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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
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Gleichmäßig. Kratz ... Kratz ... Kratz. Wie zu einem Countdown.
    Zehn Meter trennten sie von der Heuschrecke. Garrys Blase wollte sich entleeren. Ein Fetzen seiner Uniform hing immer noch an dem riesigen zangenartigen Kiefer. »Das ist das Vieh aus den Gängen über der Decke. Keine Ahnung, wie es von da wieder runtergekommen ist«, flüsterte er totenbleich.
    Kratz ... Kratz ... Kratz.
    Vince bewegte sich rückwärts davon weg. »Wir folgen jetzt dem Gang mit dem Licht. Nona und der Junge bleiben in der Mitte. Und schön langsam gehen, wir wollen das Biest nicht reizen ... Verflucht!«
    Eine zweite Heuschrecke drängte an ihrer Verwandten vorbei. Kleiner und deutlich unruhiger. Sie kam näher. Vince schoss auf ihren Kopf. Das Projektil blieb im Kiefer stecken.
    »Vergesst das mit dem Langsamgehen!«
    Sie rannten in den dunklen Gang, aus dem das Blinken kam. Die Heuschrecke sprang. Zu kurz. Die niedrige Decke hatte sie gebremst. »Wir haben Glück! Da vorne ist ein Fahrstuhl, er scheint zu funktionieren! Lauft weiter! Lauft!«, rief Vince. Sie stürmten vorwärts durch die Dunkelheit. An ihrem Ende öffneten und schlossen sich immer wieder zwei Lifttüren. Das Licht aus der Kabine blinkte wie ein rettender Leuchtturm in der Nacht. Das hohe Quietschen der Türen schien nach ihnen zu rufen.
    »Wartet ... es gibt keinen zweiten Lift.« Garry blieb stehen. Sie kann alles sein. Jede Form im Universum, jedes Lebewesen, jeder Gegenstand. Sie nimmt die Form an, sie spielt damit, sie lernt, die Form zu sein.
    »Kein zweiter Lift? Und was ist das hier?!«, unterbrach Vince den Professor im Kopf des Wachmannes und klopfte mit der Pistole gegen die massiven Fahrstuhltüren.
    Neulich war sie ein Hase, stellen Sie sich das mal vor. Dabei hatte sie nur ein winziges Stück Hasenfleisch probiert. Und dann wurde sie plötzlich zu einem Fuchs, obwohl ich ihr nie einen gezeigt hatte. Sie kann alles sein. Alles!
    Nona schrie.
    Die Monsterheuschrecke war fast bei ihnen. Jetzt sprang sie. Garry warf sich mit Nona und dem Jungen auf den Boden. Er schoss auf den Bauch des dreihundert Kilo schweren Insekts, als es über sie hinwegflog, direkt auf den offenen Lift zu. Vince konnte gerade so zur Seite springen, da krachte die Heuschrecke auch schon mit ganzer Wucht in die große, grell erleuchtete Kabine.
    »Weg von diesem Lift! Weg da! Los!«, schrie der Wachmann hysterisch. »Das ist kein Fahrstuhl!«
    Er zerrte Vince zurück in den Gang.
    Die Lifttüren schlossen sich.
    Es wurde dunkel. Dunkel und laut, denn das Heuschreckenwesen erkannte, dass es in einer Falle saß. Es trat um sich mit aller Kraft, schlug seine Klauen in die Wände. Aber all sein Kämpfen in der Kabine nützte ihm nichts. Es schrie.
    »Großer Gott! Was ist da drinnen los?!« Nona hielt sich die Ohren zu. Aus dem Fahrstuhl vor ihr drang ein Geräusch, als würden tausend Kokosnüsse gleichzeitig zu Brei zerquetscht. Das Metall der Türen wölbte sich rhythmisch nach innen und außen. »Garry, was passiert hier?!«
    Der Wachmann schwieg, während der Professor es unhörbar erklärte. Du siehst einen Baum, aber es ist kein Baum.
    Er lag im Sterben. Er wusste es. Sein Blutdruck sank schnell. Sein Puls beschleunigte sich, um das geringere Volumen auszugleichen. Doch mit fortschreitendem Ausbluten könnte der Verlust nicht mehr von innen her ausgeglichen werden. Druck und Menge des Blutes im Gehirn würden nachlassen, bis er ins Koma fallen würde. Hirnrinde, Stammhirn, Rückenmark, in der Reihenfolge käme das körperliche Versagen. Am Ende Kammerflimmern, dann der Herzstillstand.
    Er wusste es. Aber warum er auf dieser kleinen Lichtung mitten im Wald lag, konnte er nicht erklären. Der Himmel über ihm dämmerte rosa. Vögel sangen den nahen Morgen an. Er wäre jetzt gern bei ihnen, hoch oben in den Wipfeln dieser Weißbirken, um die Sonne noch einmal aufgehen zu sehen. Warum hatte der Mann bloß auf das Panzerglas geschossen? Ein paar seiner lächerlichen Kugeln hatten genügt, um alles zu zerstören ... mein Lebenswerk. Es schmerzte den Professor mehr als der Durchschuss seines Oberschenkels. Er blickte an seinem weißen Kittel herunter, auf dem es rot blühte.
    Der Hase blickte zurück.
    »Du?« Selbst Lächeln war nun anstrengend. »Ich kann jetzt nicht mit dir spielen ... ich kann nicht ...«
    Als er die Augen wieder öffnete, war der Hase verschwunden. Ein Fuchs saß jetzt an der Seite des Sterbenden. Ruhig musterte das schlanke, schöne Tier den Mann, dann legte es

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