beharrte Janson.
»Wenn es sein muss. Ich fürchte mich nicht vor dem Tod.«
»Damit helfen Sie Ihrem Land aber nicht, Mr. President.«
Jessica Kincaid, die in der Tür zugehört hatte, trat ins Büro. »Fliegen Sie doch nach Lissabon oder London, während wir das Gefängnis verteidigen und Iboga jagen.«
»Gute Idee«, stimmte Janson zu.
»Nein«, beharrte Poe.
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