Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jesusfragment

Das Jesusfragment

Titel: Das Jesusfragment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
Vom Netzwerk:
nicht weniger.
    »Anfangs war ich natürlich misstrauisch«, erklärte mir Sophie. »Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Spaßvögel beim Sender anrufen, um uns von ihren unglaublichen Enthüllungen zu erzählen. Aber Ihr Vater war nicht wie die anderen.«
    »So könnte man es auch ausdrücken.«
    »Ein Jahr lang rief er mich regelmäßig an, und wir haben uns mehrere Male getroffen. Er war sehr höflich und stellte mir ungeheuer präzise Fragen. Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht, immer eine Antwort zu finden. Manchmal musste ich mehrere Tage lang recherchieren und rief ihn wieder an, wenn ich etwas herausgefunden hatte. Und dann hat er mir vor über einer Woche zwei Dokumente gefaxt und mir vierundzwanzig Stunden Zeit gegeben, um einen Entschluss zu fassen.«
    »Was für einen Entschluss?«
    »Alles stehen und liegen zu lassen, nach Gordes zu fahren und ihm bei seinen Recherchen zu helfen, egal, wie lange es dauern würde.«
    »Was waren das für Dokumente?«, fragte ich neugierig.
    Mit übertriebener Langsamkeit nahm Sophie de Saint-Elbe eine neue Zigarette aus ihrer Packung und zündete sie an, ohne mich aus den Augen zu lassen. »Haben Sie schon einmal etwas von dem Stein von Iorden gehört?«
    »Nein«, musste ich zugeben.
    Wieder verging eine Weile, während sie mich musterte.
    »Das ist eine Reliquie.«
    »Eine Reliquie?«
    »Ja, das Christentum spricht von einer Fülle von Reliquien, eine unglaublicher als die andere. Hier handelt es sich um eine sehr alte Geschichte.«
    »Meinen Sie eine Reliquie wie das Grabtuch von Turin?«
    »Genau. Um eine Kirche weihen zu können, war es einst unbedingt erforderlich, dass die sterblichen Überreste des Heiligen in ihr bestattet wurden, dem sie gewidmet war. Der Reliquienkult hat sich fortgesetzt und wurde so weit getrieben, dass selbst Dinge wie die Federn des Erzengels Michael oder die Vorhaut Jesu anerkannt wurden.«
    »Sie machen wohl Scherze.«
    »Keineswegs. Die Kirche hat mindestens acht Vorhäute Jesu als Reliquien anerkannt! Ganz zu schweigen von den unendlich vielen Dornen seiner Krone, den Kilometern von Holzstücken aus dem Kreuz oder den Litern Milch der Jungfrau Maria. Frankreich allein besitzt schon eine ganze Sammlung: das Kreuz Christi, sein Blut, die Windeln, in die er als Baby gewickelt wurde, das Tischtuch des Abendmahls, der Scheitel des Schädels von Johannes dem Täufer und was weiß ich! Auf jeden Fall ist der Stein von Iorden eine der geheimnisvollsten Reliquien in der Geschichte des Christentums. Ein Schmuckstück, das der Legende nach Christus gehört haben soll.«
    »Ein Schmuckstück? Hatte er nicht das Armutsgelübde abgelegt?«
    »Nein, es wurde nicht wirklich in diesen Worten geleistet. Aber es ist wahr, man kann sich Jesus schwerlich mit einem Schmuckstück vorstellen. Ich versichere Ihnen, es war bestimmt kein Ring im Stil von Cartier, sondern viel schlichter. Und natürlich ist dieses Schmuckstück verschwunden, oder soll überhaupt nie existiert haben. Doch Ihr Vater hat mir zwei Dokumente gefaxt, die ihm zufolge beweisen, dass es diese Reliquie tatsächlich gegeben hat. Aber das ist noch nicht alles. Er erklärte mir am Telefon, dass dies nur ein Teil seiner Arbeit sei.«
    »Was soll das heißen?«
    »Er wollte nicht mehr länger beweisen, dass die Reliquie existierte – das war für ihn eindeutig –, er wollte nun alles über ihre Bedeutung herausfinden. Denn seiner Meinung nach hatte sie eine ganz bestimmte und sehr wichtige Funktion, aber er weigerte sich, mir mehr zu verraten, wenn ich nicht bereit wäre, zu ihm zu kommen, um ihm zu helfen.«
    »Das hat genügt, um Sie zu überzeugen? Klingt doch ein bisschen verrückt, oder?«
    »Ich habe die beiden Dokumente die ganze Nacht über studiert und am nächsten Tag habe ich sein Angebot angenommen.«
    »Warum?«
    »Weil einer der Texte noch nie zuvor veröffentlicht worden ist. Es ist der Anfang, genau genommen die erste Seite eines Manuskripts von Albrecht Dürer, dem deutschen Maler. Nach einigen Recherchen habe ich festgestellt, dass es sich um ein Manuskript handelte, auf das sich zwar mehrere Wissenschaftler beziehen, das aber nie gefunden wurde. Möglicherweise ist es authentisch. Ich war nicht davon überzeugt, dass hinter dem Ganzen ein tiefer Sinn steckt, wie Ihr Vater behauptete, aber ich sagte mir, dass es sich lohnen könnte, die Dinge aus der Nähe zu betrachten.«
    »Handelte der Text von Ihrem Stein von Iorden?«
    »Ich konnte ihn nicht ganz entziffern,

Weitere Kostenlose Bücher