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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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was entfernt nach Straße ausgesehen hätte. Unmöglich.
    Judith sah ihn an. Sie sah erschöpft aus, zu Tode erschöpft.»Geht dein Telefon wirklich nicht mehr?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Sie seufzte und sah wieder geradeaus.»Wenn man’s einmal wirklich brauchen könnte…«
    Sie saßen. Die Sonne stieg höher, verkleinerte den Schatten. Es schien unmöglich, sich jemals wieder von hier zu erheben. Sie würden sitzenbleiben, bis die Sonne über das Wagendach kam, um sie zu grillen. Stephen holte den Stoffbeutel mit der Kamera heraus, nahm die Kamera heraus, die so seltsam klein war, kaum größer als ein Notizbuch, und so leicht, und wog sie in der Hand.
    »Glaubst du, das ist wirklich alles wahr?«fragte Judith, die ihn beobachtet hatte.
    »Wie meinst du das?«
    »Sie sieht so neu aus.«
    Stephen drehte sie in seinen Händen.»Ist sie ja auch. Eigentlich gibt es sie überhaupt noch nicht.«
    »Und wenn wir hier heil herauskommen und sie nach Japan bringen, was geschieht dann?«
    »Keine Ahnung.«Das konnte einem den Schädel sprengen, darüber nachzudenken.»Sie würden sie auseinandernehmen, herausfinden, wie sie funktioniert, und dann nachbauen. Das machen die Japaner doch immer so.«
    »Und wer hat sie dann erfunden?«
    Stephen wollte antworten, aber seine trägen, verdurstenden Gedanken verknoteten sich und kamen zum Stillstand. Keine Antwort. Es gab keine Antwort. Zu viele Wenn und Aber. Eine Gleichung mit überzähligen Unbekannten.
    Aber wenn man die Wenns und die Abers wegließ…
    »Gute Frage«, würgte er hervor. Er sah die Kamera an in seinen Händen. Wenn alles wahr war, wenn dieses Gerät wirklich durch die Zeit gereist war und eigentlich aus einer Zukunft stammte, die noch drei oder vier Jahre entfernt war wenn man alles, was geschehen war, als unabänderlich betrachtete…
    … dann hieße das, daß sie etwas über die Zukunft wußten. Etwas, das ihm Angst machte. Etwas, das unabwendbar geschehen würde.
    Judith sprach es aus.»Die einzige Antwort ist, daß es nicht geschehen wird«, überlegte sie, dachte Schritt für Schritt unbefangen vor sich hin, wie jemand, der neugierig einen Weg entlangspaziert, immer wissen will, wie es hinter der nächsten Ecke aussieht, und nicht weit genug voraussehen kann, um zu ahnen, wo der Weg enden würde.»Die Möglichkeit besteht überhaupt nicht. Egal, ob wir denken, daß es geschehen könnte. Die Kamera wird nicht nach Japan gelangen. Das heißt…«Jetzt sah sie es. Ihre Augen wurden unnatürlich groß.
    »Ja«, sagte Stephen nur.
    Das war es also, was man Schicksal nannte. Er hielt es in der Hand. Mit müden Bewegungen stopfte er das kleine Gerät, dessen Plastikverkleidung so neu aussah, in den Beutel zurück, zwischen die wattigen Flocken.
    »Laß uns weitergehen.«
    Der Durst wurde mörderisch. Erbarmungsloses Verlangen nach Wasser, nach Flüssigkeit brannte in jeder Zelle des Körpers. Oder wenn er Batterien finden würde. Er wußte nicht genau, wieso, aber das würde das Verlangen auch stillen.
    Die Beine bewegten sich von alleine. Die Lunge arbeitete wie ein Blasebalg. Die ganze Welt war längst versunken, es gab nur noch dieses flache, steinige Stück unmittelbar vor ihm.
    Es würde nicht mehr lange gehen. Sie waren gezeichnet. Er hatte vergessen warum, aber ihr Schicksal stand unabänderlich fest. Sengende Todesfinger griffen schon nach ihnen, dörrten den letzten Tropfen Leben aus ihnen heraus. Sie schwitzten längst nicht mehr.
    Ein Gedanke tauchte in ihm auf, seltsam drängend und zusammenhanglos.
    »Wir hätten miteinander schlafen sollen«, sagte er.
    »Was?«schreckte Judith hoch.
    »Wenn wir hier sterben, wird es mir leid tun, daß wir nicht miteinander geschlafen haben.«Das mußte noch gesagt werden.
    Sie sah ihn an mit einem Blick, in dem Verletztheit schimmerte.»Ist das alles, was du im Leben willst von einer Frau?«
    Da hatte er etwas, worüber er nachdenken mußte die nächsten hundert oder tausend Kilometer.
    Dann war da plötzlich diese hohe Gestalt vor ihnen. Ein Mann auf einem Kamel. Ein Beduine, der aus rätselhaften Augen auf sie herabblickte. Stephen starrte ihn an, während Judith sprach. Er hörte nur das Wort»Sinai«heraus.
    Der Wüstensohn nickte gelassen und wies mit einer Hand in eine ganz andere Richtung als die, in die sie marschiert waren.
    Judith fragte etwas anderes, nach Wasser vielleicht. Aber der Mann neigte bedauernd den Kopf. Er hatte kein Wasser, oder vielleicht wollte er ihnen einfach keines geben. Er hatte

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