Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)
Newtons ehemaligen Zimmern im Trinity College, Cambridge, wohnte, in der Tür seien einst zwei – mittlerweile wieder geschlossene – Löcher gewesen, der Größe nach passend für eine Katze und ein Kätzchen.] Jedenfalls entdeckte Newton, nachdem die kätzischen Störungen bereinigt waren, dass weißes Sonnenlicht sich in Farben aufspaltete, und die Optik war geboren.
Diese Art von Experiment funktioniert bestens für Dinge wie Licht, die man auf ein Laboratorium beschränken kann (wenn die Katze mitspielt). Wenn man die Natur des Weltalls entdecken will, ist es jedoch nicht so einfach. Man kann das Universum nicht auf einen Labortisch legen, und man kann nicht hinaustreten, um seine Gestalt zu beobachten, oder in der Zeit zurückgehen, um seinen Anfang zu sehen. Die Zauberer können das alles tun und haben es schon getan; doch weder die Wissenschaftler noch die Theologen der Rundwelt werden wohl akzeptieren, dass der Dekan der Unsichtbaren Universität alles in Gang setzte, indem er seinen Finger hineinsteckte.
Vielmehr neigen menschenbezogene Denker auf der Rundwelt dazu, Erklärungen auf der menschlichen Ebene wie Kaiser und Elefanten zu suchen, auf übermenschliche Ebenen vergrößert, sodass Götter und Weltenträger daraus werden. Die meisten menschlichen Zivilisationen besitzen einen Weltschöpfungsmythos – oft auch mehrere, die einander manchmal widersprechen. Universumbezogene Denker müssen sich auf wissenschaftliche Schlussfolgerung verlassen und die sich daraus ergebenden Theorien indirekt überprüfen. Ihren kosmologischen Szenarien erging es oft nicht viel besser als den meisten Schöpfungsmythen. Manche sehen bemerkenswert ähnlich aus: Vergleichen Sie den Urknall mit dem ersten Buch Mosis. Allerdings versuchen wissenschaftliche Kosmologen sich zu widerlegen und halten immer Ausschau nach Schwachpunkten in ihren Theorien, selbst wenn die Beobachtungen sie zu bestätigen scheinen. Typischerweise werden die bestätigenden Beobachtungen ungefähr zwanzig Jahre lang immer besser, danach werden die Theorien löchrig, weil die Beobachtungen raffinierter geworden sind – siehe Kapitel 18.
Unsere Vorfahren mussten sich die Erscheinungen erklären, die sie in der Natur beobachteten, und Schöpfungsmythen spielten eine wesentliche Rolle dabei. Man kann daher sagen, dass sie zur Entstehung der heutigen Wissenschaft und Technik beitrugen, weil sie vor langer Zeit die Aufmerksamkeit auf die großen Fragen lenkten und die Hoffnung schürten, Antworten darauf zu finden. Es lohnt sich also, die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Schöpfungsmythen verschiedener Kulturen zu untersuchen – insbesondere was welttragende Elefanten und den Weltraum durchquerende Schildkröten betrifft. Zusammen mit einem dritten weitverbreiteten welttragenden Geschöpf, der gigantischen Schlange.
Die Weltschildkröte (kosmische, göttliche, welttragende Schildkröte) findet sich in den Mythen der Chinesen, Inder und verschiedener nordamerikanischer Indianerstämme, insbesondere bei den Lenape (oder Delaware) und den Irokesen. Um 1860 reiste Jasper Danckaerts, ein Mitglied der als Labadisten bekannten protestantischen Sekte, nach Amerika, um eine Gemeinschaft zu gründen, und hielt im Tagebuch einer Reise nach New York 1679 – 80 einen Lenape-Mythos von einer Weltschildkröte fest. Wir geben die Geschichte anhand eines Artikels von Jay Miller aus dem Jahr 1974 wieder.* [* Jay Miller: Why the world is on the back of a turtle. Man 9 (1974), S. 306 – 308.] Am Anfang war alles Wasser. Dann tauchte die Große Schildkröte auf, aus dem Schlamm auf ihrem Rücken wurde die Erde, und ein großer Baum wuchs. Als er sich gen Himmel erhob, wurde aus einem Zweig ein Mann; dann krümmte er sich zur Erde hinab, und ein anderer Zweig wurde zu einer Frau. Alle Menschen stammen von diesem Mann und dieser Frau ab. Miller fügt an, dass seine »… Gespräche mit den Delaware darauf hindeuten, dass das Leben und die Erde nicht möglich gewesen wären, wenn die Schildkröte nicht die Welt trüge«.
Der Schöpfungsgeschichte der Irokesen zufolge lebten unsterbliche Himmelsmenschen auf einer schwebenden Insel, bevor es die Erde gab. Als eine der Frauen entdeckte, dass sie Zwillinge bekommen würde, verlor ihr Mann die Beherrschung und riss einen Baum in der Mitte der Insel aus, der ihre Lichtquelle zu einer Zeit gewesen war, da es noch keine Sonne gab. Die Frau blickte in das so entstandene Loch und sah weit unten den Ozean, der die Erde
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