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Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition)

Titel: Das Jüngste Gericht: Die Wissenschaft der Scheibenwelt 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Jack Cohen , Ian Stewart
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charakteristisch; aus diesem Grund hat so vieles auf der Scheibenwelt »Sinn«, obwohl es von Zauberern, Hexen, Trollen, Vampiren, Elfen und Magie handelt. Man braucht weiter nichts als eine kleine Menge von »zeitweiligem Aussetzen des Unglaubens«, wie man in Science-Fiction-Kreisen sagt.* [* Es ist allerdings ein Fachbegriff der Autoren und Kritiker, und die sagen es meistens englisch: suspension of disbelief. – Anm. d. Übers. ] Schließlich ist alles ganz vernünftig. Der wesentliche Unterschied in alten Zeiten war der Umstand, dass es wenig Unglauben gab, der zeitweilig ausgesetzt werden musste. Die universumbezogene Denkweise war auf einige tiefgründige Denker in einigen Kulturen beschränkt.
    Als die griechische Zivilisation von den Römern vereinnahmt wurde, verschoben sich die Hauptzentren für das Studium der natürlichen Welt nach Arabien, Indien und China. Europa trat in eine längere Periode ein, die oft als das Dunkle Zeitalter bezeichnet wird, ein Name, der (zu Recht) andeutet, dass wir sehr wenig darüber wissen, und auch (zu Unrecht), das liege daran, dass auf intellektueller Ebene nicht viel los war. Es gab eine Menge Gelehrsamkeit, doch das meiste davon wurde auf Theologie und Rhetorik verwendet. Was wir heute für Wissenschaft in den Kinderschuhen halten, hatte es schwer.
    Oft wird behauptet, im Mittelalter habe man die Erde für eine flache Scheibe gehalten, aber das Beweismaterial ist zwiespältig, außer in sehr frühen Zeiten. Um 350 folgerte der heilige Johannes Chrysostomos aus der Bibel, die Erde schwimme auf den Wassern unter dem Himmelsgewölbe, und der heilige Athanasius teilte diese Ansicht etwa zur selben Zeit. Um 400 hielt Bischof Severian von Gabala die Erde für flach. Ungewöhnlicherweise glaubte er auch, die Sonne wandere nicht in den Stunden der Dunkelheit unter der Erde hindurch, sondern über den Norden außen herum, ohne dass man sie sehe. 550 folgte Kosmas Indikopleustes, ein ägyptischer Mönch, verbissen der ägyptischen Tradition und lieferte theologische Argumente für eine flache Erde, jedoch mit einer neuen Wendung: Die Gestalt war die eines Rechtecks, umgeben von vier Ozeanen.
    Viele mittelalterliche Autoren wussten definitiv, dass die Welt rund ist, obwohl viele glaubten, auf der Unterseite, bei den Antipoden, lebten keine Menschen. Die wichtigen Regionen der Welt bildeten eine Halbkugel, und in Zeichnungen und Texten war das leicht mit einer flachen Scheibe zu verwechseln. Ein berühmter Fall ist Bischof Isidor von Sevilla, der im 7. Jahrhundert in seinen Etymologien schrieb: »Der Erdkreis ist von der Rundung des Kreises her benannt, weil er wie ein Rad ist … Von allen Seiten nämlich umgibt der Ozean seine Grenzen, wobei er im Kreis fließt. [Der Erdkreis] ist aber dreifach geteilt, wobei der eine Teil Asien, der andere Europa, der dritte Afrika genannt wird.«
    Auf den ersten Blick scheint »rund« hier eine flache Scheibe zu meinen, keine Kugel. Karten jener Zeit, bekannt als O-T- oder Orbis-terrarum -Karten, zeichnen ein rundes O außen um ein T. Das T teilt das O in drei Teile: Asien über dem waagrechten Strich, Europa und Afrika links und rechts des senkrechten Striches. Man braucht das nur um 90° nach rechts zu drehen, und es sieht sehr nach einer modernen Karte aus, wenngleich verzerrt. Die Ozeane sind alle miteinander verbunden und bilden einen vollständigen Ring aus Wasser um das Land. Die Karte könnte jedoch die Projektion einer Halbkugel auf die Ebene sein, und das scheint die vorherrschende Meinung unter heutigen Gelehrten zu sein. Andererseits ist die Aussage, dass die Ozeane »im Kreis fließen«, schwer mit einer runden Erde in Einklang zu bringen, zumal als Grund angegeben wird, dass die Erde »wie ein Rad ist«. Lesen die Gelehrten hier zu viel hinein?
    Wie dem auch sei, es gibt viele Textstellen aus frühchristlichen Zeiten, die auf die Kenntnis von einer runden Erde hinweisen, doch daraus ergab sich ein schwierigeres theologisches Thema. Eine runde Erde erforderte die Existenz von Antipodenregionen, die den in Europa bekannten Regionen diametral gegenüberlagen. Die Existenz solcher Regionen war kein Problem, doch es wurde allgemein nicht geglaubt, dass sie bewohnt seien oder sein könnten. Der Einwand lautete nicht, dass die Leute herunterfallen würden, sondern dass niemand dort gewesen war, um nachzusehen, ob es dort überhaupt Land gab – und wenn, ob es dort Menschen gab. Es war ein durchaus wissenschaftlicher Einwand: Das Problem

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