Das Jesus Sakrileg - das Tagebuch der Maria Magdalena 1
meines Vaters zu meiner Rechten sitzen“, sagte er und gab mir einen kleinen Kuss. Es war vielleicht nur ein Küsschen. Einen Kuss, wie man ihn seinem Geschwisterchen gibt oder seiner Mutter. E s durchzog jedoch meinen ganzen Körper. Mir wurde ganz warm. Unsere Lippen hatten sich berührt. Ich hatte noch nie zuvor solch ein Gefühl der Vollkommenheit erlebt. Mir war, als würde ich fliegen u nd ich schwor, dass niemals ein anderer Mann meine Lippen berühren sollte.
Ich war wieder einmal der Ohnmacht nahe.
Ich weiß nicht, ob ich mich irrte aber ich hatte das Gefühl, dass Joshua mich auch gerne geküsst h at aber er wirkte ein wenig ver unsicher t . Fast, als hätte er etwas getan, was er nicht tun durfte. Schließlich ist er Gottes s ohn und ich bin nur eine kleine Frau.
Es ist nicht mehr so, dass ich die Aristokratin bin und er der arme Wanderprediger.
Vielleicht bildete ich es mir auch nur ein. Weil ich Angst hatte, dass ihm der Kuss nicht gefallen ha t . Schließlich war er sehr kurz , w enn der Kuss schön ist, will man dann nicht noch mehr küssen?
Also ich hätte dies am liebsten den ganzen Abend getan, so glücklich fühlte ich mich trotz der schlechten Nachrichten a ber ich unternahm keinen weiteren Versuch. „Komm Maria, lass uns zu den anderen gehen.“
S o gingen wir schweigend zurück.
Der nächste Tag war sehr merkwürdig. Ich hatte den ganzen Tag die drei Jünger nicht gesehen. Alle tuschelten, wo die denn seien. Ob ihnen etwas zugestoßen sei. Nur Joshua verhielt sich unverändert. Er sprach zu der Menge und betete danach im Tempel. Uns bat er am Abend, ihn am Garten Getsemani zu treffen, welcher am Fuße des Ölbergs liegt.
Joshuas Mutter machte diesen Tag einen ganz bedrückten Eindruck. Als ich auf sie zuging und sie merkte, dass ich sie am Arm halten wollte, drehte sie sich weg und entfernte sich. Ich sah ihre Augen vom Wasser der Tränen schimmern.
Ich wäre ihr gerne gefolgt aber ich unterließ es. Wusste sie etwas?
Ich glaube, liebes Tagebuch, eine Mutter ahnt, wenn Gefahr auf ihr Kind zukommt. Also waren es wir zwei, die befürchteten, dass bald etwas Schlimmes passieren würde. Wie gerne hätte ich Maria in die Arme genommen! Aber ich konnte gut verstehen, dass sie alleine sein wollte.
Am Abend versammelten wir uns alle, wie von Joshua gewünscht im Garten Getsemani. Mir fiel auf, dass die drei, denen ich gestern gefolgt war , noch immer nicht unter uns weilten .
Wir saßen alle beisammen und diskutierten, welchen Grund dieses Treffen haben mochte.
Dann erschien Joshua.
Trotz eines sternenklaren Himmels war es ziemlich dunkel aber wir alle konnten Joshua in seinem weißen Gewand sehen, als wäre es Tag. Ein weißer Schimmer umgab ihn.
„Ein letztes Mal, habe euch um mich versammelt, meine Apostel, um euch aufzutragen, was nach mir wird.“
Die Menge wurde still. Wir spürten alle, dass hier etwas Wichtiges den Anfang nahm.
„Es bleibt dem Menschensohn nicht mehr viel Zeit, um mit euch die menschlichen Freuden zu teilen. “
„Du machst mir Angst, Meister. Sprich nicht so“, sagte Judas.
Und ich konnte in dessen Gesicht wirkliche Angst sehen. Ich glaube, der Ärmste hat in all der Zeit nicht begriffen, welches Schicksal für Joshua bestimmt ist oder er wollte es nicht wahrhaben. Seine Liebe war aufrichtig und aus voller Überzeugung.
„Deswegen habe ich euch hier versammelt, damit ihr nicht fürchtet, was kommen wird. Denn die Schrift wird bald Erfüllung finden.“
„Ist dein Leben in Gefahr, Meister, will dir jemand böses tun? Ich werde mich ihnen entgegenstellen“, sagte Jakobus.
„Jakobus, Jakobus, dein jugendlicher Eifer ehrt m ich u nd deine Liebe zu mir lässt das kommende erträglicher werden. Doch ich sage dir, wer das Schwert hebt meines Lebens wegen, der wird nicht meines Vaters P aradies sehen. Denn wie kann ich predigen, liebet eure Feinde, wenn ich um eure Fäuste b itte. Nein, vergrabt eure Dolche, und lasst die Angst aus euren Herzen. Den eingeschlagenen Weg m uss der Gottessohn alleine gehen.“
„Lass uns nicht im Ungewissen, Meister. Was weißt du, was du uns verschweigst? Will man dich töten? Wollen dies die Pharisäer oder sind es die Römer?“
„Er wird verraten werden durch die, die er am meisten liebt, so steht es geschrieben“, sagte Joshua und augenblicklich trat eine beklemmende Stille ein und als wäre der Satz ein Vorwurf, der jedem galt, sagte einer nach dem anderen, dass er Joshua niemals verraten würde, eher würden
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