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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition)
Autoren: Andreas Krusch
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dorthin.«
    Vince sah die Kirche. Dunkel ragte sie vor ihnen auf. Nur das Kreuz auf dem Glockenturm leuchtete hell, angestrahlt von einem kleinen Scheinwerfer.
    »Ein Hoffnungsschimmer in der Nacht ... unser Hoffnungsschimmer. Nun kommen Sie schon weiter.«
    Er war stehengeblieben. »Das ist doch nicht Ihr Ernst! Was sollen wir denn in einer Kirche?!«
    »Wir holen uns Antworten.«
    Vince blickte die junge Frau verständnislos an. »Bei welchem unserer Probleme kann ein Priester helfen, welche Frage kann er uns beantworten? Keine!«
    »Doch, eine schon.«
    Aus einer Tasche ihrer schwarzen Jeans zog sie einen Zettel. Jemand hatte eine Zahl darauf geschrieben und den Namen einer Klinik. »Hier fand ich meinen Vater. Jemand wollte es, jemand wollte, dass ich ihn finde! Und ich weiß auch, wer es ist. Er brachte uns Lesen und Schreiben bei.« Die Hände der jungen Frau zitterten, als sie den Zettel wieder zusammenfaltete. »Pater Simon schrieb gern auf der großen Schiefertafel im Schulraum des Kinderheims ...«
    Vince sah, wie schwer sie mit ihrer Vergangenheit rang. »Hat dieser Pater ... tat er Ihnen etwas an?«
    »Nein, das war Sache der Ordensschwestern. Er war die gute Seele dort. Er leitete mehrere Heime, und die wenige Zeit, die ihm für uns Kinder blieb, füllte er mit Wärme und Herzlichkeit. Aber das machte es noch schlimmer. Er vergoldete damit nur ein Gefängnis.«
    Vince nickte. Mit Gefängnissen kannte er sich aus und mit den düsteren Gedanken, die dieses Eingesperrtsein auslöste. »Wie lange waren Sie in dem Heim?«
    Ihre traurigen Augen suchten Halt in seinen. »Ich bin immer noch dort, in jeder Nacht.«
    Er fühlte mit ihr. Diese Frau kämpfte gegen ihre Dämonen an, so wie er gegen seine. Einsamkeit, Verletztheit, Wut, Zweifel, Angst. Die Dämonen hatten viele Namen. Er sah zur Tür der Kirche. »Wollen Sie da wirklich rein?«
    Sie nickte nur.
    Vince seufzte. »Wenn nichts mehr hilft, hilft Gott ... Hey, wär ein toller Aufkleber fürs Taxi, finden Sie nicht?«
    Sie gingen auf die Kirche zu.
    Drei flache Steinstufen führten zur hölzernen Kirchentür. Die Tür war sehr alt und vollkommen mit Schnitzereien verziert. Vince erkannte ein Heer von Engeln auf dem dunklen Holz. Die Engel kämpften gegen Dämonen, die ein Drache anführte. Die Fratze des Drachen war sehr plastisch gestaltet und wirkte noch düsterer als der Rest der mächtigen Eingangstür.
    Nona stieß sie auf.
    Im Vorraum stand jemand. Ein hagerer älterer Mann, kaum größer als sie. Er hielt eine brennende Kerze in jeder Hand und entzündete damit Leuchter an den Wänden. Er trug die Kleidung eines Priesters. Das warme Licht der Kerzen umgab ihn wie eine Aura. »Willkommen, späte Wanderer, willkommen im Haus des Herrn! Tut mir leid, es gibt kein Licht. Der alte Sicherungskasten spinnt wieder. Aber ohne Brille kann ich da nichts richten. Wo hab ich sie bloß gelassen?« Der Mann mit den Kerzen kniff seine Augen zusammen, fixierte Vince und Nona. »Na los, ihr zwei, herein jetzt! Helft Pater Simon, diese Nacht zu überstehen ... Ah, jetzt weiß ich, wo sie steckt!« Er ließ sie stehen und eilte in die Kirche. »Dem Herrn sei Dank«, murmelte er im Laufen zur Decke hinauf.
    »Ist er das?«
    Nona nickte.
    »Wie es aussieht, hat der Hilfe noch nötiger als wir«, flüsterte Vince.
    Durch eine weitere Tür ging es in den großen Kirchenraum. Kerzen in Ständern und Wandhaltern brannten. Zwischen den hohen Säulen standen lange Bankreihen, ihr Holz poliert von unzähligen Gebeten. Im Steinboden des Mittelganges war ein lateinischer Text eingelassen, ein Schutzgebet gegen Teufel und Dämonen. Links gab es eine kleine Orgel, rechts führte eine Wendeltreppe zu einer hölzernen Kanzel mit Dach. Doch das Eindrucksvollste war hinter dem Altar. Drei spitzbogige hohe Glasfenster. Sie reichten bis unter die Decke der Kirche. Ihre bunten Glasornamente zeigten Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu.
    »Schön, nicht wahr?« Pater Simon erwartete sie beim Altar. »Ihr müsstet es mal bei Tag sehen, wenn die Sonnenstrahlen die Farben der Fenster an die Wände werfen. Ein göttlicher Anblick – im wahrsten Sinne des Wortes!« Der Priester lachte kurz, dann verzog er das Gesicht. »Dieser Zahn!«, rief er klagend. »Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie er mich plagt. Ich suchte gerade nach einer Schmerztablette, da ging überall das Licht aus. Da hat doch der Teufel seine Hand im Spiel!«

    Er war ihnen gefolgt bis in das Haus Gottes. Nun stand
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