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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Stimme.»Meine Großmutter hat das immer gesagt. Und sie hat recht gehabt, wirklich, sie hat recht gehabt…«
    »Jetzt flipp nicht aus«, knurrte Stephen,»okay?«
    George schien ihn nicht zu hören.»Jerusalem — ich bin in Jerusalem, wirklich und wahrhaftig!«
    Stephen wollte gerade ansetzen, ihn mit etwas schärferer Stimme zur Besinnung zu bringen, als er Judiths Hand auf der seinen spürte. Er sah sie überrascht an, und sie lächelte ihn so sanft an, wie sie ihn noch nie angelächelt hatte.»Laß ihn«, meinte sie leise.»Jerusalem berührt jeden. Sogar dich.«
    »Mich? Wie kommst du darauf?«
    Sie lächelte nur. Richtig süß lächelte sie.
    »Nein, ich bin völlig cool. Die Ruhe selbst«, versicherte Stephen ihr.»Wirklich, ich bin der Ungläubigste der Ungläubigen. Ich könnte den Atheismus erfunden haben.«
    »Schon gut. Vorne an der Ampel links.«
    Auch an diesem Abend versammelten sie sich wieder in Kauns Wohnwagen. Der Neuankömmling saß groß und breit in seinem Sessel wie ein hünenhafter Buddha, die fleischigen Hände über einem voluminösen Bauch gefaltet. Er mochte etwas über fünfzig sein, trug einen grauen Anzug, der so zerknittert war, als habe er die letzten Nächte darin geschlafen, und von Krawatten schien er auch nichts zu halten — jedenfalls stand sein Hemdkragen unter dem dürren, faserigen Bart weit offen. Seine Halbglatze schimmerte im Licht der Zimmerbeleuchtung, und Eisenhardt glaubte einen Sonnenbrand darauf zu erkennen.
    Der Multimillionär besorgte die gegenseitige Vorstellung mit der Eleganz eines geübten Salonlöwen, lobte den Schriftsteller in den höchsten Tönen und stellte dann das neue Mitglied ihrer kleinen Verschwörung vor als Professor Goutiere aus Toronto, Historiker an der dortigen Universität und Spezialist für die Geschichte Palästinas.
    »Sehr erfreut«, nickte Eisenhardt artig und dachte: Interessant — bis jetzt dachte ich, der Spezialist für die Geschichte Palästinas sei WilfordSmith…
    Einen Moment herrschte eine verlegene Stille, die Kaun überbrückte, indem er wieder den Barkeeper spielte. Goutiere äußerte, als er an der Reihe war, den Wunsch nach kanadischem Whisky,»und bitte so viel, wie in ein großes Glas hineinpaßt.«Und dieses Glas stürzte er so gierig hinunter, daß es Eisenhardt ganz schwindlig wurde vom bloßen Zuschauen.
    »Nun«, fragte Kaun ihn schließlich,»was halten Sie von der Angelegenheit?«
    Der Kanadier starrte eine Weile dumpf brütend vor sich hin, ehe er antwortete.»Ich muß gestehen, daß ich noch nicht imstande bin, das alles für bare Münze zu nehmen«, erklärte er schließlich mit orgelnder Baßstimme.»Ich werde mich also einstweilen darauf beschränken, so zu tun, als ob. Und wahrscheinlich werde ich noch etliche Gläser Ihres übrigens vorzüglichen Whiskys benötigen, um meinen kritischen Verstand so weit zu dämpfen, daß ich das kann.«
    »Daran soll es nicht scheitern«, meinte Kaun und goß ihm das Glas noch einmal voll.
    »Danke.«Aber er nahm das Glas nur in die Hände, ohne daraus zu trinken. Offenbar wirkte das erste noch.
    Wieder sagte eine Weile lang niemand etwas. Jeder blickte auf den Historiker, als sei er ein fleischgewordenes Orakel. Die Klimaanlage gluckerte leise, und das Leder der Sessel quietschte ab und zu dezent, wenn jemand die Beine übereinanderschlug.
    »Sie wollen wissen«, rekapitulierte der Kanadier endlich, den stieren Blick immer noch auf die mahagonigetäfelte, schall-und hitzeisolierte Wand gerichtet,»wo die Kamera ist.«
    Der Medienmagnat nickte.»Genau.«
    »Wo man zu Zeiten Jesu etwas hätte vergraben können, in der Gewißheit, daß man es zweitausend Jahre später unbeschadet wieder ausgraben kann.«
    »Genau.«
    Er stieß einen beinahe komischen Seufzer aus.»Das ist schwierig.«
    Kaun lächelte milde.»Wenn es leicht wäre, hätten wir es selber gemacht.«
    »Israel ist sehr groß…«
    Eisenhardt sah, wie nun auch WilfordSmith lächelte.
    Der Professor aus Toronto nahm jetzt doch einen Schluck aus seinem Glas, atmete aus mit einem Geräusch, von dem man nicht hätte sagen können, ob es von Genuß zeugte oder von innerer Anspannung, und verkündete dann:»Darüber muß ich nachdenken.«
    Der Blick, den John Kaun ihm daraufhin zuwarf, zeugte von mühsam bewahrter Fassung. O Gott, ich habe mir einen debilen Alkoholiker geholt! schien dieser Blick zu sagen.
    Doch dann fiel ihm wieder ein, daß er ja schon einen anderen fähigen Kopf auf das Problem angesetzt hatte, und

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