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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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denken.
    »Kommen Sie, Professor!«schüttelte Eisenhardt den Kopf.»Was soll das? Wollen Sie im Ernst behaupten, jemand sei hinter diesem Video hergewesen?«
    »Bitte?«WilfordSmith hob fragend die Augenbrauen.
    »Wer soll dieses Machwerk wollen? Der Vatikan? Daß ich nicht lache. Sie wollen uns mit diesem ganzen Schauspiel doch für dumm verkaufen. So, wie Sie es mit uns schon in Israel und davor wahrscheinlich mit John Kaun getan haben.«
    Stephen sah den Schriftsteller fassungslos an.»Peter? Was reden Sie? Sie haben das Video doch gesehen!«
    »Ja, eben! In meinem ganzen Leben habe ich mir noch nie ein so dilettantisches, blutarmes Schauspiel ansehen müssen. Und das versucht der Professor uns als das Video aus der Vergangenheit anzudrehen? Lachhaft, sage ich. Absolut lachhaft.«
    »Wie können Sie so etwas sagen?«wunderte Stephen sich.»Sie haben diesen Mann gesehen, wie er ging, wie er redete… Wer soll das gewesen sein, wenn nicht der tatsächliche, historische Jesus?«
    »Das soll Jesus Christus gewesen sein? Nie im Leben. Eher bin ich der Kaiser von China.«
    Stephen wollte etwas erwidern, schwieg dann aber konsterniert. Er verstand nicht, was hier vorging. Sein Blick suchte den des Professors.»Professor WilfordSmith, was hat das zu bedeuten? Es kommt mir so vor, als hätten wir zwei verschiedene Videos gesehen.«
    Aus den Augenwinkeln sah er, wie der deutsche Schriftsteller grimmig den Kopf schüttelte.
    Der Professor verschränkte die Hände hinter dem Rücken und nickte bedächtig.»Ja, so wird es wohl gewesen sein. Das ist mir schon öfter begegnet. Es gibt Menschen, die von dem, was in dem Video zu sehen ist, auf eine so tiefe Weise berührt werden, wie sie es sich nie zuvor hätten vorstellen können und andere, die absolut unbeeindruckt bleiben. Ich selbst zähle glücklicherweise zur ersten Kategorie, und Sie, Stephen, ebenfalls, wie mir scheint. Mister Eisenhardt allerdings nicht, fürchte ich.«
    »Heißt das, außer Ihnen und uns haben auch andere das Video gesehen?«
    »Ja. Viele.«
    »Und nun endet es?«
    Eisenhardt erhob sich, beugte sich vor.»Stephen, sehen Sie denn nicht, was hier gespielt wird? Das ist alles ein riesiger Schwindel. Hier soll eine Legende geschaffen werden, und Sie sind das Werkzeug dazu. Professor WilfordSmith gehört einer Sekte an, die hier in Barnford ihren Hauptsitz hat. Ich weiß nicht genau, was mit all dem bezweckt werden soll, aber ich nehme mal an, daß wir gerade eine Neuauflage erleben von dem, was die Mormonen abgezogen haben. Kennen Sie deren Mythologie? Deren Gründer hieß Joseph Smith, und von ihm heißt es, daß ihm ein Engel erschienen sei, der ihm ein Buch aus goldenen Schrifttafeln gab und ihn anwies, den Text ins Englische zu übersetzen, weil er dieses goldene Buch danach wieder mitnehmen mußte. Daraus wurde das Buch Mormon, die Grundlage ihrer Religion. Aber so etwas kann man den Leuten heutzutage natürlich nicht mehr verkaufen. Heute muß es ein Video sein, ein Zeitreisender, eben all der Aberglaube, der heute modern ist.«
    Stephen hörte die Argumente des Schriftstellers, die so logisch und plausibel klangen, aber sie stießen in seinem Inneren auf eine Barriere, die dort existierte, seit er das Video gesehen hatte, und prallten davon ab. In seinem Herzen glomm etwas, das stärker war als alle Argumente.
    »Peter, ich habe diesen Mann gesehen. Egal, was Sie sagen und egal, wer er ist, er hat mich verwandelt. Genau so, wie es der alte Mönch im Negev sagte.«
    »Aber das ist kein Beweis! Wenn ein und derselbe Film den einen überzeugt und den anderen nicht, dann kann die Wirkung nicht in dem Film begründet liegen, sondern nur in dem, der ihn sich ansieht. Leuchtet Ihnen das nicht ein?«»Doch.«
    Eisenhardt schüttelte den Kopf.»Daß wir das nicht eher begriffen haben. Wir hätten vorhersehen können, was passieren würde. Natürlich mußte das angebliche Original verschwinden, denn sonst hätte irgend jemand feststellen können, daß es keine zweitausend Jahre alt ist, sondern nur, was weiß ich, mit einem Sandstrahler bearbeitet oder in der Waschmaschine mitgewaschen worden ist. Und wen könnte man Besseren zum Bösewicht stempeln als die natürliche Feindin aller christlichen Sekten und Splittergruppen, die römisch-katholische Kirche? Das schweißt die Sektenmitglie der zusammen. Ganze Weltreiche lassen sich bauen auf solche Legenden.«
    Schweigen trat ein. Stephen sah von einem zum anderen. Eisenhardt saß auf seinem Stuhl, mit

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