Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
sein.«
    »Ja. Kann man sich gut vorstellen.«
    Sie standen wieder ein paar stille Augenblicke und sahen den Rauchwolken nach, die sich silbern vor dem Nachthimmel auflösten.
    »Ich wäre übrigens ein bißchen vorsichtig an Ihrer Stelle«, meinte der Wachposten, der Gideon hieß, plötzlich in einem halb beiläufigen, halb warnenden Tonfall und in deutlich reduzierter Lautstärke.»Was Ihre Auftraggeber anbelangt, meine ich.«
    George riß die Augen auf.»Wie meinen Sie das?«
    »Nur so. Schauen Sie, daß Sie Ihr Geld kriegen, ehe es zu spät ist.«
    »Damit habe ich sowieso nichts zu tun. Das kriegt die Universität von Montana. Wieso, was ist denn los?«
    Gideon ließ die halbgerauchte Zigarette fallen und trat sie aus, schaute mißtrauisch nach allen Seiten und raunte ihm dann zu:»Diese Leute sind verrückt. Völlig durchgeknallt.«
    »Wirklich? Wieso denn das?«
    »Ich habe mich ein bißchen umgehört… Na ja — eigentlich habe ich gelauscht. Hätte ich wohl nicht dürfen, keine Ahnung. Aber jedenfalls weiß ich jetzt, was in diesem weißen Zelt auf Areal 14 ist.«»Ach.«
    Gideon nickte verbissen.»Ich hab’s nicht gesehen, wie gesagt. Aber ich habe alles mitgehört, was sie dem Neuen erklärt haben, der heute abend kam. Ich hatte Wache am Zelt, Sie verstehen. Und die denken, ich kann kein Englisch.«
    »Verstehe.«
    »Völlig durchgeknallt, ich sag’s Ihnen. Wollen Sie wissen, was die glauben, daß sie gefunden haben?«
    George nickte.»Klar.«
    Judith war, den Kopf auf ihre verschränkten Arme gebettet, eingeschlafen. Auch Stephen konnte die Augen nur noch mit Mühe offenhalten; sein ganzer Körper schrie nach Schlaf, jede Faser bettelte um Ruhe und Entspannung. Und noch mehr von dem erbärmlichen Automatenkaffee, den es einen Stock höher gab, brachte er nicht mehr hinunter. Die Labortische sahen eigentlich gar nicht so unbequem aus, bestimmt konnte man, wenn man die Geräte beiseite räumte, sich gut darauf zusammenrollen und ein wenig ausruhen…
    Der Befeuchter dröhnte immer noch. Seit Stunden schon.
    Nur Yehoshuah schien keine Müdigkeit zu kennen. Kein Wunder, er hatte ja auch nicht den ganzen Tag Körbe voller Steine, Schutt und Abraum durch die glühend heiße Wüste geschleppt. Stephen verfolgte träge, wie Judiths Bruder allerlei Tinkturen anrührte aus den Chemikalien, die auf den Borden über den Tischen standen, wie er flache Plastikwannen bereitstellte und Schalen mit Wattebäuschen. Was er dabei erklärte, von Wasserstoffbrücken und Quellvermögen, von Alkaliresistenz und Passivatoren, von Eisengallustinten, Entsäuerung, Neutralisation und Pufferung, verstand Stephen längst nicht mehr.
    Schließlich zog Yehoshuah ein Paar dünne Plastikhandschuhe über und schaltete den Befeuchter aus.
    Die plötzliche Stille war wie ein Schock. Judith fuhr aus ihrem Schlaf hoch, sah sich ein paar Augenblicke völlig orientierungslos um und seufzte schließlich, als ihr wieder einfiel, wo sie waren. Währenddessen öffnete Yehoshuah die Glastür und nahm den Metallteller heraus. Das Papier darauf war jetzt weich und lappig in sich zusammengesunken. Für Stephens Augen sah es aus wie unrettbar verdorbene graue Papiermasse. Doch Yehoshuah betastete sie so behutsam, als habe er Spinnweben vor sich, und brummte zufrieden:»Wunderbar.«
    »Ich könnte jetzt selig in meinem Zelt liegen«, murrte Judith unleidig aus dem Hintergrund.»Was ist in mich gefahren, heute abend auch nur einen Schritt aus dem Lager zu machen? O nein — das ist ja schon vier Uhr! Vier Uhr früh! Seid ihr eigentlich völlig wahnsinnig?«
    »Schscht!«machte ihr Bruder. Stephen versuchte, sich die Müdigkeit aus den Augen zu blinzeln, während er fasziniert beobachtete, wie Yehoshuah zuerst mit einer abrupten Drehbewegung des Tellers, die einem fast das Herz stehenbleiben ließ, die Papiermasse in eine der flachen Plastikwannen kippte, um dann mit Pinzetten und kleinen Holzschabern daranzugehen, die uralten Blätter aufzufalten.
    »Vier Uhr«, wiederholte Judith grantig, während sie herangeschlurft kam.»Vier Uhr vorbei! Wenn ich gewußt hätte, daß das so lange dauert…«
    Jetzt erst sah Stephen, daß Yehoshuah den Boden der Wanne mit einem Stück hauchdünnen, durchsichtigen Papiers ausgelegt hatte.»Japanpapier«, erklärte er, als er Stephens stieren Blick bemerkte.»Damit werden wir die einzelnen Fragmente in ihrer Position fixieren.«
    Stephen nickte.»Klar«, murmelte er müde.»Werden wir.«
    Es waren zwei Blätter, die

Weitere Kostenlose Bücher