Das Jesusfragment
Gebilde. Scheinbar eine Erfindung von Leonardo da Vinci.«
Ich bedachte Sophie mit einem Lächeln.
»Sie werden sehen, alles ist in diesem Heft, die Skizzen, die Erläuterungen, die Notizen Ihres Vaters … Er hat versucht, es mir zu erklären, aber ich gestehe, dass ich nicht viel davon verstanden habe. Ich habe nur die Pläne dem Uhrmacher überbracht, der die Maschine dann gebaut hat. Neulich hat er mich angerufen, um mir mitzuteilen, dass er vergessen hatte, das Heft Ihrem Vater zurückzugeben und ich habe es dann abgeholt. Ich hoffe, Sie werden daraus schlau. Wenn man Ihrem Vater glaubt, dann dient die Maschine dazu, eine in der Mona Lisa verborgene Botschaft zu entziffern.«
Sophie warf mir einen verblüfften Blick zu. Unglaublich! Was der Priester uns gerade überreicht hatte, war wirklich außerordentlich. Ich zitterte leicht.
»Wir müssen diese Maschine unbedingt nachbauen!«, rief Sophie und griff nach meinem Arm.
»Es würde mich wundern, wenn Ihnen das so ohne weiteres gelänge«, bemerkte der Priester. »Sie ist ziemlich kompliziert, es gibt alle möglichen Spiegel, Vergrößerungsgläser, ein Zahnradwerk. Es wäre einfacher, den Uhrmacher zu bitten, sie zu rekonstruieren.«
»Wir haben keine Zeit, nach Gordes zurückzukehren!«, protestierte Sophie ungeduldig.
»Aber wir brauchen ihn doch nur herkommen zu lassen«, schlug ich vor.
»Das wird kaum möglich sein«, erwiderte der Priester.
»Und warum nicht?«
»Er hat anderes zu tun!«
»Haben Sie seine Telefonnummer?«
Der Priester nickte.
»Geben Sie sie mir bitte.«
Er warf mir einen völlig verblüfften Blick zu, dann wühlte er kopfschüttelnd in seiner Tasche.
»Hier«, sagte er und hielt mir sein Adressbuch hin.
Ich wählte sogleich die Nummer auf meinem Handy.
»Hier in Paris verliert wirklich keiner seine Zeit!«, seufzte der Priester.
»Hallo«, sagte ich, als der Uhrmacher den Hörer abnahm. »Guten Tag, ich bin der Sohn von Monsieur Louvel.«
»Ah, guten Tag«, sagte er. »Mein Beileid.«
»Danke. Ich muss Sie um einen Gefallen bitten.«
»Ah ja. Tut mir Leid, Monsieur, ich will nicht unhöflich erscheinen, aber wissen Sie, dass die Gendarmerie Sie sucht?«
»Ja, ja, das weiß ich. Wie viel hat Ihnen mein Vater für die Maschine bezahlt, die Sie für ihn konstruiert haben?«
»Mein Gott, was war das für ein seltsamer Apparat, dieses Ding! Ich weiß immer noch nicht, wozu sie gut sein soll, aber sie ist auf jeden Fall eine außergewöhnliche Maschine!«
»Ja, ist sie. Also wie viel?«
»Ihr Vater hat mir tausendfünfhundert Euro dafür gegeben, glaube ich. Aber das war sie wahrlich wert, denn ich habe viel Zeit dafür geopfert, das dürfen Sie mir glauben!«
»Ich biete Ihnen das Zehnfache, wenn Sie bereit sind, auf der Stelle nach Paris zu kommen, um ein zweites Exemplar dieser Maschine zu bauen.«
Am anderen Ende der Leitung wurde es sehr still.
»Hallo?«, rief ich, da der Uhrmacher nichts sagte.
Sophie prustete los, und der Priester hielt den Kopf in den Händen vergraben. Er traute seinen Ohren nicht.
»Was haben Sie gesagt?«, fragte der Uhrmacher, der höchst überrascht war.
»Ich biete Ihnen fünfzehntausend Euro bar auf die Hand, wenn Sie bereit wären, umgehend nach Paris zu kommen, um noch mal da Vincis Maschine zu bauen. Ich komme für alle Kosten auf. Ich zahle die Bahnfahrt und sorge für eine Unterkunft.«
»Sie haben doch völlig den Verstand verloren!«, rief der Uhrmacher ungläubig aus. »Ich habe hier schließlich ein Geschäft.«
»Warten Sie«, rief ich, »legen Sie bitte nicht auf.«
Ich griff nach dem Arm des Priesters.
»Sie können ihn überzeugen. Sagen Sie ihm, dass ich sehr seriös bin«, flüsterte ich. »Ich flehe Sie an! Sorgen Sie dafür, dass er herkommt.«
Ich zwang ihn, nach dem Hörer zu greifen. Der Priester war völlig verdattert.
»Hallo, Michel?«, stammelte er. »Ja, ich bin's, der Pfarrer. Nein, Monsieur Louvel ist sehr seriös. Natürlich. Nein, es ist kein Witz.«
Ich nahm Sophies Hand und drückte sie fest. Sie zwinkerte mir zu.
»Sie brauchen ihr nur zu sagen, dass Sie nach Paris kommen, um mir bei meiner Abreise nach Rom zur Hand zu gehen«, fuhr der Priester fort. »Ach, eine kleine Notlüge von Zeit zu Zeit, die wird Ihnen ganz sicher vergeben, Michel. Und Sie brauchen ja Madame nur ein schönes Schmuckstück mitzubringen, wenn Sie nach Hause kommen, dann wird sie entzückt sein. Mit dem, was Monsieur Louvel Ihnen zahlt, können Sie sich das bestimmt
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