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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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teilte ihm mit, daß sie am nächsten Morgen aufzubrechen gedächten, wo eigentlich das Auto sei? Das alles in einem barschen, verächtlichen Tonfall, als spräche er mit seinem begriffsstutzigsten Diener. Und Pater Lukas schluckte hinunter, was er eigentlich sagen wollte, wie er alles hinuntergeschluckt hatte, seit der Mann aus Rom über sie hereingebrochen war, und sagte nur, daß die Werkstatt mitgeteilt habe, der Wagen sei repariert und stehe zur Abholung bereit.
    »Und?«hatte Scarfaro ungehalten gebellt.
    »Entschuldigen Sie, ich verstehe nicht…«
    »Wenn der Wagen fertig ist«, maßregelte Scarfaro ihn,»dann holen Sie ihn ab!«
    Also war er heute morgen extra früh aufgestanden, war mit dem ersten Bus durch die ganze Stadt bis zur Werkstatt gefahren, um dort vor der Tür zu stehen, sobald sie öffnete. Hatte die Rechnung bezahlt, natürlich, und das aus den Spendengeldern, die sie von kleinen Ladenbesitzern und armen Großmüttern einsammelten! Und hatte dann den Wagen durch den erwachenden Berufsverkehr zurückgefahren bis in den Klosterhof.
    Und nun sah er zu, wie die Männer aus Rom ihr weniges Gepäck in den Kofferraum luden, die Sitzplätze verteilten und den Fahrer auslosten, und hoffte, daß er sie alle zusammen niemals wieder sehen würde in seinem Leben.
    So, wie er hoffte, daß er niemals würde erfahren müssen, was in der Tasche gewesen war, die sie mitgebracht hatten. Was hatten sie spät in der Nacht in der Küche zu schaffen gehabt? Seltsame, unheilvolle Geräusche hatten durch das ganze Haus gehallt. Bruder Geoffrey war beunruhigt zu ihm gekommen, hatte es nicht gewagt, nachzusehen. So war er selber gegangen. Als er den Kopf durch die Küchentür gesteckt hatte, hatte er gesehen, wie die Männer Teile aus dieser Tasche nahmen, die wie Bruchstücke eines zertrümmerten Radios aussahen, sie mit Hackmessern und Fleischhämmern bearbeiteten oder mit Salatzangen in die grell aufgedrehten Gasflammen des Herdes hielten, wo sie stinkend zerschmolzen und verbrannten. Es hatte ausgesehen, als seien sie damit beschäftigt, Spuren eines Verbrechens systematisch zu vernichten. Im nächsten Moment war auch schon einer von ihnen aufgestanden, hatte sich breit vor ihn gestellt und ihm unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß er hier nichts zu suchen hatte.
    Das Telefon klingelte. Er wollte es klingeln lassen und seinen Gedanken nachgehen, aber es hörte nicht auf zu klingeln. Also nahm er ab.»Hallo!«
    Er erkannte die Stimme. Es war der Inhaber der Werkstatt. Eine keuchende, schmierige Stimme.»Ja?«fragte er so knapp und abweisend wie möglich. Er hatte den Kerl heute früh ansehen müssen. Das, fand er, war eigentlich genug für einen Tag.
    »Der Wagen, den Sie heute morgen abgeholt haben«, keuchte die Stimme.»Er hat einen Defekt.«
    Dieser blöde, verfressene Kerl, dachte Pater Lukas bei sich. Aber katholisch ist er, ja? Ist ja auch die Hauptsache.»Ich dachte, Sie haben ihn repariert?«fragte er und merkte mit Genugtuung, daß seine Stimme an Schärfe zunahm. Man sollte ihn exkommunizieren.»Oder was genau habe ich heute morgen mit Ihrer Rechnung bezahlt?«
    »Nein… Ja… Er ist repariert, aber jemand hat vergessen, die Sicherungsschellen der Bremsleitungen wieder anzubringen! Ich war gerade in der Werkstatt unten, und da lagen sie…«
    »Die Sicherungsschellen.«
    »Ja. Die Sicherungsschellen.«
    »Und was heißt das?«
    Die Stimme verfiel in einen jammernden Tonfall.»Wie soll ich das erklären… Die Sicherungsschellen müssen verhindern, daß die Leitungen sich von den Anschlüssen lösen verstehen Sie? Wenn es Vibrationen gibt, der Wagen durch ein Schlagloch fährt… Sogar jedesmal, wenn der Fahrer bremst, dehnen sich die Schläuche ein bißchen, lösen sich nach und nach von den Anschlüssen. Der Wagen darf keinen Meter weiterfahren, ehe wir das repariert haben, hören Sie? Ich schicke jemanden, jetzt sofort schicke ich Ihnen jemanden mit den Schellen.«
    Pater Lukas sah aus dem Fenster des Büros. Einer der jungen Männer mit den toten Augen öffnete gerade das Hoftor. Die anderen saßen im Wagen. Der Motor lief.
    »Einen Moment«, sagte Pater Lukas langsam. Er legte die Hand über die Hörmuschel und wartete mit kaltem Herzen. Der Wagen Scarfaros fuhr an, bog langsam aus dem Tor hinaus auf die Straße und kam außer Sicht.
    »Hören Sie?«sagte er dann zu dem Mann am anderen Ende.»Es tut mir leid, aber der Wagen ist schon abgefahren.«
    »O mein Gott. Wissen Sie, wohin er

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