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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sein Kamel, das ihn an sein Ziel bringen würde, ehe Durst ein Problem werden konnte.
    »Salaam aleikum«, verabschiedete er sich schließlich, als passiere ihm das ständig, daß er verirrte Wanderer in der Wüste traf, und setzte, ehe er nach den Zügeln seines Kamels griff, wieder den dünnen Metallbügel eines Kopfhörers auf, der während der Unterhaltung lose um seinen Hals gelegen hatte.
    »Da!«entfuhr es Stephen. Er zeigte auf den Kopfhörer»Was ist das?«
    Der Beduine sah ihn irritiert an, nahm die Kopfhörer wieder ab. Er warf Judith einen fragenden Blick zu. Die sagte etwas, worauf er unter seinem Burnus einen silberglänzenden Cassettenrecorder hervorholte und ihn Stephen zeigte.»SONY Walkman«, sagte er dazu mit näselndem arabischem Akzent.
    »Ein Walkman!«krächzte Stephen.»Ein original SONY
    Walkman!«Ein irrsinniges, gackerndes Lachen brach aus ihm heraus, beutelte ihn, schien seinen verschmachteten Körper zerbrechen zu wollen.
    »Stephen!«mahnte Judith.»Was soll das?«
    Der stolze Sohn der Wüste, sichtlich indigniert über Stephens Lachkrampf, schob das Gerät mit steinernem Gesicht wieder zurück unter den hellen, weiten Umhang.
    »Nein, halt!«rief Stephen und streckte die Hand aus.»Entschuldigen Sie. Es tut mir leid. Judith, bitte sag ihm, daß es mir leid tut. Frag ihn, ob ich die Batterien haben kann. Bitte!«
    »Was willst du denn mit den Batterien?«
    Das wußte er auch nicht so genau. Batterien waren irgendwie wichtig. Und ein SONY Walkman war irgendwie witzig. Als Kind hatte er sich immer einen gewünscht, aber nie bekommen. Von seinem ersten selbstverdienten Geld hatte er sich schließlich einen gekauft, genau so einen.
    Aber wann und wo war das gewesen? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Nur, daß er die Batterien brauchte.
    »Frag ihn!«
    Sie sagte etwas auf Arabisch. Er hatte nicht gewußt, daß sie Arabisch sprach. Er wußte so vieles nicht über sie, und jetzt war es zu spät.
    Der Beduine musterte ihn von oben bis unten und schüttelte dann kurz den Kopf. Mit seiner stolzen Hakennase sah er aus wie eine mythologische Figur, und aus seinen Augen sprach kalte Ablehnung.
    Stephen griff in seine Hosentaschen, fand einen zusammengeknüllten Geldschein, einen Fünfzigdollarschein sogar, faltete ihn hastig auseinander und streckte ihn dem Beduinen hin.»Die Batterien, bitte! Ich zahle fünfzig Dollar!«
    »Stephen, was soll das? Du fängst doch überhaupt nichts an mit den paar Batterien. Du machst dich nur lächerlich…«
    »Fünfzig Dollar!«wiederholte Stephen hartnäckig.»Nur die Batterien!«
    Der Araber faltete die Hände auf dem Knauf seines Sattels, die Zügel griffbereit haltend, und sagte etwas zu Judith. Das Kamel betrachtete derweil die beiden Wanderer mit stumpfer Gleichgültigkeit.
    »Was sagt er?«
    »Er sagt, wenn dir die Batterien fünfzig Dollar wert sind, dann sind sie dir sicher auch hundert Dollar wert.«
    »Na klar!«rief Stephen und faßte sich wieder in die Hosentaschen.»Hundert Dollar, ja.«
    Er begann wie wild zu suchen, fand aber nichts mehr. Nichts, nicht eine Münze, geschweige denn einen Schein. Er sah zu dem Beduinen auf, der reglos abwartete.»Tut mir leid, ich habe nicht mehr. Nur fünfzig Dollar.«
    Der Wüstensohn verstand offenbar doch mehr Englisch, als er zunächst zugegeben hatte. Er neigte den Kopf, verzog den Mund zu einem hochmütigen Lächeln und sagte mit leiser Schärfe:»Then have a nice day!«Damit faßte er die Zügel und jagte davon wie ein Sandsturm.
    Stephen sah ihm verständnislos nach. Fünfzig Dollar war doch ein guter Preis für ein paar Batterien, oder?
    Wo blieben die verdammten Hubschrauber? Es war doch nicht zu fassen. Vor ein paar Tagen, als sie noch nichts wußten und noch nichts hatten, hatte jeder ihrer Schritte unter Bewachung gestanden. Und jetzt, als sie alles wußten und alles hatten, suchte man nicht einmal mehr nach ihnen!
    Nichts. So oft er sich auch drehte, der Himmel war klar und leer bis zum Horizont. Und der Boden ringsum flimmerte, als wären sie von Wasser umgeben.
    Judith sagte mit zischender, keuchender Stimme Dinge zu ihm, über ihn, die unfreundlich klangen. Er verstand nicht warum sie das tat. Aber sie erbrach alle diese Worte förmlich, gab sie von sich wie giftigen Ballast, als müsse sie sich davon reinigen und befreien.
    Aber sie war doch all diese Wege mit ihm gegangen. Warum hatte sie das getan? Er verstand nicht, was sie wollte, wurde immer einsilbiger, hörte auf, sich zu verteidigen,

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