Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
stand leer im letzten noch nicht demontierten Spülbecken, zusammen mit einem Kaffeefilter voller aufgebrühtem Kaffee. Einer der beiden faßte den Kaffeefilter an. Er war noch warm, und natürlich feucht. Unter dem Spültisch lag auch niemand versteckt, und auch nicht unter der Ausgabetheke.
    Sie schoben ihre Pistolen zurück in ihre Schulterhalfter und gingen wieder hinaus, kopfschüttelnd.
    Einer von ihnen deutete auf den Parkplatz. Dort standen noch drei Fahrzeuge: ein dunkelgrüner Pickup, ein staubgrauer Chevy und ein blauer Fiat. Der blaue Fiat, das wußten sie, gehörte dem, den sie suchten.
    Sie gaben dem mit der Maschinenpistole ein Zeichen, daß sie den Parkplatz absuchen würden. Der winkte sein Einverständnis und stieg seinerseits langsam wieder hügelaufwärts, zu den restlichen Zelten. Auch wenn die meisten inzwischen leerstanden, waren es immer noch genug, um sich darin versteckt zu halten.
    Dann sah er das Mädchen.
    Weit draußen bei den Ausgrabungsfeldern, jenseits der Zeltstadt. Er wußte nicht, wie sie hieß, aber er hatte sie öfter mit diesem Stephen Foxx zusammen gesehen. Jetzt stieg sie gerade in eine der Ausschachtungen hinab.
    Die Italiener hatten sie also in die Irre führen sollen.
    Er riß die Signalpfeife aus der Hemdtasche und blies.
    »Hey!«winkte er seinen Kameraden zu.»Ich hab’ sie! Dort!«
    Chantal Guignard hatte lange für diese Reise gespart. Kurz vor ihrem achtundzwanzigsten Geburtstag in diesem Frühjahr hatte sie ihr Studium beendet, und der weitere Plan sah vor, nach diesem Sommer ihren langjährigen Freund zu heiraten, mit ihm zusammen Paris zu verlassen und in Aix-en-Provence eine Stelle als Lehrerin für Geschichte, Latein und Religion anzutreten. Den Sommer über in Israel bei einer Ausgrabung zu arbeiten, sich diesen langgehegten Traum zu erfüllen, das war auch so etwas gewesen wie ein Atemholen, bevor ihr Leben in ganz neue Bahnen gleiten würde, noch einmal ein Abstandfinden, Abstand von zu Hause, von Pierre, von allem. Eine Zäsur. Etwas, von dem sie lange zehren, von dem sie erzählen und an das sie denken konnte. Vielleicht würde sie bald Kinder haben und für lange Zeit angebunden sein. Es war ihr wichtig gewesen, vorher noch etwas ganz für sich allein zu unternehmen.
    Und nun hörte es mittendrin auf.
    Sie stieg die hölzerne Leiter hinab, fuhr mit den Fingern über die uralten Steine, roch den Geruch von Staub und trokkener Erde, lauschte auf die Stille der Jahrtausende, die hier begraben lagen. Hier, in diesem Schnitt, hatte sie gearbeitet. Hatte Geröll und Schutt in großen Körben hinausgetragen, hatte Münzen, Knochen, Keramikscherben geborgen. Die Geschichte anfassen können.
    Und morgen um diese Zeit würde sie im Flugzeug nach Hause sitzen.
    Badeurlaub in Tel Aviv? Das war es nicht, was sie gewollt hatte. Abgesehen davon, daß sie es sich nicht hätte leisten können.
    Sie horchte auf, als sie über sich rasche Schritte hörte, begleitet von einem mehrstimmigen Keuchen, rasch näherkommend. Es kam ihr zu Bewußtsein, daß sie hier draußen ganz allein war, daß niemand sehen oder hören würde, was hier geschah. Nein, dachte sie. Das darf nicht geschehen. Es darf nicht so enden.
    Als die drei Männer am Rand der Grube erschienen, Pistolen und Maschinengewehre in der Hand, schrie sie.
    Stephen Foxx stieß die Tür des Kühlschranks, in dem er sich versteckt gehalten hatte, auf und rang nach Luft. Er hätte es keinen Augenblick länger darin ausgehalten. Mit wackligen Beinen stieg er heraus, bemüht, nicht mehr Geräusche als unbedingt nötig zu erzeugen, und öffnete die Klappe des Kühlschranks daneben, aus dem ihm Judith mit kreidebleichem Gesicht entgegensah.
    »Das mach’ ich nie wieder!«schwor sie ihm.»Das ist ja wie in einem Sarg!«
    »Es hat funktioniert«, meinte Stephen und half ihr heraus.»Ich kann es fast nicht glauben. Die sind zwischen all diesen Kühlschränken herumgelaufen und nicht auf die Idee gekommen, hineinzuschauen.«Die Macht der Gewohnheit. Sie hatten nicht daran gedacht, daß die Kühlschränke abgeschaltet und leergeräumt waren.
    »Ja«, keuchte Judith bebend.»Da gehört schon was dazu, auf eine so hirnverbrannte Idee zu kommen. Sag mal, was suchst du da eigentlich?«
    Die Frage galt Stephen, der hektisch die Schubladen der Theke aufzog und wieder zuschob. In einem der Kartons wurde er schließlich fündig.»Das hier!«verkündete er und hielt ein großes Fleischmesser in die Höhe.»Und jetzt los.«
    Sie rannten zum

Weitere Kostenlose Bücher