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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
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Viecher sind wirklich schwer einzuschätzen. Mal bleiben sie eine Stunde weggetreten, mal zwanzig Minuten. Die Tests dazu laufen noch.«
    »Können wir es nicht weiter schneien lassen?«
    »Ich wüsste nicht, wie. Vielleicht sind die Behälter mit dem gekühlten Stickstoff jetzt leer, vielleicht nur wieder verriegelt. Alles ist automatisiert. Der einzige, der Zugang zum System hat, ist der Professor.«
    »Und wo steckt der gerade?«
    »Keine Ahnung.«
    »Großartig – wissen Sie denn überhaupt irgendwas, Garry?!«, rief Vince aufgebracht.
    »Oh ja ...« Der Wachmann erhob sich von dem Stuhl vor den Konsolen. »Dass wir jetzt schleunigst von hier verschwinden müssen, das weiß ich.« Er blickte über Vince hinweg auf das Bild des größten Monitors, auf die lächerlich kleine Spur dort im Schnee, die aus der Zelle einer Königin führte. Du siehst einen Hasen, aber es ist kein Hase.

    Stille hatte den Alarm abgelöst. Die Notbeleuchtung flackerte nur noch. Das Vereisen der Zellen und Gänge hatte Leitungen beschädigt. Auf Wänden und Böden glitzerte Reif. Frierend folgten sie dem Wachmann um eine nächste Ecke. Nona trug Nathan. Sie wollte es so. Der bewusstlose Junge zitterte.
    »Dauert es lange bis zu dem Schacht, der nach oben führt?«
    »Kommt drauf an, was uns begegnet ...«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich dachte, alles in den Zellen sei erst mal kaltgestellt.«
    Garry warf ihm einen Blick zu. Sie weiß noch nichts von den Heuschrecken, oder?, las Vince darin. Die beiden packten ihre Waffen fester. Vince trug wieder seine eigene und Garry nun die des Handschuhträgers. Zusammen waren nur noch sieben Schuss in den Magazinen der beiden Selbstlader. Vince fühlte sich miserabel. Wie viele Heuschrecken waren dem Glaskäfig entkommen, den er geöffnet hatte?
    Nona blieb stehen.
    »Seht ihr auch, was ich sehe?«
    Sie sahen es. Und sie mussten daran vorbei.
    Garry ging voraus und stieß den Lauf der Waffe in die Flanke des Ungetüms. Es rührte sich nicht. Er stieß noch heftiger in die mächtigen Muskeln unter dem gestreiften glatten Fell. Die feinen Eiskristalle darauf wirbelten empor.
    »Ist das ... ein Pferd?«, fragte Vince ungläubig.
    »Das ist Chimäre Zwei. Vielleicht war sie mal ein Pferd, aber jetzt ist sie etwas anderes.« Garry drückte sich an der Wand entlang an dem massigen Körper vorbei. »Passt auf die Hufe auf, hinter jedem sitzt ein Giftstachel.«
    Das Pferdewesen lag auf der Seite. Es blockierte den halben Gang. Nona war schon fast daran vorbei, da begann ein Brummen. Aus dem Fell auf dem Rücken entfaltete sich ein Flügel, zart und durchscheinend, wie aus Cellophan. Er vibrierte vor ihrem Gesicht, streifte es sanft, sank wieder herab.
    »Nona, los weiter!«
    Den ohnmächtigen Jungen in ihren Armen, stieg sie über die zwei langen dünnen Vorderbeine, die noch am ehesten an ein Pferd erinnerten, eins war gebrochen. Dann erblickte sie den riesigen Wespenkopf auf dem Hals mit der Mähne.
    »Wollen Sie auch noch ein Foto machen?!« Vince drängte sie vorwärts.
    Vorbei an verwüsteten Laborräumen eilten sie den Gang hinunter. Die Frage, wessen Kraft solche Zerstörung anrichten konnte, beschleunigte ihre Schritte. Ihre Schuhe rutschten auf dem gefrorenen Boden. Vor ihnen lag eine Kreuzung.
    »Hört ihr das?«
    Das Geräusch kam aus der rechten Abzweigung.
    »Noch ein Wespenpferd, Garry?«
    »Nein.«
    Langsam gingen sie bis zur Kreuzung, sahen und lauschten in das Halbdunkel, aus dem das Geräusch kam.
    »Klingt wie was Mechanisches ... schlecht geölt. Ein Rolltor?«
    Der Wachmann schüttelte den Kopf.
    »Das sind sie, Vince. Das ist ihre Sprache«, flüsterte er. Sein Blick jagte nervös umher. »So machen sie ihre Pläne.«
    »Pläne? Es sind nur verdammte Grashüpfer!«
    Sie blickte die beiden Männer an. »Redet ihr von dem Wesen in der Decke über meiner Zelle, Garry?«
    »Ja. Es gibt noch mehr davon. Und sie arbeiten zusammen ... die sind hochintelligent.«
    »Alles klar, und das Blinklicht da machen sie dann wohl mit ihren selbst gebauten Taschenlampen«, spottete Vince.
    »Welches Blinklicht?«, fragte Garry.
    »Da im rechten Gang. Diese Reflexion an der Decke. An, aus, an, aus – vielleicht ist da hinten ein Notausgang!«
    »Ihr solltet lieber in den anderen Gang schauen, Jungs ...«
    Nona hatte hohl geklungen, wie aus einem Grab. Ihrem Grab. Zwei übergroße Facettenaugen starrten sie aus der Dunkelheit der linken Abzweigung an. Fangklauen kratzten auf dem Beton. Langsam.

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