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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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lebt wie vor zweitausend Jahren.«
    »Und selbst wenn er, warum auch immer, in der Vergangenheit geblieben wäre«, warf Professor WilfordSmith ein,»aus welchem Grund hätten sie ihm die Bedienungsanleitung einer Kamera da lassen sollen, nicht aber die Kamera selbst?«
    Der Schriftsteller dachte eine Weile darüber nach. Dachte seine Argumente noch einmal durch. Die Überlegungen des Nachmittags. Da war noch etwas…
    »Ich hatte mich gefragt«, dachte er laut nach,»ob es, wenn die Zeitreise wirklich in den nächsten Jahren erfunden werden sollte, nicht unweigerlich Abenteuerreisen in die Vergangenheit geben müßte. So, wie unsere Spezies beschaffen ist. Es sind Touristen an die Kriegsschauplätze in Jugoslawien gereist — bestimmt gäbe es Leute, die bei den Entscheidungsschlachten des Zweiten Weltkriegs liebend gern dabei wären. Andere würden Mozart treffen wollen oder Goethe. Unsere Geschichte müßte wimmeln von Reisenden aus der Zukunft. Historische Erzählungen müßten voll sein von Berichten über Leute, die die Sprache schlecht beherrschen, Sitten und Gebräuche nicht beachten, fremdartige Kleidung tragen und geheimnisvolle Gerätschaften benutzen. Leute, die Verbrechen begehen und danach auf geheimnisvolle Weise verschwinden. Sextouristen müßten eine wahre Plage sein. Die Rede müßte sein von Leuten, deren Herkunft im Dunkeln liegt, die aber dubiose Geschäfte machen — die in rauhen Mengen Bilder von Malern kaufen, die erst Jahrzehnte später zu Ruhm und Anerkennung gelangen, zum Beispiel. Aber das ist nicht so. Wir finden solche Berichte nicht. Und die Frage ist, warum?«
    Kaun nickte beifällig.
    »Vielleicht wird die Zeitreise strengen staatlichen Kontrollen unterworfen werden, ähnlich wie die Herstellung von Atombomben«, überlegte Eisenhardt weiter.»Vielleicht sind Zeitreisen, ähnlich wie Mondflüge, so aufwendig und teuer, daß sich kein Tourismus entwickeln wird. Vielleicht wird es eine Art Zeitpolizei geben, die alle Auswüchse unterbindet. Vielleicht gibt es aber auch eine einfache physikalische Erklärung…«Er spürte etwas in sich wie ein Knacken. Als sei gerade seine eisenharte Überzeugung, daß Zeitreise in der Realität unmöglich war, gebrochen. Ja, tatsächlich. Er hatte begonnen, zu glauben. Es war beunruhigend zu erleben, daß auch Überzeugungen, die man für unverrückbar und wahrhaftig gehalten hatte, sich wandeln konnten.
    »Nämlich?«fragte Kaun gespannt.
    »Vielleicht«, sagte Eisenhardt langsam,»wird man demnächst die physikalischen Prinzipien der Zeitreise entdecken und eines dieser Prinzipien wird sein, daß sie nur in eine Richtung gehen kann. In die Vergangenheit. Man wird in die Vergangenheit reisen können, aber nicht mehr zurück in die Zeit, aus der man gekommen ist.«
    Was immer noch ausreichen würde, die Welt, wie sie sie kannten, grundlegend zu verändern. Leute würden eine Woche in die Vergangenheit reisen und die richtigen Lottozahlen tippen können. Und es für den Millionengewinn ein paar Tage mit sich selbst aushaken. Und was würde mit der nachträglichen Verhinderung von Unfällen sein? Mit den Zeitparadoxa, die es dennoch geben konnte?
    »Deshalb wird es keinen Tourismus in die Vergangenheit geben, niemals — auch in zehn Millionen Jahren nicht. Nur einzelne, die sich auf eine Reise ohne Wiederkehr begeben. Romantiker, die in die gute alte Zeit flüchten. Freiwillige, die ihr Leben der Wissenschaft opfern.«
    Professor WilfordSmith nickte.»Und so einen haben wir gefunden.«
    Das Rockefeller-Museum war ein großer Komplex, der an einen Park angrenzte und dessen markantestes Bauwerk ein großer achteckiger Turm war, den man schon von weitem sah. Sie hatten vom Neuen Tor aus nicht mehr weit zu fahren gehabt, einfach nur die große Straße hinab, die an der Altstadtmauer entlangführte und von der Hazanhanim-Straße zur Sultan Süleiman-Straße wurde. Stephen hielt auf dem großen, verlassen daliegenden Parkplatz vor dem Museum, zog sein Mobiltelefon hervor und wählte die Nummer, die Yehoshuah ihm gegeben hatte.
    »Wir sind da«, sagte er, als Yehoshuah sich tatsächlich meldete.
    Er hörte einen Seufzer.»Na endlich. Wartet, ich komme raus.«
    »Eigentlich dachte ich, wir kommen rein.«
    »Ja, klar. Ich meine, ich schließe euch auf.«
    Stephen grinste.»Wir warten.«
    Sie warteten. Ein paar niedrig angebrachte Lampen versteckten sich zwischen Büschen und Gras und erzeugten kaum mehr als ein Halbdunkel auf der weiten Asphaltfläche. Ein

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