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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Wörterbuch würde er damit nicht viel anfangen können.
    Er wandte sich wieder dem Flipchart zu. Ein ganz neuer, dicker Block besten Papiers war aufgespannt. Filzstifte lagen bereit. Aus alter Gewohnheit probierte er sie alle aus, indem er kleine Striche in eine Ecke malte.
    Zuhause benutzte er auch oft Flipchartpapier, wenn er die Einfälle zu seinen Romanen ausarbeitete, weil es so schön groß war und genug Entfaltungsraum bot, aber zu einem Ständer dafür hatte er es bisher noch nicht gebracht. Er pflegte die Blätter auf die Tür zu kleben oder auf die Fensterscheibe und dann mit einem üblicherweise widerspenstigen Farbstift davorzustehen und nach und nach ein wildes Geflecht von Notizen, Pfeilen, Ideen und Skizzen zu entwickeln. Besonders im Winter war es beinahe schmerzhaft, dies an der Fensterscheibe zu tun; die Kälte kroch durch das Glas und das Papier in die Fingerknöchel, bis sie weh taten, und stoppte so den Strom der Gedanken.
    Er zog sich einen der Stühle heran — ein massiv aussehender Freischwinger aus verchromtem Stahlrohr und schwarzem Leder -, setzte sich darauf und starrte das leere Papier an. Nippte an seinem Kaffee. So machte er es immer. Das leere Papier anstarren und warten, was geschah. Warten, daß sich Leere in seinem Kopf ausbreitete und schließlich neue, frische, unerwartete Gedanken auftauchten, weil sie jetzt endlich Platz hatten dafür.
    Erstaunlich, wie kühl es war. Ihn fröstelte beinahe in seinem dünnen Schlafanzug, trotz des Morgenmantels und des Kaffees.
    Wieso bin ich hier? In dem Augenblick, in dem ihm diese Frage kam, erkannte er, daß sie schon die ganze Zeit dagewesen war, ungestellt, aber fühlbar, alles überschattend, was er getan hatte. Das Gefühl, der richtige Mann am richtigen Platz zu sein, wollte und wollte sich einfach nicht einstellen, so sehr ihm das dieser dynamische Multimillionär auch versucht hatte einzureden und so sehr er sich das auch selbst einzureden versuchte, während er durch diesen luxuriösen Wohnwagen wanderte, luxuriös zumindest im Vergleich zu den Zelten, mit denen die Teilnehmer der Ausgrabung größtenteils vorliebnehmen mußten. Wieso war ausgerechnet er hier, unter all den Menschen, die jemand wie John Kaun hätte rufen können? Wieso er, ein unbedeutender Schriftsteller -und nicht ein ganzes Team von Wissenschaftlern, von Historikern, Geologen, Archäologen, Physikern, eine ganze Herde N obelpreisträger?
    Alles nur aus Gründen der Geheimhaltung? Das konnte nicht der Grund sein. Auch eine ganze Horde von Wissenschaftlern konnte zum Stillschweigen vergattert werden; das Atombombenprojekt der Amerikaner gegen Ende des zweiten Weltkriegs hatte es bewiesen.
    Vielleicht kamen die alle noch? Die Entdeckung der fossilen Gebrauchsanleitung war erst drei Tage her. Der durchschnittliche hochkarätige Wissenschaftler mochte so leicht und schnell nicht abkömmlich sein.
    Peter Eisenhardt spürte den charakteristischen Klick in seinem Kopf, in seinen Gedanken, den er kannte von den Momenten, in denen sich Dinge aus ihrem gewohnten, althergebrachten Zusammenhang lösten und sich in einen neuen, unerwarteten, meistens größeren Zusammenhang neu einordneten.
    John Kaun erwartete überhaupt nicht von ihm, daß er die Frage allein beantwortete! Alles, was er erwartete, war, daß er ihm einen guten Vorschlag machte, wie er zu einer Antwort gelangen konnte. Und dieser Vorschlag mochte durchaus darin bestehen, ihm eine Liste von Wissenschaftlern vorzulegen, die auf dieses bizarre Problem angesetzt werden konnten.
    Ein wohliges, warmes Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus. Es kam nicht vom Kaffee, jedenfalls nicht allein. Es kam daher, daß sich diese veränderte Sicht der Dinge richtig anfühlte. Und vor allem, daß er sich wohl damit fühlen konnte. Vielleicht war er doch der richtige Mann am richtigen Ort, wirklich und wahrhaftig. Und so unglaublich es klingen mochte, John Kaun hatte das eher gewußt als er selber. Eisenhardt glaubte sich zu erinnern, einmal flüchtig in einen Fernsehbericht geschaut zu haben über eben diesen John Kaun, der jetzt im Wohnwagen nebenan schlief, und daß darin die Rede davon gewesen war, daß Kaun ein besonderes Talent dafür habe, die richtigen Mitarbeiter für die richtigen Arbeiten zu finden und sie ihren Anlagen und Talenten entsprechend einzusetzen.
    »Wer bin ich, daß ich mit dem Fernsehen streite?«murmelte er und schmeckte dem Sarkasmus der Worte auf seinen Lippen nach.
    Genau, das war es. Er stand am

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