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Das Janusprojekt

Das Janusprojekt

Titel: Das Janusprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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«Wirklich.»
    «Hören Sie, lieber Freund, es geht um Geld. Eine Menge Geld. Frau Warzok hat mich engagiert, damit ich ihr in den Besitz einer Erbschaft verhelfe. Und sie hat mir dafür eine hohe Erfolgsprämie ausgesetzt. Die kann ich aber nicht kassieren, wenn ich sie nicht erreichen kann. Ich gebe Ihnen zehn Prozent von dem, was ich kriege, wenn Sie mir mit ein paar Informationen weiterhelfen. Zum Beispiel –»
    «Leben Sie wohl», sagte die Stimme. «Und, bitte, rufen Sie nicht wieder an.»
    Er legte auf. Also rief ich wieder an. Was blieb mir anderes übrig? Aber diesmal nahm gar niemand ab. Und beim nächsten Versuch erklärte mir die Vermittlung, die Nummer sei nicht erreichbar. Also saß ich jetzt in der Tinte, ohne Ersatzhose.
    Ich erwog gerade die Möglichkeit, dass Britta Warzok mir Sand in die Augen gestreut hatte und jetzt eine Fremde irgendwo in der weiten Welt war, über die ich gar nichts wusste, als plötzlich ein weiterer Fremder aus dem Bad kam. Er saß in Grüns Rollstuhl, den wie üblich Engelbertina schob, aber verwirrt, wie ich durch mein Telefonat mit Wallace Beery und seinem Kompagnon war, brauchte ich ein paar Sekunden, um zu erkennen, dass dieser Fremde Erich Grün war.
    «Na, was meinen Sie?», fragte er und strich sich das nunmehr glattrasierte Kinn.
    «Sie haben Ihren Bart abgenommen», sagte ich dümmlich.
    «Engelbertina hat es getan», sagte er. «Wie finden Sie es?»
    «Ohne sehen Sie viel besser aus», sagte Engelbertina.
    «Was Sie meinen, weiß ich», sagte er. «Ich habe Bernie gefragt.»
    Ich zuckte die Achseln. «Ohne sehen Sie viel besser aus», sagte ich.
    «Jünger», setzte sie hinzu. «Jünger und besser.»
    «Das sagen Sie nur so», sagte er.
    «Nein, wirklich», sagte sie. «Stimmt’s, Bernie?»
    Ich nickte und studierte sein Gesicht jetzt genauer. Es kam mir irgendwie bekannt vor. Die Boxernase, das trotzig vorgeschobene Kinn, der harte Mund, die glatte Stirn. «Jünger? Doch, ich glaube schon. Aber da ist noch irgendwas anderes.» Ich schüttelte den Kopf. «Ich weiß nicht. Vielleicht hatten Sie ja recht, Erich. Als Sie meinten, wir seien uns schon mal irgendwo begegnet. Jetzt, wo Sie diesen Gesichtsschutz los sind, kommen Sie mir auch irgendwie bekannt vor.»
    «Wirklich?» Jetzt klang er vage. Als ob er sich selbst nicht sicher wäre.
    Engelbertina schnalzte tadelnd mit der Zunge. «Sehen Sie es denn nicht? Sie sind ja wirklich beide vernagelt. Es ist doch wohl offensichtlich. Sie sehen einander ähnlich. Ja, genau, wie Brüder.»
    Wir sahen uns an, Grün und ich, und wussten sofort, dass sie recht hatte. Wir sahen uns sehr ähnlich. Aber sie holte trotzdem einen Handspiegel und zwang uns, die Köpfe zusammenzustecken und unser Spiegelbild zu mustern. «Daran erinnert es Sie, wenn Sie sich gegenseitig ansehen», sagte sie fast schon triumphierend. «Jeden an sich selbst.»
    «Ich wollte immer schon einen älteren Bruder», sagte Grün.
    «Wieso älter?», fragte ich.
    «Na ja, stimmt doch», insistierte er. «Sie sehen aus wie ich in Älter. Ein bisschen grauer und abgenutzter. Verbissener auf jeden Fall. Vielleicht ein bisschen gröber in den Konturen. Und ich finde, Sie sehen weniger intelligent aus als ich. Oder vielleicht auch nur ein bisschen verwirrt. Als wüssten Sie nicht, wo Sie Ihren Hut gelassen haben.»
    «‹Größer› haben Sie vergessen», sagte ich. «Etwa einen Dreiviertelmeter.»
    Er musterte mich, grinste und zündete sich seine Pfeife an. «Nein, bei genauerem Hinsehen meine ich wirklich weniger intelligent. Vielleicht sogar ein bisschen dumm. Der dumme Detektiv.»
    Ich dachte an Britta Warzok. Es ergab einfach keinen Sinn, mich zu engagieren, wenn sie auch nur geahnt hätte, dass Pater Gotovina zum Netzwerk der alten Kameraden gehörte. Es sei denn, sie hatte es schon die ganze Zeit gewusst, und ich war einfach zu dumm, um zu durchschauen, was sie bezweckte. Was ich mir in der Tat nicht vorstellen konnte. Der dumme Detektiv. Das klang hübsch. Als könnte es stimmen.

25
    Am nächsten Tag erschien Heinrich Henkell zu seinem Wochenendaufenthalt und erklärte, er wolle gleich ins Labor weiterfahren. Grün war im Bett geblieben, weil es ihm nicht so gutging. Also bot Henkell an, mich mitzunehmen.
    «Außerdem haben Sie ja auch noch gar nichts von Garmisch-Partenkirchen gesehen, oder?»
    «Nein, bis jetzt noch nicht.»
    «Also, dann müssen Sie unbedingt mitfahren. Es wird Ihnen guttun, mal hier herauszukommen.»
    Wir kutschierten langsam den

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