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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition)
Autoren: Andreas Krusch
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auch das zu erfahren.«
    »Verschonen Sie mich mit noch mehr Sprüchen. Folgen Sie ihr und finden Sie den Jungen. Bringen Sie ihn her!«

    Nur sechs Männer. Sie knieten im Fackelschein um das große Oval aus glasierten Steinen im Boden des Gewölbes. Sie beteten still. Er beobachtete sie. Nur diese sechs waren übrig. Die anderen hatten ihr Leben gegeben auf dem Wege Gottes. Er gedachte der Ordensbrüder, die diesem stummen Krieg schon zum Opfer gefallen waren. Niemand in der Welt da draußen kannte ihre Namen. Niemand dort draußen ahnte etwas von dem Krieg. Er zog sich durch die Geschichte seit ein Mann aus Nazareth gekreuzigt worden war. Ein stiller Krieg, ein heimlicher Krieg, ein Krieg um das Ende der Welt. Und der Vatikan hatte beschlossen, diesen Krieg zu gewinnen. Seit eintausend Jahren bereitete er alles dafür vor. Nun sollte es beginnen. Mit einem elfjährigen Jungen. Er war der Schlüssel zum Sieg, das Alpha und das Omega – doch er war versteckt worden von dem Verräter Thomas! Um den Jungen zu finden, blieben nur noch Tage. Und diese sechs Männer. Betrübt trat Pater Simon aus der dunklen Ecke, aus der er sie beobachtet hatte.
    Sie senkten den Kopf vor ihm.
    »Wir haben um Beistand gebetet.«
    »Ich auch, meine Brüder. Ich auch ...« Er kniete sich zu ihnen an das Oval und legte seine rechte Hand auf das Kreuz darin. Dann führte er die Hand zu seinem Herzen.
    »Vielleicht hätten wir die junge Frau nicht gehen lassen dürfen, vielleicht hätten wir ihr alles erklären sollen«, begann einer seiner Männer.
    Der Pater blickte ruhig in ihre Gesichter. »Nein, ihr Verstand ist zu klein, um all das zu erfassen ... aber ihre Einsamkeit ist so groß, dass sie den Jungen finden wird. Und die Worte ihres Vaters werden ihr dabei helfen. Dieser Junge steht nun für die Familie, die sie nie hatte. Sie muss ihn finden, sie kann nicht anders.«
    »Aber der Junge und die Frau sind doch überhaupt nicht miteinander verwandt.«
    Pater Simon lächelte. »Das macht nichts. Sie muss nur glauben, dass sie es sind.«
    Die sechs Männer um ihn erhoben sich. »Also folgen wir der Frau«, erklärte einer von ihnen.
    Ihr Anführer berührte noch einmal das Kreuz. »Ja, der Frau und dem, der ihr folgt ...«

    Paranoid-schizophren. Du bist das Ziel einer weit verzweigten Verschwörung. Zu Hause bist du nicht mehr sicher. FBI, Geheimdienste, Mafia, wer auch immer, sie verfolgen dich, sie töten deine Freunde. Du wechselst die Bundesstaaten, du übernachtest in Motels. Jede Nacht in einem anderen, damit die Männer deine Spur verlieren, die Männer mit den Handschuhen ... Margaret blätterte weiter in der Krankenakte ihres Mandanten. Im paranoiden Denken geschieht der betreffenden Person ständig etwas, hatte ihr der Klinikleiter erklärt. Wegbereiter eingebildeter Wahrnehmungen sind Misstrauen und Feindseligkeit. Vince Delusso war beidem von Kindesbeinen an ausgesetzt. Sein heimwehkranker Vater gab keinen Halt, die trinkende Mutter ängstigte ihn. Vince floh auf die Straße, wurde straffällig, lernte Jugendknast, Besserungsanstalten, Erziehungsheime kennen. Misstrauen und Feindseligkeit wuchsen. Irgendwann schlug er dann zwei Mithäftlinge halbtot. Sein verstorbener Vater habe ihm dazu geraten, hatte der Dreiundzwanzigjährige erklärt, und dass der Tote ihn in jeder Nacht besuchte. Vince war damals zur Beobachtung in eine Nervenheilanstalt eingewiesen worden.
    Margaret legte die Akte neben sich auf die Bank und sah sich um. Rasenflächen glänzten in dichtem Grün, die Büsche und Hecken waren sorgfältig beschnitten, bunte Blumenrabatten säumten die Wege. Wie ein friedlicher englischer Landsitz aus dem neunzehnten Jahrhundert, dachte die Anwältin. Bis man die massiven Türen an dem Klinikgebäude bemerkte, die Gitter vor allen Fenstern, die verlorenen Gestalten dahinter. Gehörte Vince hierher? Sie schloss ihre Augen, suchte etwas Entspannung in der warmen Maisonne, doch ihre Gedanken kreisten. War ihr Mandant verrückt? Sein Therapeut hielt das für möglich. Erst lange nach dem Selbstmord des Vaters hatte Vince mit medikamentöser Unterstützung in eine Normalität zurückgefunden. Aber der Dämon Paranoia war geduldig. Er konnte warten, auf eine neue Krise wie den Tod eines nahen Freundes, zum Beispiel. Stanley war so ein Freund gewesen ...
    »Sie müssen Mag sein!«
    Er stand direkt vor ihr. Ein Mann mit rosig rundem Gesicht und kurz geschnittenen grauen Haaren. Er trug dunkelblaue Arbeitshosen, ein hellblaues
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