Das Jobinterviewknackerbuch
umgekrempelt hat, gibt es zugleich eine erschreckend hohe Anzahl von Personalern, die nicht wissen, was sie dürfen und nicht dürfen. Wer als Bewerber in einem Vorstellungsgespräch sitzt, sollte sich darauf einstellen, dass der ihm auch Fragen gestellt werden, die von Rechts wegen tabu sind. Das Beratungsunternehmen DDI hat in einer Umfrage festgestellt, dass 96 Prozent der befragten deutschen Personaler nicht wussten, dass der Familienstand im Vorstellungsgespräch kein Thema sein darf. Nur etwa die Hälfte wusste, dass Fragen nach ethnischer Herkunft und Religion verboten sind.
Knacker: So gehen Sie mit Fragen richtig um
In einem Vorstellungsgespräch steht einerseits das Informationsinteresse des Arbeitgebers im Vordergrund, andererseits muss auch das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers geachtet werden. Letzteres gibt dem Bewerber die Befugnis, Umstände aus dem Kernbereich seiner persönlichen Sphäre, zum Beispiel seine sexuellen Vorlieben oder seinen Glauben, nicht offenbaren zu müssen. Weil der Arbeitgeber dem Bewerber das Schweigen auf eine derartige Fragestellung negativ auslegen würde, hat der Interviewte in einem solchen Fall sogar das »Recht zur Lüge«.
Unerlaubte Fragen Unberechtigte Fragen liegen dann vor, wenn sie sich auf die sexuelle Ausrichtung, den Glauben, eine Schwangerschaft und Familienplanung oder die Parteizugehörigkeit einer Person beziehen.
Erlaubte Fragen Uneingeschränkt zulässig sind Fragen nach dem beruflichen Werdegang, persönliche Daten wie Alter oder Staatsangehörigkeit sowie Angaben zum Verdienst im letzten Job. Bewerber im Vorstellungsgespräch müssen aber auch auf private Fragen wahrheitsgemäß |31| antworten, solange sich die gefragten Informationen unmittelbar auf die Arbeitstätigkeit auswirken. Das heißt: Fragen nach Behinderungen sind zulässig, wenn die betreffende Einschränkung den Job betrifft, und ein Bewerber muss vorher Bescheid geben, wenn er kaputte Bandscheiben hat und in seinem Job schwere Sachen heben muss. Oder wenn ein BWL-Absolvent bei einer Bank einsteigen will und wegen Untreue vorbestraft ist, hat er im späteren Streitfall schlechte Karten, falls er das im Bewerbungsgespräch unterschlagen hat.
|32| Interview
»Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus, Frau Pfetzing-Möritz?«
Interview mit ANNETTE PFETZING-MÖRITZ,
Leiterin Personal im Service-Verband der Bundesagentur für Arbeit
Frau Pfetzing-Möritz, wie kann man sich den Alltag einer leitenden Personalerin vorstellen? Führen Sie den ganzen Tag Vorstellungsgespräche?
Nein, natürlich nicht. Die Arbeit eines leitenden Personalers ist sehr vielfältig und reicht von der Beratung von MitarbeiterInnen und Führungskräften über die Entwicklung, Organisation und Umsetzung personalpolitischer Strategien und Konzepte vor Ort bis hin zu klassischen Vorstellungsgesprächen, die in der Regel wellenartig und an einigen wenigen Tagen geballt stattfinden.
Machen Ihnen Vorstellungsgespräche Spaß?
Als klassischen Bestandteil von Personalarbeit führe ich Vorstellungsgespräche in der Tat sehr gerne. Wenn man in einem Unternehmen mit einer bestimmten Unternehmenskultur arbeitet, möchte man auch mitgestalten, welche Mitarbeiter neu hinzukommen, und diese Menschen natürlich auch kennenlernen. Als Bundesagentur für Arbeit wertschätzen wir die Vielfalt in der Belegschaft, mit der wir quasi ein Spiegelbild der Gesellschaft interdisziplinär und interkulturell abbilden wollen. Das alles wird in Vorstellungsgesprächen mitentschieden.
Hat sich die Arbeit eines Personalers in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verändert?
|33| Ja, das hat sie. Viele Prozesse bei der Bundesagentur für Arbeit sind bundesweit vereinheitlicht und standardisiert, aber dadurch auch professionalisiert worden. Jede ausgeschriebene Stelle erhält heute ihr spezifisches Kompetenz- und Anforderungsprofil, nach dem die Bewerber für und in Vorstellungsgesprächen ausgewählt werden. Es gibt heute festgelegte Rekrutierungsverfahren wie beispielsweise psychologische Eignungsuntersuchungen, Rollenspiele, Gruppen-Interviews und Assessment Center, die wir je nach Stelle und Bewerber anwenden.
Geht diese Standardisierung so weit, dass die Fragen für Bewerbungsgespräche vorgegeben sind? Und wenn ja – welche Fragen sind das?
Ja, ein Teil der Fragen in Vorstellungsgesprächen ist heute standardisiert, also ein halbstandardisiertes Interview. Das sind zum Beispiel Fragen zu den Wertevorstellungen eines Bewerbers, zu
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