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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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hatte. Aber auch diese Dokumente waren im Grunde entbehrlich. Das Angebot lag vor, und die Kalkulation dahinter würde er auch noch einmal aus dem Gedächtnis zustande bekommen. Trotzdem schade darum — es war ein zuverlässiges, solides Teil gewesen, das, wie in der überaus schnellebigen Computerindustrie üblich, in dieser Bauart längst nicht mehr hergestellt wurde.
    »Wieviel kostet denn so was?«wollte Judith wissen.
    »Wenn ich mir ein vergleichbares Gerät beschaffen muß… um die achttausend Dollar, schätze ich.«
    »Viel Geld. Verglichen mit meinem Kamm, meine ich.«
    »Ja. Und vier Wochen Arbeit, bis alles wieder so eingerichtet ist, daß ich damit arbeiten kann.«Stephens Gedanken kreisten immer noch um den Laptop, aber aus einem anderen Grund als dem, den Verlust eines teuren Besitzes nicht verwinden zu können. Im Grunde seit sie über winzige Pfade und staubige Strassen querfeldein gerumpelt waren, bis sie durch unglaubliche Dörfer hindurch und an halsbrecherischen Stellen vorbei wieder eine größere, nach Jerusalem führende Straße erreicht hatten, versuchte er sich in allen Einzelheiten an den Inhalt seiner Festplatte zu erinnern, beschäftigte ihn die eine Frage: Was verrieten die Dateien darauf ihren Verfolgern?
    Sie würden seine komplette Adressendatei vorfinden und die gesamte Korrespondenz mit seinen wichtigsten Kunden. Schlimm genug, aber für das, worum es hier ging, ohne Belang. Sie würden sein elektronisches Tagebuch finden, das er leichtsinnigerweise unverschlüsselt gelassen hatte, geschützt nur durch ein simples Zugriffspaßwort, das zu umgehen einem einigermaßen gewieften Computerspezialisten keine grundsätzlichen Probleme bereiten würde. Das war schon gravierender. Allerdings würden sie daraus vor allem entnehmen können, daß, wann und warum er scharf auf Judith Menez gewesen war. Peinlich, aber wohl kaum belastend. Was ihm nun zugute kam, war, daß seine Tagebuchaufzeichnungen sich seit jeher dadurch auszeichneten, immer dann äußerst mager auszufallen, wenn etwas wirklich Berichtens-wertes in seinem Leben los war. Weil er in solchen Zeiten nicht zum Tagebuchschreiben kam, ganz einfach. Soweit er sich erinnerte, stammte sein letzter Eintrag von vergangenem Montag, und darin erwähnte er den Fund der Gebrauchsanleitung nur mit einem knappen Satz, um sich danach ganze Absätze lang in Vorfreude zu ergehen auf die erste Verabredung mit Judith, den Ausflug nach Tel Aviv gemeinsam mit ihrem Bruder.
    Dabei fiel ihm ein… Stephen holte sein Handy aus der Tasche und wählte erneut die beiden Telefonnummern, die er von Yehoshuah hatte. Mittlerweile hätte es sich längst bezahlt gemacht, zwei Einträge aus dem randvollen Kurzwahlspeicher seines Mobiltelefons durch diese zu ersetzen.
    Zu Hause meldete sich niemand.
    Und im Museum auch nicht.
    »Du hast keine Ahnung, wo dein Bruder sich sonst um diese Zeit herumtreiben könnte?«
    Judith zuckte mit den Schultern.»Keine Ahnung.«
    »Ich finde das merkwürdig«, meinte Stephen nachdenklich.
    »Ja. Ziemlich seltsam.«
    Stephen starrte einen langen Augenblick lang vor sich hin und hatte dabei das Gefühl, von dem Stimmengewirr um sie herum durchflutet zu werden.»Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.«
    »Ach ja?«
    »Wir haben noch einen winzigen Vorsprung. Den müssen wir nutzen.«
    »Klingt gut. Wenn ich nur verstehen würde, was du damit meinst.«
    Es war einer dieser Momente, in denen Gedanken, die schon eine ganze Weile wie diffuser Rauch durch den Geist getrieben waren, sich zu handfesten, greifbaren Einsichten verdichteten.»Gestern abend war ich benommen von den Lösungsmitteln, die dein Bruder so reichlich verwendet hat, vom Schlafmangel, der Hitze, den ganzen Anstrengungen«, erklärte Stephen,»und heute morgen auch noch, fast den ganzen Tag. Darum hat es so lange gedauert, bis ich darauf gekommen bin, was hier faul ist.«
    Judith riß die Augen auf. Große, dunkle Augen. Wie zwei unergründlich tiefe Brunnenschächte.»Du willst auf irgend etwas hinaus«, sagte sie.
    »Yehoshuah hat uns gesagt, daß auf dem zweiten Blatt des Briefes nichts zu erkennen sei«, erklärte Stephen und setzte grimmig hinzu:»Aber er hat es uns nicht gezeigt!«
    Yehoshuah erwachte und fand sich zusammengerollt auf dem kalten Steinfußboden der Toilette liegend, die Kloschüssel noch in den Armen und mit einem widerlichen Nachgeschmack im Mund. Von den gekachelten Wänden fiel bleiches Neonlicht auf ihn herab, sein Kopf schmerzte, und es war so

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