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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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ergeben, sind notwendigerweise mit Vorsicht zu genießen, denn die Beweisführung ist indirekt. Gelehrte können sich austoben, wenn sie über die Deutung einer Höhlenmalerei oder eines Stocks mit Kerben darauf disputieren.
    Alte Mythen und Legenden haben eine Anzahl gemeinsamer Züge. Oft handeln sie von tiefen, geheimnisvollen Fragen. Und für gewöhnlich beantworten sie diese Fragen von einem menschenbezogenen Gesichtspunkt aus. Die Scheibenwelt-Romane nehmen die Mythologie der Rundwelt ernst und erzielen eine humoristische Wirkung, das wird nirgends deutlicher als bei ihrer grundlegenden Geografie und dem magischen Fundament – Elefanten und eine Schildkröte. Wir wollen einen Blick darauf werfen, wie verschiedene alte Kulturen sich Form und Zweck unserer Welt vorstellten, und dabei wollen wir nach gemeinsamen Elementen und wesentlichen Unterschieden suchen. Insbesondere nach flachen Welten und welttragenden Tieren. Hier erweisen sich Elefanten als besonders problematisch – höchstwahrscheinlich ein Fall von falsch verstandener Identität. In Kapitel 20 werden wir einigen alten Mythen einen erneuten Besuch abstatten, um die Wissenschaft von den menschlichen Glaubenssystemen zu illustrieren.
    Aus menschenbezogener Sicht hat eine flache Welt mehr Sinn als eine runde. Auf den ersten Blick sieht die Welt flach aus, wenn wir von Bergen und dergleichen absehen und uns aufs Gesamtbild konzentrieren. Solange es keine Theorie der Schwerkraft gab, nahmen die Menschen an, Gegenstände würden nach unten fallen, weil dies ihr natürlicher Ruheplatz sei. Um das zu beweisen, braucht man nur einen Stein aufzuheben und loszulassen. Eine runde Welt erscheint also unplausibel: Von der unteren Hälfte müssten die Dinge wegfallen. Im Gegensatz dazu läuft man keine Gefahr, von einer flachen Welt herunterzufallen, solange man dem Rand nicht zu nahe kommt.
    Es gibt eine wirksame Methode, dieser natürlichen Neigung zum Abwärtsfallen entgegenzuwirken: eine Stütze darunter. Diese Stütze kann ihrerseits etwas unter sich brauchen, worauf sie sich stützt, aber man kann den Vorgang vielfach wiederholen, wenn nur am Ende alles auf etwas Festem ruht. Dieser Vorgang, bekannt als Bauen, war wirkungsvoll genug, um die Große Pyramide des Chufu (Chefren) in Gizeh zu errichten, die im Jahr 2560 v. Chr. erbaut wurde und über 145 Meter hoch ist. Sie war das größte Bauwerk der Welt bis 1300, als der Architekt der Lincoln Cathedral schummelte, indem er viel mehr Material nach oben und viel weniger nach den Seiten verwendete.
    Eine allgemeine Eigenschaft menschenbezogenen Denkens ist es, dass es oft gut funktioniert, bis man Fragen stellt, die über die menschlichen Größenordnungen hinausreichen. Dann pflegt das Denken in Trümmer zu fallen. Die eben skizzierte Denkrichtung scheint ziemlich idiotensicher zu sein, bis man nach dem großen Ganzen fragt. Wenn man die Art logischen Denkens anwendet, die so viele Scheibenwelt-Geschichten antreibt, kommt man nicht um die Frage herum: Was hält die Welt? Menschenbezogenes Denken liefert eine offensichtliche und zwingende Antwort: Etwas stützt sie. In der griechischen Mythologie war es Atlas, der die Welt auf seinen kräftigen Schultern trug.* [* Das ist kein Mythos, sondern ein künstlerisches Motiv der Neuzeit, zu erkennen daran, dass Atlas die Welt meist in Gestalt einer Erdkugel trägt, mit sämtlichen Kontinenten und am besten noch mit Gradnetz. Der Atlas der griechischen Mythologie trug nicht die Welt, sondern das Himmelsgewölbe. – Anm. d. Übers. ] Die Scheibenwelt greift vernünftigerweise auf plausiblere Kandidaten für die tragende Rolle zurück: die riesigen welttragenden Elefanten. Und um sicherzugehen, nicht nur einen, sondern vier – oder möglicherweise fünf, wenn man der in Der fünfte Elefant berichteten Legende Glauben schenken will.
    Alles gut und schön, aber sowohl die universumbezogene Wissenschaft als auch die menschenbezogene Mythenbildung kommen schwerlich umhin, eine Zusatzfrage zu stellen: Was hält die Elefanten? Wenn die Idee von einem gewöhnlichen Elefanten, der mitten in der Luft schwebt, haarsträubend ist, um wie viel mehr die von einem riesigen, außerordentlich schweren Elefanten, der dasselbe tut? Die Antwort der Scheibenwelt lautet A’Tuin, eine riesige welttragende Schildkröte. Die Schildkrötenschale bietet einen festen Standort für die Elefanten. Als Kosmologie passt das alles ganz hübsch zusammen … Aber natürlich erhebt sich eine weitere

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