Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition)
Autoren: Andreas Krusch
Vom Netzwerk:
wenigstens einmal zu sehen bekommt ... ich dachte, es bringt ein wenig Licht in ihr Leben.«
    »Wo Licht ist, da ist auch Schatten, Pater! Besser, Sie kleben sich diesen Spruch mal irgendwo hin ... Nona! Nona, warten Sie!« Vince’ Schritte hallten durch die Kirche. Er rannte den breiten Mittelgang hinunter, vorbei an den dunklen Bänken, vorbei an Nona, die dort im Schatten einer Säule mit einem Mann mit Handschuhen rang.

    Ihr Herz schlug schneller.
    »Was geschah dann?«
    »Wir rannten hin. Der Pater im Mittelgang, ich außen herum, um den Mann einzukesseln. Da sprang der Typ auf eine Bank. Dann weiter zur nächsten. Er flog fast. So etwas hab ich noch nie gesehen.« Vince starrte auf die weiße Decke seiner Zelle, als sei sie eine Kinoleinwand, auf der die Nacht in der Kirche noch einmal ablief.
    Der Stift in der Hand seiner Anwältin bewegte sich über das Papier. »Und weiter?«
    »Pater Simon stellte sich ihm in den Weg. Der Mann lachte.«
    »Er lachte?« Margaret Linney bekam eine Gänsehaut.
    »Ja, lachend stieß er den Priester einfach um und rannte aus der Kirche. Dabei verlor er einen silbernen Leuchter, den er vom Altar genommen hatte.«
    »Sein Gesicht haben Sie nicht gesehen? Dass er Handschuhe trug, war alles?«
    Vince dachte nur kurz nach. »Mehr weiß ich nicht. Das war alles.«
    Sie seufzte. »Jetzt auch noch ein Dieb ... langsam verliere ich den Überblick.« Die Anwältin, die in einem eleganten dunklen Businessanzug neben seinem Bett stand, blätterte durch ihre Notizen. »Wir müssen Ordnung in all das bringen, einen roten Faden, verstehen Sie?«
    »Tod.«
    »Wie bitte?«
    »Sie suchen einen roten Faden. Das ist er.«
    »Der Tod?«
    Müde nickte Vince. Er hatte Ringe unter den Augen, dunkle Ablagerungen schlafloser Nächte. Sie hatten die Medikamentendosis reduziert, damit er sich besser erinnern konnte. Fast bereute er es, denn es funktionierte.
    »Sie denken an Ihren Onkel, nicht wahr?«
    Jeden Tag, seit sie es ihm gesagt hatte, dachte er an ihn. Und an Stanley. Jeden verdammten Tag!
    »Die Polizei geht davon aus, dass die Schüsse auf Ihren Onkel mit der hiesigen Mafia in Verbindung stehen«, erklärte seine Anwältin. Dass man auch ihn unter Verdacht hatte, behielt sie für sich.
    »Das ist doch Blödsinn! Emilio hat mit der Mafia nichts zu tun!«
    »In einer seiner Werkstätten fand man gefälschte Ersatzteile. Dort wurde an teuren Importwagen herummanipuliert, Vince. Vielleicht wollte jemand daran mitverdienen? Schutzgeld, Schweigegeld, etwas in der Richtung, wissen Sie.«
    »Nein, nein, nein!« Die Gurte, die ihn an sein Bett zwangen, spannten sich. »Das ist es nicht! Verdammt noch mal, benutzen Sie Ihr Gehirn, Mag!«
    Sie wich vor seiner Wut zurück, obwohl sie wusste, dass das Bett am Boden verschraubt war.
    »Es war nicht die Mafia ...« Vince sank zurück auf das Kissen, er atmete durch. »Mein letztes Gespräch mit meinem Onkel, erinnern Sie sich?«
    »Emilio versprach Ihnen, sich umzuhören. Nach einem hellgrauen Van mit schwarzen Scheiben, dem Van, in dem Nona entführt worden war.«
    »Und nun liegt Emilio im Koma! Capito?!«
    »Ja, ich habe es verstanden, Vince.«
    »Stanley haben sie auch bekommen ...« Er wandte den Kopf ab. Sie sollte seine Tränen nicht sehen.
    Margaret Linney sprach leise auf ihn ein. »Wer ist dafür verantwortlich, Vince? Wer tut Ihnen all das an? Mir können Sie es doch sagen.«
    Den Ton in ihrer Stimme kannte er nur zu gut. Seine früheren Aufenthalte in der Psychiatrie hatten ihn sensibilisiert.
    »Ich bin nicht verrückt, Mag.«
    Sie blickte auf ihre Armbanduhr. Sie steckte den Stift und den Schreibblock in die alte Aktentasche. Die Panik packte Vince, erstickte all seine Vernunft. Er zerrte und riss an den Gurten. Seine Augen blitzten aus seinem roten Gesicht. »Ich bin nicht verrückt!«, schnaufte er.
    An der Tür seiner Zelle drehte sie sich noch einmal um. Aber genau so sehen Verrückte aus, dachte sie.
    Er sah es ihr an. »Sie müssen mir glauben. Sie müssen !«
    »Ich muss gehen.«
    Vince blickte zur Decke. Wenn sie jetzt ging, das wusste er, war alles verloren. Aber ihr die Wahrheit zu sagen, würde ihn für immer in eine Gummizelle bringen. Denn die Wahrheit war verrückt. Und sie stand an der weißen Decke seiner Zelle geschrieben. Vince las es vor.
    »Du siehst einen Baum ... aber es ist kein Baum.«
    Margaret hatte mit ihm zur leeren Decke geschaut. Sie trat an sein Bett. »Du siehst einen Baum, aber es ist kein Baum? Was meinen Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher