Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
anscheinend zwei Verfahren zur Anwendung kamen: entweder das Abdrehen auf einer Drehbank aus ungefähr zylindrisch zugehauenen Steinblöcken oder die Meißelung von Hand.
    Prof. Charles WilfordSmith Bericht über die Ausgrabungen bei Bet Hamesh PETER EISENHARDT ERWACHTE abrupt, wälzte sich herum mit dem alarmierenden Gefühl, nicht zu Hause zu sein, sondern in der Fremde, in einem fremden Bett, in einem falschen Bett, sah rotglimmende Digitalziffern, die acht Minuten nach fünf Uhr anzeigten, und da fiel es ihm wieder ein. Richtig. Er war in Israel, in der Wüste, in einem großen Wohnwagen, den er ganz für sich allein hatte. Nebenan, in einem ganz ähnlichen Wohnwagen, schlief ein Multimillionär, der von ihm erwartete, daß er ein verdammt kniffliges Rätsel löste. Und er hatte keine blasse Ahnung, wie er das anstellen sollte.
    Der Schriftsteller setzte sich auf. Aus Erfahrung wußte er, daß es keinen Zweck hatte, noch einmal zu versuchen, einzuschlafen. In fremden Betten erwachte er in der ersten Nacht grundsätzlich um fünf Uhr und schlief nicht wieder ein; das war eine persönliche Marotte, die er hatte, seit er denken konnte. Schon als Kind, zu Besuch bei einer Tante oder Großmutter, war er morgens um fünf aufgewacht, um dann heim lieh die ganze fremde Wohnung zu durchstreifen, dem schweigenden Treiben der Aquariumsfische zuzusehen oder aus dem Fenster auf die Straße zu schauen, den morgendlichen Verkehr zu beobachten, manchmal im Schein von Straßenlampen, die auf die Dämmerung warteten.
    Außerdem war dieses Bett eine Zumutung. Es sah luxuriös aus, und der Preis war sicher auch luxuriös gewesen, aber es war entsetzlich weich: man legte sich hinein und hatte das Gefühl, in einem Berg Watte zu versinken, in eine tiefe Kuhle, die dazu gedacht war, die Rückenmuskulatur zu verspannen und das Rückgrat zu deformieren. Dementsprechend gerädert fühlte er sich auch.
    Es war schon hell. Eisenhardt schob den Sichtschutz vor dem Fenster einen Spalt breit auf, um einen Blick hinauszuwerfen. Nichts rührte sich, soweit er sehen konnte. Man sah nur Steine und Zelte im eigenartig klaren Licht der gerade aufgegangenen Sonne. Und aufmerksam dreinblickende Wachposten an dem weißen Zelt über der ominösen Fundstelle.
    Er stand auf, schlüpfte in Morgenmantel und Hausschuhe und schlurfte hinüber in das, was wohl eine Teeküche sein sollte: kühl, weiß, nüchtern; ungefähr so anheimelnd wie ein Operationssaal. Die eigenartige schwarze Maschine neben der Spüle, der einzige Gegenstand im Raum, der nicht weiß oder verchromt war, war vermutlich ein Kaffeeautomat. Hinter einer der Schranktüren fand er Kaffeetassen, alle einzeln in entsprechende Fassungen gesteckt und so gegen Herausfallen während der Fahrt gesichert. Er stellte eine davon unter die Ausgußtülle, drückte versuchsweise auf die große flache Taste an der Vorderseite, und sofort glühte ein kleines rotes Lämpchen auf wie das Auge eines Drachen, den er aus dem Schlaf geweckt hatte, und im Inneren des Apparats begann es zu surren und zu gluckern. Und es begann, nach Kaffee zu riechen.
    Mit einer Tasse wohltuenden Kaffees in der Hand setzte er seinen Rundgang fort. Da war das Besprechungszimmer. Es beanspruchte die halbe Wagenlänge und bot genug Platz für einen langen weißen Tisch, um den herum mindestens zehn Leute Platz fanden. So viele Stühle standen zumindest darum herum, und sie kamen einander noch nicht in die Quere. Ein Flipchart war aufgestellt, ein Overheadprojektor stand zusammengeklappt an einem Ende des Tischs, und ein großer Filmprojektor am Ende des Raums ließ Eisenhardt Überlegungen darüber anstellen, wofür dieser Wohnwagen, den Kaun ja sicherlich irgendwo in Israel gemietet haben mußte, hauptsächlich eingesetzt werden mochte: für aufwendige Außenaufnahmen bei Filmdreharbeiten? Saß hier normalerweise das Produktionsteam und sichtete die Aufnahmen des Tages? Schliefen normalerweise Regisseure oder Produzenten in seinem Bett? Wenn ja, dann mußte es auffallend viele Regisseure mit Bandscheibenschäden in Israel geben.
    An der dem Filmprojektor gegenüberliegenden Schmalseite gab es Schiebetüren, wahrscheinlich um von vornherein Konflikte mit der Projektionsleinwand zu vermeiden, die aus der Decke herabgelassen werden konnte. Der Schriftsteller lugte neugierig in die Schränke dahinter. Er fand ein Telefon, ansonsten eine Menge Bücher, geschichtliche Nachschlagewerke, allesamt in Englisch. Na ja. Gut gemeint. Aber ohne

Weitere Kostenlose Bücher