Das Jesus Sakrileg - das Tagebuch der Maria Magdalena 1
dass nur noch eine ganz geringe Anzahl von Mitgliedern dieses Rates in Joshua den Erlöser oder einen Propheten sahen. Vor allem gab ihm zu denken, dass Kaiphas sich zurückhielt. Josef pflegt großes Misstrauen gegenüber Kaiphas. I ch m uss dir gestehen, liebes Tagebuch, das ich wie Josef denke. Daher kannst du dir auch vorstellen, dass ich jedes Mal fast vor Angst gestorben bin , als Joshua alleine in den Tempel ging u nd dass ich erst, als ich ihn abends wieder sah erleichtert aufatmete .
Ja, die Nerven einer liebenden Frau können manchmal bis ins Unerträgliche strapaziert werden a ber habe ich eine Wahl?
Ich liebe diese Stadt. Ich glaube auf der ganzen Welt gibt es keine Stadt wie Jerusalem u nd keine Stadt ist Gott näher als Jerusalem. Ich kann sehr gut verstehen, warum Gott Jerusalem sein Erden Eden nennt.
Ich wünschte, ich könnte so unbefangen wie Joshua die Menschen sehen a ber das tue ich nicht. U nerträgliche Sorgen treiben mich. Joshua hat Blinde sehend gemacht, Krüppel gehend, Aussätzige gesund und gar Tote auferstehen lassen, aber dennoch zweifeln sie immer noch, wenn er nicht immer wieder neue Wunder an ihnen vollbringt. M anch einer würde ihn lieber am Kreuz sehen, als sich über seine Liebe zu freuen.
Was, liebes Tagebuch, m uss denn noch geschehen , damit sie begreifen, dass er der Messias ist? Sind Wunder in der heutigen Zeit so unvorstellbar geworden, dass man sie, wenn sie geschehen, nicht wahr haben will?
Ach, ich weiß nicht. Normalerweise ist die engste Gefolgschaft von Joshua, vor allem seine achtzehn Jünger, abends immer beisammen. Doch mir ist aufgefallen, dass drei von ihnen unsere Runde verließen und erst am frühen Morgen wieder kamen.
Ich weiß nicht, ob ich die einzige bin, die das bemerkt hat aber es hat sie noch keiner gefragt. Ich wollte die gute Stimmung unter uns nicht zerstören.
Ein stiller Schleier der Trauer liegt über Jerusalem. Fast könnte man meinen, dass Jerusalem, sobald die Nacht den hektischen Tag ablöst, still und leise weint.
Aber warum?
Ich hatte mir jedenfalls vorgenommen, den drei Jüngern unauffällig zu folgen.
An diesem Abend war Joshua noch nicht da, als die drei wieder unser Beisammensein unauffällig verließen. Ich ließ ihnen einen kurzen Vorsprung und folgte ihnen. Ihr Weg führte aus Jerusalem hinaus. Vor einem kleinen Garten nahe dem Ölberg hatte ich ihre Spur verloren, als ich plötzlich eine Stimme vernahm.
„Wen suchst du, Maria?“, sagte die Stimme.
Ich erschrak und drehte mich um. Es war Joshua . Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, daher schwieg ich. Joshua schaute mich mit sorgenvoller Miene an und sagte: „Lass sie gehen.“
„Verzeih aber ich dachte …“
„Sie erfüllen nur meines Vaters Prophezeiung, damit geschehe, was geschrieben steht“, sagte Joshua und ich sah die Tränen in seinen Augen. Tränen, die mir sagten: „Es tut mir Leid, Maria.“ Die mir aber auch sagten: „Ich habe keine Wahl.“
Als ich Joshua so weinen sah, wusste ich liebes Tagebuch, dass es wohl kein glückliches Ende mit uns beiden nehmen würde. Meine ganzen Emotionen brachen über mich herein und ich musste losschluchzen. Joshua schaute mich mitfühlend an und nahm mich in seine Arme.
„Was tun sie? Ich hasse sie“, schluchzte ich voller Verzweiflung.
„Sag so was nicht, Maria. Sie wissen nicht, dass ihr Handeln den Menschensohn zum Kreuz führt.“
„Wie können sie denken, dass sie etwas Gutes tun, wenn es dich tötet? Wie kann das G ut sein?“
„Es ist dem Menschensohn bestimmt, das Leid aller auf seine Schultern zu nehmen, damit ein Anfang ohne Sünden anstehe. Oh Jerusalem, nun heißt es bald Abschied nehmen. Stadt, der ich mein Herz mit Freuden schenk e . Wie gerne w ürde ich noch ein Weilchen in deinem Glanze spazieren ge hen , Oh Jerusalem. Tötest die, die dich am meisten lieben.“
„Ich will nicht, dass du stirbst. Hörst du, ich will das nicht! Wer denkt an mich?“
„Ich werde nicht sterben Maria. Das solltest du wissen. Ich werde zurückkehren in meines Vaters H aus.“
„Und ich, was wird aus mir? Wie kann ich ohne dich leben? Ich will dann auch lieber sterben. Nimm mich mit, Joshua. Ich will dir folgen. Ich will auch alles tun, was Gott verlangt aber nimm mich mit. Das Leben hier würde für mich nur noch Qual bedeuten. Es wäre kein Leben mehr. Bitte nimm mich mit. Bitte!“
Joshua schaute mich lange an und sagte nichts.
„Maria, deine Zeit ist noch nicht gekommen a ber du wirst im Hause
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