Das Jesusfragment
Artikel oder vielleicht sogar Bildtafeln, die von Freimaurern geschrieben worden waren. Ich las aufmerksam die Titel der Artikel, um herauszufinden, ob einer den Stein von Iorden oder einen anderen Teil unserer Nachforschung erwähnen könnte, aber ich fand nichts Verdächtiges. Ich blieb bei einem Artikel mit der Überschrift ›Verlorene Schätze des Groß-Orients von Frankreich‹ hängen, der zum Thema zu passen schien. Ich las ihn ein erstes, dann ein zweites Mal diagonal, aber nirgendwo tauchte das Wort auf, das ich suchte. Ich wollte mich schon einem anderen Artikel zuwenden, als mein Blick plötzlich auf eine Anmerkung unten auf der Seite fiel. ›2. Siehe in diesem Zusammenhang die Anekdote vom Stein von Iorden in der Zeitschrift Nouvelles Planches , Januar 1963‹.
»Ich habe etwas gefunden«, verkündete ich und versuchte, leise zu reden.
»Pst!«, erwiderte Sophie. »Ich auch …«
»Ich habe auch etwas«, stimmte François ein.
»Wartet!«, sagte Sophie. »Lasst mich erst zu Ende lesen!«
Ich vertiefte mich wieder in meinen Artikel und suchte den Absatz, auf den sich die Anmerkung bezog. ›… Während des Zweiten Weltkriegs wurde ein großer Teil des Vermögens der Freimaurer versteigert‹.
Etwas Genaueres fand ich nicht und wandte mich deshalb erneut dem ersten Buch zu. Nach langen Minuten vergeblicher Suche, hob ich den Kopf und wartete darauf, dass Sophie ihren Artikel zu Ende gelesen hatte, den sie mit den Augen verschlang. Als sie endlich fertig war, blickte sie sehr zufrieden in die Runde.
»Was hast du gefunden?«, fragte sie mich leise.
»Den Hinweis auf einen Artikel, in dem eine Anekdote über den Stein von Iorden stehen soll«, erklärte ich. »Da schau.« Ich zeigte ihr die Anmerkung.
»Genau! Das ist der Artikel, den ich gerade gelesen habe!«, sagte sie.
Sie zeigte mir den Titel der Zeitschrift, die sie in der Hand hielt.
»Ach, das konnte ich nicht wissen. Und?«
»Also, der Stein von Iorden soll sehr lange einer Loge gehört haben, die sich die Loge Trois Lumières nannte und zum Groß-Orient Frankreichs gehörte. Es gibt sie heute nicht mehr. 1940 sollen ihre Güter von der Regierung versteigert worden sein.«
»Unglaublich!«, flüsterte ich.
»Nicht unbedingt«, warf François ein. »Damals erlitten viele Logen das gleiche Schicksal. Nach 1940 war Frankreich genauso stark anti-freimaurerisch wie antijüdisch eingestellt.«
»Ich versichere Ihnen, es gibt auch heute noch Menschen, die Freimaurer nicht ausstehen können«, bemerkte Sophie süffisant grinsend.
»Das haben wir bereits gemerkt!«, erwiderte François. »Sie können stolz darauf sein, denn zumindest in diesem Punkt sind Sie sich mit den Nazis einig!«
»Also jetzt reicht es aber mit euch! Ihr nervt! François, was hast du da eben gesagt?«
»Na ja … Dass die Freimaurer während des Krieges verfolgt wurden, das weiß doch jeder, nicht wahr?«
»Aber wie konnte ihr Vermögen versteigert werden?«
»Marquet, der damalige Innenminister, hat 1940 die Geheimgesellschaft gesetzlich verboten, und der Groß-Orient wurde wie alle anderen Logen gleich im Anschluss daran aufgelöst. Auch wenn einige Logen rasch ihre Archive vernichtet hatten, um zu verhindern, dass sie den Deutschen in die Hände fallen, hatte die Gestapo noch genug Zeit gehabt, eine ganze Reihe von Freimaurern zu verhaften. In ganz Frankreich, im besetzten und im freien, wurden die Tempel von Amts wegen beschlagnahmt. Entweder sie gingen in Staatsbesitz über, oder sie wurden an Privatpersonen verkauft oder an Vereinigungen der Vichy-Regierung verpachtet. Bewegliche Güter wie Gemälde und dergleichen wurden tatsächlich versteigert.«
»Das ist aber gar nicht nett!«
»Ja, das war nicht gerade ein ruhmreicher Abschnitt unserer Geschichte. Die Kampagne gegen die Freimaurer gründete wie immer auf dem Vorwurf des Komplotts, und man warf ihnen vor, den Interessen der Juden gedient zu haben. Die französische Regierung ist dennoch ziemlich weit gegangen. Im Grand Palais gab es eine Anti-Freimaurer-Ausstellung, die dann in ganz Frankreich und in Deutschland gezeigt wurde, und der Gipfel: 1941 veröffentlichte die Regierung in ihren amtlichen Verlautbarungen eine Liste von fünfzehntausend Personen, die der Freimaurerei angeklagt wurden, um sie öffentlich anzuprangern.«
»Das wird ja immer schöner.«
»Ja, ja, es gibt sogar einige Journalisten, die das immer gern wiederholen. Jedes Jahr veröffentlicht L'Express ein so genanntes heißes
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