Das Jesusfragment
leisten. Gut. Gut. Einverstanden. In Ordnung.«
Der Priester reichte mir das Telefon. Er wirkte gequält, weil ich ihn gebeten hatte, den Uhrmacher zu überreden.
»Er ist einverstanden«, sagte er schließlich seufzend.
Ich hob zwei Finger zum Zeichen des Sieges.
»Haben Sie die Nummer Ihres Hotels?«, fragte ich den Priester flüsternd.
Er wühlte in seiner Tasche und zeigte mir eine Visitenkarte. »Hallo?«, sagte ich, nachdem ich das Gespräch weiterführen konnte, »hören Sie bitte. Wenn Sie die Ankunft Ihres Zugs wissen, rufen Sie den Herrn Pfarrer an, und ich schicke jemanden, der Sie am Bahnhof abholt. Versuchen Sie, noch heute Abend oder spätestens morgen früh zu reisen.«
Ich diktierte ihm die Nummer des Hotels.
»Ich danke Ihnen tausendmal, Monsieur, Sie erweisen mir einen großen Gefallen. Wie lange, glauben Sie, brauchen Sie, um die Maschine zu bauen?«
»Wissen Sie, die Konstruktion ist sehr kompliziert. Und dann werde ich auch nicht in meiner Werkstatt sein. Ich will versuchen, mein Werkzeug mitzunehmen und etwas Material, ich habe noch Reste vom letzten Mal. Ich hatte sie in zwei Wochen gebaut, aber da ich sie ja schon einmal gemacht habe, müsste es nun etwas schneller gehen.«
»Sie müssen sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden konstruiert haben.«
»Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«
»Ich bezahle Sie sehr gut! Auf bald, Monsieur.«
Ich verabschiedete mich und schaltete mein Handy aus. Sophie fing an zu lachen. Ich hatte mich selbst übertroffen, hatte Sophie nachgeahmt. Sehr schnell gehandelt. Man hätte meinen können, dass sie stolz auf mich war. Tatsächlich hatte ich seit der Verfolgung an der Gare du Nord beschlossen, mich nicht mehr von den Ereignissen überrollen zu lassen. Wenn wir heil aus dieser Geschichte herauskommen wollten, mussten wir um jeden Preis die Kontrolle über unsere Recherche behalten und uns nicht treiben lassen.
Wir durften keine Bauern mehr sein, wir mussten die Schachspieler werden.
*
Kurz vor acht Uhr kamen wir schließlich in Sceaux bei den Chevaliers an. Ich freute mich auf den angenehmen Komfort ihres kleinen Hauses. Im Augenblick schien es mir wie eine Zweitwohnung. Fast ein Zuhause. Ein festes Domizil.
Estelle hatte uns ein Abendessen zubereitet, und der köstliche Duft aus der Küche empfing uns schon am Eingang. François schien uns ungeduldig zu erwarten.
»Wie war es in London?«, erkundigte er sich und hing unsere Mäntel hinter der Tür auf.
»Sehr gut. Sophies Freundin ist mit uns nach Paris gekommen. Sie wird uns helfen.«
»Wunderbar. Ich habe auch Neuigkeiten für euch, Kinder!«, rief er und ließ uns ins Haus.
Claire Borella saß im Wohnzimmer und lächelte uns entgegen. Sie sah entspannter aus als am Tag zuvor und verstand sich offenbar sehr gut mit den Chevaliers.
Wir setzten uns sofort zu Tisch. François wirkte ganz hektisch. Sophie nahm neben mir Platz. Claire schien bereits ihren Stammplatz zu haben, rechts von Estelle. Die beiden unterhielten sich wie zwei alte Freundinnen.
»Also hört zu«, begann François und schenkte uns Wein ein. »Ich habe den Bibliothekar der Groß-Orient Loge in Paris angerufen, er ist ein echter Bücherliebhaber, ein wenig wie dein Vater, Damien. Wirklich ein genialer Kopf. Und da ihr eine Verbindung zwischen eurer Suche und den Freimaurern vermutet, habe ich ihm also vom Stein von Iorden erzählt. Und stell dir vor, er hat mir versichert, dass es mehrere Dokumente darüber in der Bibliothek in der Rue Cadet gibt.«
»Ausgezeichnet!«, erwiderte ich.
»Was ist in der Rue Cadet?«, fragte Sophie.
»Der Tempel des Groß-Orients von Frankreich«, erklärte ich. Es war das erste Mal, dass ich mehr wusste als sie.
»Na super!«, spottete Sophie. »Wir werden unsere Infos im Herzen der Sekte finden!«
»Das ist keine Sekte!«, regte François sich auf.
»Hör gar nicht hin!«, sagte ich, um ihn zu beruhigen.
»Einverstanden. Also, wenn ihr wollt«, fuhr er fort, »kann ich euch morgen früh hinbringen. Ich habe das mit meiner Sekretärin abgesprochen.«
»Sofern Sie nicht versuchen, uns als Mitglieder zu werben!«, erwiderte Sophie, die es nicht lassen konnte.
François musste unwillkürlich lächeln. Statt gekränkt zu sein, beschloss er, das Spiel mitzuspielen.
»Mein armes Kind, keine Loge der Welt interessiert sich für Sie, machen Sie sich also keine Sorgen«, konterte er.
»Aber im Ernst«, mischte ich mich ein, »ich will nicht, dass du Schwierigkeiten bekommst.«
»Nein,
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